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Das Prinzip Selbstverantwortung

Titel: Das Prinzip Selbstverantwortung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard K. Sprenger
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ist die Aufgabe des Mitarbeiters, und er hat sie zu lösen. Falls er einen Gesprächspartner braucht, stehen Sie bereit. Mehr ist für Sie nicht zu tun.
    Please the boss
    Viele Führungskräfte haben mehr oder weniger mühevoll das Delegieren gelernt. Aus dem Steinbruch des Chefs werden einige Stücke herausgebrochen und dem Mitarbeiter »überlassen«. (»Am liebsten würde ich ja alles allein machen, aber das Zeitproblem …«) Der Mitarbeiter erledigt die Aufgabe und liefert das Ergebnis beim Chef wieder ab. Der Chef beurteilt dann die Arbeit, denn er will, dass sein Mitarbeiter so arbeitet, wie er es für richtig hält.
    Eine solche Einstellung ist nicht falsch. Aber sie hat Konsequenzen. Auf diese Weise lernen die Mitarbeiter schnell, wie eine Arbeit ausgeführt werden soll – so, dass sie dem Chef gefällt. Sie verbringen viel Zeit damit, darüber nachzudenken, was ihm wohl zusagen könnte. Wenn sie zu keinem Ergebnis kommen, fragen sie nach, wie denn der Chef darüber denkt. Jedes Detail wird gegengecheckt und abgesichert. Sie informieren ihn ständig (was den Chef in der Summe mehr Zeit kostet, als es ihm erspart). Sie sitzen in Meetings und spekulieren, ob dieser oder jener Hierarch die Lösung wohl »mitträgt«. »Please the boss« – das ist die Krankheit, die wir uns durch die Delegationspraxis zugezogen haben. Denn Delegation heißt: Aufgaben abgeben, aber dafür sorgen, dass sie im Sinne des Meisters ausgeführt werden. Selbstverantwortung ade!
    Es ist einfach unpraktisch, die eigenen Maßstäbe verbindlich für alle anderen zu machen. Führungskräfte müssen lernen, das »Wunder des Andersseins« (Martin Buber) anzuerkennen. Die Leute gehen nicht in die Verantwortung, wenn man ihnen fremde Maßstäbe aufzuzwingen versucht. In einem Delegationsklima werden die besten Mitarbeiter Sie verlassen. Früher oder später. Physisch oder psychisch. Wirklich kreative Mitarbeiter spielen |169| das Spiel keine sechs Monate mit. Ein solcher Rahmen ist zu eng. Das ist einer der Gründe, wieso so viele gute Leute lieber in kleineren Organisationen arbeiten.
    Sagen Sie Ihren Mitarbeitern nicht, was hohe Leistung »ist«. Es ist sowieso nur das, was Sie für hohe Leistung halten. Die Mitarbeiter wissen am besten, was hohe Leistung in ihrem Job bedeutet. Fragen Sie nach! Was heißt hohe Leistung für Sie? Welche Hindernisse hindern Sie, das zu erreichen? Wer kann sie verändern? Sie haben ja immer noch die Möglichkeit zu verhandeln, wenn Sie wesentlich andere Maßstäbe haben.
    Es gehört Mut dazu, den Mitarbeitern die Autorität zu lassen, ihren Job so zu machen, wie
sie
ihn machen wollen. Aber es lohnt sich.
    Verantwortung »delegieren«?
    Wenn von Selbstverantwortung im Unternehmen gesprochen wird – und »Verantwortung delegieren« ist der unbestrittene Management-Hit! –, dann ist eine auffällige Infantilisierung der Mitarbeiter unüberhörbar. Die Führungsgrundsätze eines der größten deutschen Automobilbauer: »Aufgabe des Vorgesetzten ist es, seine Mitarbeiter zu selbstständigem Arbeiten anzuhalten.« Das ist die Sprache der Kindererziehung. Logisch läuft das auf eine »Sei spontan!«-Paradoxie hinaus: Eine Aufforderung, die Aufforderung zu ignorieren, vertieft nur noch die irritierende Abhängigkeit: Der Empfänger kann die Aufforderung befolgen oder auch nicht, auf keinen Fall kann er dabei spontan sein.
    Eine große bayerische Bank will die »ermächtigte Eigeninitiative«. Ein in der Tat mächtiges Wort. Sicherlich auch gut gemeint. Aber leider Unsinn. Zur Eigeninitiative kann nicht »ermächtigt« werden. Eigeninitiative ermächtigt sich selbst. Sie fragt nicht nach Erlaubnis. Falls sie Erlaubnis braucht, ist sie keine mehr.
    Das überall nachgeplapperte Wort von »Verantwortung delegieren« bewegt sich mithin auf der gleichen intellektuellen Höhe wie der Managertraum, man könne Mitarbeiter dauerhaft dazu »motivieren«, etwas zu tun, was sie aus sich heraus eigentlich |170| nicht tun wollen. Formal delegiert der Chef Aufgaben nach unten, sagt zudem noch modebewusst: »Jetzt haben Sie mehr Verantwortung!« – und stärkt damit unausgesprochen die Abhängigkeit. Eine Doppelbotschaft: »Ich bestimme, wann du selbstverantwortlich sein darfst.« Und das ist so wirkungsvoll wie der herausgebrüllte Befehl: »Sei locker!« Eine Selbstverantwortung von Gottes Gnaden ist psycho-»logisch« leer.

    Nicht übertragbar
    Ich höre häufig, man müsse zusammen mit der Aufgabe auch die Verantwortung

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