Das Prinzip Selbstverantwortung
und Urteilen anderer zu leben. Wenn Sie kritisiert werden: Rechtfertigen Sie sich niemals.
Wer sich
rechtfertigt, entwürdigt sich.
Auch wenn Sie genötigt werden: Übernehmen Sie Verantwortung für das, was Sie tun. Widerstehen Sie der Versuchung, sich rein waschen zu wollen. Wenn Sie im Unrecht sind, brauchen Sie sich nicht zu rechtfertigen; wenn Sie im Recht sind, erst recht nicht.
Auch beim Feedback können Sie wählen, ob darin ein Hinweis liegt, über den Sie bislang nicht verfügten. Den Sie aber eventuell für sich wichtig werden lassen können. Aber Sie müssen sich nicht reflexhaft dem Urteil des anderen anpassen. Und falls Sie gewählt haben, mit dem anderen zusammenzuarbeiten, werden Sie einen Weg finden, der für
beide
in Ordnung ist.
Ist das zu idealistisch? Es ist ganz einfach praktisch.
Für beide Seiten.
Kritik versus Konfrontation
Führungskräfte neigen dazu, den eigenen Anteil am Verhalten des Mitarbeiters schlicht zu ignorieren. Mehr noch: Sie kommen in der Regel gar nicht auf die Idee, dass es auch etwas mit ihnen zu tun haben könnte. Es sei dahingestellt, ob man dabei soweit gehen sollte wie Willfred Mayer, Mitglied der Geschäftsführung der Wilhelm Karmann GmbH: »Wenn der Mitarbeiter zum Störfaktor wird, muss vor allem die Leistung der Führungskraft begutachtet werden.« Aber zweifellos sagt dieser Satz etwas Richtiges, weil nur allzu oft Übersehenes.
Wenn ein Mitarbeiter dauerhaft mangelnde Leistung bringt, kann das viele Ursachen haben:
|208| Die Führungskraft hat es versäumt, eine Feedback-Kultur aufzubauen, in der Führungskraft und Mitarbeiter sich regelmäßig ihr wechselseitiges Erleben schildern. Das Problem wird verschleppt, bis es kaum noch lösbar ist. Viele Führungskräfte scheuen Auseinandersetzungen und verpassen dadurch den Zeitpunkt, zu dem das problematische Verhalten noch beeinflussbar wäre.
Erwartungen und Maßstäbe sind nicht abgeglichen worden. Unverzichtbar ist es, dass Sie sich mit Ihrem Mitarbeiter über Ihre
Wertmaßstäbe austauschen
: Was ist mir wichtig? Worauf kommt es mir in unserer Zusammenarbeit besonders an? Was sollte zwischen uns möglichst nicht passieren? Bei welchen Verhaltensweisen bin ich besonders sensibel? Laden Sie auch Ihren Mitarbeiter dazu ein, Ihnen das gleiche aus seiner Sicht zu sagen. Glauben Sie nicht, schon zu wissen, worauf es Ihrem Mitarbeiter im täglichen Kontakt ankommt. Was Sie »verstehen« oder erkannt zu haben glauben, sind lediglich Ihre eigenen Erklärungsmodelle, sind Ihre Spekulationen über die Beweggründe des anderen. Besser ist es,
direkt zu fragen
.
Der Mitarbeiter ist unzureichend aus- und weitergebildet; verantwortlich ist (auch) die Führungskraft.
Der Mitarbeiter ist mit seinen Fähigkeiten am falschen Arbeitsplatz; verantwortlich ist (vor allem) die Führungskraft.
Der Mitarbeiter ist ein notorischer Arbeitsverweigerer; (voll) verantwortlich ist die Führungskraft, die entweder den falschen Mitarbeiter eingestellt hat, nicht früh genug intervenierte oder nicht den Mut hatte, sich in aller Form von ihm zu trennen. Gerade hier haben wir in Unternehmen ein riesiges Konsequenzproblem. (»Es menschelt halt überall!« ist die Kameraderie des schleimigsten Einverständnisses.)
Nun kann es natürlich keineswegs darum gehen, das Verhalten eines Mitarbeiters, das aus Ihrer Sicht nicht in Ordnung ist, einfach hinzunehmen. Feedback, das dem anderen die Wahl lässt, ist das eine. Aber was tun, wenn es nicht mehr um Feedback geht, sondern darum, dass für Sie die Situation einfach untragbar geworden |209| ist? Sie haben ein Recht, eine Situation zu ändern, wenn sie Ihnen nicht mehr gefällt. Das Unverantwortlichste, das Sie tun können, ist, die klare Auseinandersetzung zu vermeiden, den Konflikt zu verschleppen, abzuwarten und dann das Gespräch erst als letzte Möglichkeit zu suchen. Ausgeprägte Harmoniesucht, die Unfähigkeit, mit Konflikten konstruktiv umzugehen, und Allesim-Griff-Mentalität lassen viele Führungskräfte schweigen, wo klar zu sagen wäre: »Ich bin mit Ihrer Leistung nicht zufrieden!«
Partnerschaftliche Führung wird immer wieder mit Laisser-Faire, Friede-Freude-Eierkuchen, Harmonie und penetranter Heiterkeit auf allen Etagen verwechselt. Aber nicht mal im karneval-verwöhnten Köln ist man das ganze Jahr über brüllend guter Laune. Zähneknirschende Gelassenheit und die Faust in der Tasche helfen niemandem – am allerwenigsten Ihnen. Schleppen Sie sich nicht lange mit negativen
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