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Das Prinzip Terz

Das Prinzip Terz

Titel: Das Prinzip Terz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Rafelsberger
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Alt-Kanzler und -Präsidenten traf man neben Neumilliardären und Erben, Dirigenten, Intendanten und Filmsternchen. Nach dem Erfolg seines zweiten Buches war Terz zum ersten Mal eingeladen worden. Die wohlhabenden Hamburger der vergangenen Jahrhunderte hatten aus den jeweils modischen Baustilen gewählt wie von einem Kuchentablett. So genossen klassizistische Villen, Kopien des Weißen Hauses, Côte-d’Azur-Hotel-Verschnitte und Tudor-Landhäuser wie Meyenbrincks den Wasserblick an der Elbchaussee.
    Zwischen Luxuskarossen stiegen Terz und Elena aus dem Taxi und gesellten sich zu der wartenden Menschentraube auf der breiten Treppe vor dem Haus. Erkennendes Zunicken unter bekannten und nicht bekannten Gesichtern, erste Small-Talk-Runden. Frisuren und Garderoben bestätigten erneut, dass sich nur Minderbedeutende wie Elena und er durch Geschmack und Stil auszeichnen mussten. Terz pickte zwei Champagnergläser vom Tablett eines vorbeibalancierenden Kellners und reichte eines seiner Frau. Mit einem TV -Produzenten, den Terz gelegentlich für Kriminalfilme beriet, kamen sie zuerst ins Gespräch, schnell wuchs die Runde um einen Schauspieler samt Begleitung und einen Alt-Senator mit Gattin. Sie unterhielten sich über die Gäste, das gelungene Wetter und anderes, worüber man auf einer Treppe spricht. Die persönliche Begrüßung jedes Einzelnen durch die Gastgeber ließ die Truppe vor dem Eingang weiter anschwellen und bot Terz Gelegenheit zu einem zweiten Glas.
    Das Haus war voll gestopft mit Antiquitäten, Edelmetall glänzte, Steine glitzerten. Terz nickte ein paar Leuten zu, freundliches Zurücknicken, Konversation. Elena lächelte links und rechts, wechselte hier ein paar Worte, legte dort ihre Hand auf einen Unterarm, bewunderte Schmuck, Frisuren und Kleider. Gemächlich verschob sich die Gruppe in den Garten, ein paar Mitglieder zurücklassend, neue aufnehmend. Große Windlichter brannten, obwohl es noch taghell war. Der Blick reichte über die Elbe und das Alte Land bis zu den Harburger Bergen. Durch das Wasser pflügte ein kleiner Frachter flussaufwärts.
    Vielleicht würde er dort anlegen, wo in wenigen Jahren ein neues Stadtzentrum entstehen sollte. Wieder fanden gewaltige Veränderungen rund um das Gebiet statt, in dem vor gut hundert Jahren die Fachwerkbauten eines Arbeiter-Stadtteils geschleift worden waren, um backsteinerne Lagerräume für die Handelsleute zu errichten – die heutige Speicherstadt. Es sollte die Rückkehr der Stadt an den Fluss werden. Europas größtes Städtebauprojekt der nächsten Jahrzehnte, wie die einen schwärmten, Luxus für wenige Privilegierte, wie andere fürchteten.
    Um Terz bildeten sich neue Gesprächsrunden, Elena hatte er längst aus den Augen verloren, er vermied jeden stillen Moment, der seine Gedanken zum Fass auf der Terrasse zurückbringen könnte, genoss die delikaten Häppchen und den Champagner. Sonst war er ein zurückhaltender Trinker, gerade bei solchen Anlässen, doch heute besaß der Alkohol eine geheime Anziehungskraft. Gelegentlich wurde er auf Sorius angesprochen und gab höfliche, nichts sagende Antworten. Als er merkte, dass weder Gesellschaft noch Alkohol seine innere Spannung lösten, erhöhte er die Dosis. Redete lauter, war noch amüsanter und charmanter und trank.
    Geld, Macht, Bekanntheit und eventuell Entertainerqualitäten waren die Kriterien, nach denen Meyenbrinck einlud. Terz gehörte ohne Zweifel zu den letzteren zwei Gruppen. Er dachte nicht weiter über verschiedene soziale Bedeutsamkeiten nach und erzählte eine Anekdote, über die seine Runde herzlich lachte. Fodl tauchte auf, blitzte sie ab, versuchte vergeblich, etwas über Sorius zu erfahren, und verschwand wieder.
    »Hallo, Konrad«, sang eine Stimme hinter ihm.
    Fred Illau war ohne seinen Lebensgefährten da, und Terz begrüßte ihn schulterklopfend.
    »Na, du bist ja schon sehr gut gelaunt heute Abend«, bemerkte sein Verleger mit einem Seitenblick auf das Glas in Terz’ Hand.
    Schlagartig war Sandel zurück in seinem Kopf. Durch die plötzliche Nüchternheit schoss der Gedanke, Illau auf Sandels Manuskript anzusprechen, dann entschied er sich dagegen. Die Leiche steckte schon im Fass.
    »Du untersuchst den Fall Sorius?«, senkte Illau seine Stimme verschwörerisch. »Er galt als Frauenheld.«
    »Jaja.« Terz kippte den Champagner hinunter.
    »Dachte ich mir. Du weißt allerdings nicht, dass er bei Gelegenheit auch uns nicht verschmähte.«
    Wegen solchem Geflüster war Terz

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