Das Prinzip Terz
Skrupel, Männertriebe auszunutzen. In ihr hatte Terz eine Meisterin gefunden.
»Und wie wir uns so unterhielten, kamen noch andere Damen dazu, die ich vom Spielen kenne. Ein paar von ihnen sind Mitglieder in Gut Kaden.«
»Sorius’ Club.«
»Genau. Dort lungern die den ganzen Tag herum.«
»Mit großen Ohren und noch größerem Mund.«
Wieder das Mädchenkichern. »Ach, sie können sehr verschwiegen sein, wenn sie wollen. Wir stellen uns also etwas abseits, ich, Elsbeth, du kennst sie, glaube ich, Anne und Frauke, die hast du auch mal getroffen. Wir unterhalten uns, etwas verschwörerischer Ton, du weißt schon. Ob ihr denn schon einen Verdacht habt, möchte Elsbeth als Erste wissen. Und Frauke fragt, ob es am Ende etwas mit Amelie zu tun hat. ›Amelie?‹, frage ich unschuldig zurück. ›Welche Amelie?‹ Ich ahne schon, um wen es sich handelt, aber ich brauche noch eine Bestätigung. ›Ja, weißt du das gar nicht?‹, flüstert Anne. Ich, noch immer äußerst ahnungslos, schüttle den Kopf. Da platzt Elsbeth dazwischen, dass Amelie die Frau eines Kunden von Sorius ist. Meine Ahnung war richtig. Aber ich brauche gar nichts zu sagen, weil Frauke weiterplappert, man müsse sich vorstellen, das kommt heraus. Dann ist Sorius alle seine Kunden los. Und, na ja, jetzt sei es ja egal. Darauf kann sich Anne die vielsagende Andeutung nicht verkeifen, dass es ja vielleicht herausgekommen ist, zumindest bis zu Amelies Mann. Ich muss wieder öfters spielen, ich bin überhaupt nicht mehr auf dem Laufenden«, seufzte Elena.
Mit einem Lächeln gab Terz ihr zu verstehen, dass er ein gutes Vorspiel schätzte.
»›Ach, die Amelie‹, sage ich. ›Ja, das wäre zu dumm gewesen. Aber glaubt ihr, dass …?‹ Elsbeth lässt sich das natürlich nicht nehmen, sie senkt ihre Stimme und flüstert schon fast: ›Vielleicht sollte dein Mann das einmal überprüfen.‹ Ich habe natürlich versprochen, dir einen dezenten Hinweis zu geben.« Sie strahlte Terz an. »Ein Verhältnis mit der Frau eines Kunden! Wenn das kein Motiv ist.«
Manchmal konnte sie in seine Fälle mit mehr Eifer eintauchen als er.
»Der Mann kommt dahinter und ermordet den Liebhaber. Verdächtiger Nummer eins. Oder der Geliebte will sie verlassen, und sie ist sauer. Verdächtige Nummer zwei. Oder Sorius’ Geschäftspartner kommt dahinter, fürchtet um seine anderen Kunden, beziehungsweise deren Frauen, und killt ihn. Verdächtiger Nummer drei. Oder eine andere Geliebte kommt dahinter und – finito . Verdächtige Nummer vier. Hm, die müsste man aber noch finden …«
Zufrieden mit ihrer Flut von Verdächtigen nahm sie einen ordentlichen Schluck.
»Das sind zu viele! Ich habe lieber möglichst wenige Verdächtige.«
»Wie langweilig!«
»Und als Motiv Eifersucht. Sagtest du vorher nicht, es wäre Geld?«
»Im Fall des Partners wäre es das ja auch.«
Sie trank noch einen Schluck und sah ihn unschuldig über den Glasrand an.
»Ach, ich glaube, ich habe noch gar nicht gesagt, wer Amelie ist.« Sie machte eine dramatische Pause. »Amelie Kantau. Ihr Mann besitzt eine Möbelfabrik.«
»Weißt du, wie lange das mit der Kantau schon ging?«
»Fast ein halbes Jahr, sagt das Gerücht. Und das Gerücht ist meistens sehr genau.« Wie so viele Frauen unterschied Elena nicht wesentlich zwischen Tatsachen, Fakten, Nachrichten und deren flüchtigen Geschwistern Gerücht, Klatsch und Tratsch. Im so genannten Informationszeitalter einer so bezeichneten Kommunikationsgesellschaft mit ihrer tatsächlichen Kommunikationsflut wahrscheinlich die sinnvollste, wenn nicht sogar einzig ehrliche Strategie.
»Kamen andere Liebschaften auch zur Sprache?«
Elena zog ein zerknülltes Stück Papier aus ihrem Handtäschchen. »Hier. Mehr brauchst du hoffentlich nicht.«
Er überflog den Zettel. Sieben Namen und Adressen. Dazu sieben Von-bis-Daten. Sie reichten zwei Jahre zurück.
»Einen«, betonte Terz, »nur einen solchen Mitarbeiter möchte ich in meiner Abteilung.«
Elena nahm das Kompliment mit Gelassenheit.
»Ich sollte der Hamburger Polizei langsam wirklich Honorarnoten ausstellen.«
6
Nach einem letzten verstohlenen Blick auf das Fass beim Heimkommen kurz nach zwei Uhr hatte er in der Nacht ungewöhnlich schlecht geschlafen, doch wie jeden Morgen war er um sechs hellwach. Sein erster Gang galt der Tonne. Noch roch Sandel nicht. Aber spätestens morgen. Für die nächsten Tage war Hitze angesagt.
Trotz des pelzigen Gefühls in Mund und Hirn rang sich Terz zu
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