Das Prinzip Terz
einmal Luxusapartments in der Hafencity leisten konnten. Kein Wunder also, dass die meisten sich schließlich einig waren, dass Hamburg dank seiner hanseatischen Tradition auch aus diesen Entwicklungen prosperierend hervorgehen würde.
Die Luft in dem Othmarschener Garten war um einige Grad kühler als weiter drin in der Stadt, Grillen begleiteten das fröhliche Plappern der Anwesenden, und endlich tauchte Elena wieder auf. Begleitet von Ramscheidt, gesellte sie sich zu ihm. Sie sah das Weinglas in seiner Hand und ihn fragend an.
Er antwortete mit einem entschuldigenden Stirnrunzeln.
Ramscheidt ließ sein Gebiss strahlen. »So, Herr Kommissar, und jetzt erzählen Sie uns doch einmal etwas über die Abgründe der Hamburger Gesellschaft. Sie ermitteln im Fall Sorius, habe ich gehört.«
Elena gab mit einer stummen Geste zu verstehen, dass Ramscheidt diese Information keinesfalls von ihr hatte.
Die blonde Maklerin quietschte entzückt und klatschte aufgeregt mit den Händen. »Erzählen Sie, erzählen Sie!«
Mit möglichst vielen Worten erzählte Terz nicht mehr, als jeder in der Zeitung lesen konnte. Er war die Neugier der Leute gewohnt, und sie langweilte ihn.
»Gibt es denn nichts Neues? Keine neuen Spuren, noch ein Mord, gar nichts?«, fragte Ramscheidt enttäuscht, klopfte Terz jovial auf die Schulter und sah sich um. »Keine Sorge, es sind auch sicher keine Journalisten hier. Und wir sagen nichts weiter, Ehrenwort.«
»Noch ein Mord? Ist einer nicht genug?«
»Entschuldigen Sie meine Neugier. Ihr Beruf fasziniert mich einfach. Aber unterhalten wir uns über Lustigeres als die Toten. Wie kamen Sie eigentlich zum Schreiben? Oder besser, wie kamen Sie dazu, dass Ihr Buch auch verlegt wurde?«
Jetzt klopfte Ramscheidt dem Mann neben sich auf die Schulter. »Edwin hier schreibt nämlich auch.«
Terz seufzte innerlich. Hatte Ramscheidt ihn eingeladen, weil Terz seinen erfolglos schreibenden Freunden die Rutsche zu einem Verleger legen sollte?
Der Angesprochene versuchte eine bescheidene Geste: »Ja, aber nur so …«
»Nicht so bescheiden, Edwin«, lachte Ramscheidt. »Bloß Verleger hat er noch keinen.«
»Ich wurde von meinem Verleger angesprochen«, erklärte Terz. »Wir haben das Buch gemeinsam entwickelt. Was schreiben Sie?«
»Einen Roman.«
»Illau verlegt nur Sachbücher«, erklärte Terz erleichtert.
»Ach so.« Edwin konnte seine Enttäuschung nicht verbergen. »Und wie kommt man sonst an einen Verlag? Ich glaube, die meisten lesen die Manuskripte nicht einmal.«
»Stimmt. Bei Dutzenden, die sie jeden Tag unangefordert auf den Tisch bekommen. Und wenn Sie es schon mehrmals versucht haben, stehen Sie bereits im Computer und werden automatisch abgelehnt. Tut mir Leid.«
»Ich bin ein grässlicher Gastgeber!«, rief Ramscheidt dazwischen. Er hatte erkannt, das Terz dem Mann weder helfen konnte noch wollte. »Haben Sie schon etwas zu essen bekommen?« Und mit einer Hand auf Terz’ Rücken, der anderen an Elenas Taille führte Ramscheidt sie zum Buffet.
»Du kannst ruhig trinken«, flüsterte Elena ihm zu, als sie sich von der Frittata nahmen. »Ich fahre.«
Später im Auto fragte Terz seine Frau, ob der Abend erfolgreich gewesen war.
»Wenn du den Auftrag meinst, den habe ich. Ich glaube, Ramscheidt steht ein wenig auf mich.«
»Was nicht zu übersehen war.«
Verschmitzt lächelte sie ihm zu.
Seinen Dauerlauf am nächsten Morgen beendete Terz in Rekordzeit. Als er danach die Zeitung aus dem Postkasten zog, fiel ihm ein braunes Kuvert vor die Füße. Es war unfrankiert und glich jenem, in dem Biel das Tonband geschickt hatte. Auf dem Weg zum Lift riss er es auf.
Wie eine Sturmflut rauschte das Adrenalin in seinen Kopf, Hitze strömte in seine Fingerspitzen und Zehen. Verdammt-dammt-dammt! Warum hatte er gestern in Biels Wohnung nicht gleich daran gedacht? All die Ausrüstung! Was ein richtiger Voyeur ist heutzutage, der macht auch Fotos.
Fünf Aufnahmen zeigten ihn und Sandel, fotografiert mit einem guten Teleobjektiv von Biels Wohnung aus. Seine und Sandels Züge waren deutlich zu erkennen.
Auf dem ersten Bild war Sandel offensichtlich sehr erregt. Er gestikulierte mit Weinflasche und Glas.
Auf dem zweiten hatte Terz ihn am Arm gepackt.
Das dritte zeigte, wie er Sandel zurückstieß und dieser durch die Luft kippte. Biel musste seine Kamera auf Dauerfeuer gestellt haben.
Auf dem vierten kniete Terz neben dem liegenden Körper. In der erhobenen Hand hielt er die Steinskulptur vom
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