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Das Prinzip Uli Hoeneß

Das Prinzip Uli Hoeneß

Titel: Das Prinzip Uli Hoeneß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Bausenwein
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toll alle mitzogen.
    Uli Hoeneß wollte jedoch nicht nur Vorbild sein, sondern auch Integrationsfigur. In all seinen Dienstjahren versuchte der Manager pausenlos, auf Ballhöhe zu bleiben und zu seinen Spielern keine Distanz aufkommen zu lassen, sei es auf den Reisen, am Spielfeldrand im Stadion, während der Halbzeitpause in der Kabine oder beim Training. Er kontrolliere »immer noch, ob die richtigen Trikots und die passenden Stollen eingepackt sind«, meinte er 1981, er sei sich »nicht zu schade, in der Halbzeit einem Spieler die Stollen zu wechseln«, beharrte er 1990, und als er 2003 gewahr wurde, dass er die Stimmung im Team nicht mehr spürte, wollte er »wieder enger an der Mannschaft dran« sein. Nur der, der einen guten Draht zur Mannschaft hat, so das Credo dieser Managerpolitik der Nähe, sei in der Lage, den Spielern den richtigen Bayern-Geist einzuhauchen. Aber das war früher, als er noch viel mehr Zeit hatte, natürlich viel einfacher gewesen. »Früher«, bedauerte Hoeneß, »war ich zu 80 Prozent bei der Mannschaft, heute bleiben mir noch 20 dafür.« Früher hatte er in Krisenzeiten schon mal eine Grillparty bei sich zu Hause veranstaltet, um die Spieler enger zusammenrücken zu lassen. Und früher hatte er es zudem leichter, den Kontakt zu den Spielern zu finden, denn da war der Altersunterschied noch nicht so groß.
    Trotz aller Veränderungen im Generationsverhältnis war sich auch der reifer gewordene Uli Hoeneß sicher: »Das Vertrauen der Spieler zu mir ist extrem.« Er habe sich dieses Vertrauen vor allem dadurch verdient, meinte er, weil er enorm verlässlich sei, stets ein offenes Ohr für alle Sorgen und Nöte der Spieler habe und eine Rundum-Betreuung sicherstelle. »Meine Aufgabe liegt darin, ein Umfeld zu schaffen, in dem sie sich wohl fühlen, damit sie sich auf den Fußball konzentrieren können«, beschrieb er einen Grundpfeiler seines Prinzips der inneren Führung. So umsorgte er gluckenhaft seine Spieler, als wären es seine Kinder, und regelte mit Akribie selbst die kleinsten Details. Das Plus an Wohlbefinden, das die Bayern ihren Spielern im Gegensatz zu Vereinen wie Chelsea oder AC Mailand bieten, erläuterte er einmal am Beispiel der Topstars Toni und Ribéry. »Der kam ursprünglich aus keinem anderen Grund zum FC Bayern als wegen der Kohle«, schilderte er die Situation beim Eintreffen Luca Tonis. »Was meinen Sie, was wir angestellt haben, um ihm eine Stimmung zu vermitteln von unserem Verein, unserer Stadt? Wir haben seinen gesamten Freundeskreis eingeladen und ein Wochenende lang aufs Opulenteste in München bewirtet. Davon spricht er noch heute.« Anders war der Ausgangspunkt bei Franck Ribéry: »Der hat in seiner Karriere viel Unerfreuliches erlebt. Hier erfährt er zum ersten Mal auch außerhalb des Fußballplatzes von seinem Arbeitgeber echte Fürsorge: egal, ob das seine Religion als Muslim betrifft oder die Betreuung seiner Familie, wenn sie nach München kommt. Wo auch immer wir hinreisen, sorgen wir zum Beispiel dafür, dass er geschächtetes Fleisch bekommt.« Ribéry, berichtete Hoeneß im März 2008, sei einmal sogar zu ihm gekommen, um »sich sehr emotional für die Unterstützung des Vereins rund um die Geburt seiner Tochter« zu bedanken. Und auch Toni habe sich im Lauf der Zeit immer mehr geöffnet und München allmählich zu seinem Lebensmittelpunkt gemacht. Und eben diese Fürsorge sei es, die von vielen Spielern sehr geschätzt werde – letzten Endes sogar mehr als Geld. Der Spruch, mit dem er warb, lautete in etwa so: Bei den Bayern kannst du zwar weniger verdienen als in London oder Mailand, dafür aber wirst du permanent umsorgt und darfst darauf vertrauen, dass sämtliche Zusagen eingehalten werden und das Gehalt – was im internationalen Vergleich keine Selbstverständlichkeit darstellt – pünktlich auf dem Konto eingeht.
    In der Hoeneß’schen Fürsorge-Philosophie geht es nicht nur um das Zelebrieren einer besonders ausgeprägten Menschlichkeit, sondern auch ganz gezielt um Wertschöpfung. Die nämlich findet statt, sobald das gute Betriebsklima sich in einer höheren Identifikation mit dem Verein ausprägt und in einem Mehr an Leistung niederschlägt. Das Wohlbefinden fördert das Gemeinschaftsgefühl, und dieses wiederum ist die Grundlage eines erhöhten Engagements auf dem Fußballplatz. Hoeneß war absolut davon überzeugt, »dass eine ausgefüllte, zufriedene Persönlichkeit, die sich auch außerhalb des Sportlichen begleitet und

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