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Das Prinzip Uli Hoeneß

Das Prinzip Uli Hoeneß

Titel: Das Prinzip Uli Hoeneß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Bausenwein
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befindlichen Profis Sebastian Deisler überprüfen zu lassen. Die »falschen Freunde«, meinte er, müsse man notfalls »aussortieren«. Deisler wehrte sich aus der Klinik gegen diese übertriebene Fürsorge: »Wer hat das Recht, mir nachzuspionieren?« Hoeneß stellte sich Deislers Depression anfangs offenbar als eine Art ansteckende Krankheit vor, die von einem schädlichen Umfeld abstrahle und die man quasi mit einem »Abschneiden« der infizierten Teile kurieren könne. Später, als er sich über Deislers Krankheit kundig gemacht hatte, bewies er dem Spieler gegenüber eine enorme Hilfsbereitschaft.
    Wer Unterstützung nötig hatte, der konnte immer auf den Patriarchen rechnen. Keinerlei Verständnis zeigte er jedoch, wenn ein Spieler mit kritischen Bemerkungen in Hoeneß’ Augen als Nestbeschmutzer auftrat. So war es, als Philipp Lahm Anfang November 2009 in einem Interview mit der »Süddeutschen Zeitung« die Einkaufspolitik des FC Bayern kritisierte. »Vereine wie Manchester oder Barcelona geben ein System vor«, so Lahm, »und dann kauft man Personal für dieses System. So etwas gibt es bei uns nicht: dass der Verein etwas vorgibt und alles darauf aufgebaut wird. Man darf Spieler nicht einfach kaufen, nur weil sie gut sind. In der Vergangenheit lief das mit den Transfers nicht immer glücklich.« Lahm kam mit dieser Fundamentalkritik durchaus der Wahrheit nahe. Und Uli Hoeneß war entsprechend sauer. So etwas konnte er sich nicht bieten lassen. »Er ist über das Ziel hinausgeschossen«, konstatierte er gallig und drohte, Lahm werde das Interview sicher noch bedauern: »Er hat eindeutig gegen die Regeln verstoßen.« Die zwei grundsätzlichen Regeln, die er da im Auge hatte, hießen: Kritik nur intern äußern und keinesfalls über die Presse, und bitteschön auch keine Kritik, die das Wirken des Managements über all die zurückliegenden Jahre grundsätzlich in Frage stellt. Lahm wurde zum Rapport bestellt. Er musste sich entschuldigen und eine Strafe von (angeblich) 25.000 Euro bezahlen. Der bekanntermaßen intelligente Spieler dürfte die Reaktion bei seinem Vorstoß mit einkalkuliert haben. Er wollte etwas bewegen, und vermutlich sah das auch Rummenigge so, der Lahm hernach bescheinigte: »Ich bin überzeugt davon, dass er irgendwann mal Kapitän des FC Bayern wird.«
    Fälle für die Sonderpädagogik
    Ein wenig wirken Hoeneß’ pädagogische Bemühungen wie der in Permanenz scheiternde Versuch, gegen die lange vor allen Fußballweisheiten formulierte anthropologische Skepsis des Philosophen Immanuel Kant anzugehen: Der Mensch, hatte der gemeint, sei »ein krummes Holz«, aus dem nie etwas ganz Gerades gezimmert werden könne. Manch krummer Profi erwies sich freilich als noch etwas krummer als der Durchschnitt, und Hoeneß zeigte sich in der Konfrontation mit solch besonders schwer Erziehbaren denn auch als besonders strenger Lehrer. Wenn extrem faule und aufreizend selbstzufriedene Spieler keinerlei Ansätze zeigten, die ihnen erwiesene Fürsorge mit entsprechender Leistungsbereitschaft zurückzuzahlen, konnte Hoeneß richtig böse werden; und wenn ein fehlgeleiteter Zögling mit unsozialen Verhaltensweisen aus der Solidargemeinschaft des FC Bayern ausbrach, machte ihn das nicht nur rasend: Dann scheute er selbst vor härtesten Maßnahmen nicht zurück.
    Der trinkfreudige Raucher Mario Basler war sicherlich der gravierendste Problemfall, mit dem sich Hoeneß jemals konfrontiert sah. Der auf dem Fußballplatz meist recht schläfrig auftretende Profi mit dem Hang zum ausschweifenden Nachtleben dürfte auch der Erstanlass für die Idee gewesen sein, das Privatleben der Bayern-Stars von Privatdetektiven überwachen zu lassen. Im Februar 1997 wurde »Super-Mario« erstmals auffällig, als er den damaligen Bayern-Trainer Giovanni Trapattoni wegen angeblich falscher Taktik öffentlich kritisierte. Uli Hoeneß verdonnerte den vorlauten Besserwisser zu einer »kleinen Spende« in Höhe von 10.000 DM. Zu diesem Zeitpunkt war der Manager noch zuversichtlich, dass man das Enfant terrible schon würde bändigen können: »Wir haben mit Basler überhaupt kein Problem. Das ist einer, der mit offenem Visier kämpft. Damit kann man leben.« Im April wiegelte Hoeneß immer noch ab, nachdem Basler unter der Woche spätabends in einem Spielkasino ertappt worden war. Man müsse daraus kein Drama machen, schließlich sei das »doch nicht verboten«. Als sich die Vorfälle dann jedoch häuften und eine gewisse

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