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Das Prinzip Uli Hoeneß

Das Prinzip Uli Hoeneß

Titel: Das Prinzip Uli Hoeneß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Bausenwein
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Autos und schöne Frauen im Sinn hätten. Umgekehrt machte sich der Sonderling durch sein Interesse für Philosophisches und Esoterisches zum Außenseiter. Insbesondere für bayerische Gepflogenheiten äußerst ungewöhnlich war zudem, dass er sich nach dem Leitfaden von Dan Millmans Buch »Der Pfad des friedvollen Kriegers« sehr speziell ernährte. Darin empfiehlt der Autor, ein ehemaliger US-Turner, unter anderem den Verzehr von Rohkost, Körnern und Quark. Als der »friedvolle Krieger« im Laufe des Jahres 1995 immer mehr abmagerte und allmählich zu einem Ritter von der traurigen Gestalt mutierte, erklärte der Bayern-Manager die Angelegenheit – nicht nur in seiner Eigenschaft als Manager, sondern auch als Metzgersohn und Wurstfabrikant – zur Chefsache. Sutter solle mal »ab und zu auf sein Müsli verzichten und sich einen ordentlichen Schweinebraten reinziehen«. Der Gemaßregelte blieb eine Antwort nicht schuldig: »Wie man aussieht, wenn man zu viel Schweinebraten isst, sieht man ja an Herrn Hoeneß.«
    Ursache von Sutters Magersucht war jedoch nicht die mangelnde Kalorienzufuhr nach bayerischer Art. Seit der WM in den USA, an der er mit dem Nationalteam der Schweiz teilgenommen hatte, litt er an einer rätselhaften Erkrankung, vermutlich eine Infektion durch Bakterien oder Viren. Sutter selbst sprach von einem »verschleppten Salmonellenbefall« und meinte auch zu wissen, wie man das am besten behandelte: nämlich mit Kräutern, Gemüse und innerer Einkehr. Zähneknirschend musste Uli Hoeneß die Weigerung Sutters hinnehmen, sich mit den Mitteln der klassischen Medizin behandeln zu lassen. Als auch nach Monaten noch keine Besserung eingetreten war und der völlig erschlaffte Schweizer, inzwischen auf 61 Kilogramm Körpergewicht abgemagert, in lebensbedrohlichem Zustand aus dem portugiesischen Trainingslager ausgeflogen werden musste, platzte Hoeneß der Kragen: »Wir haben genug von Sutters Marotten!« Am 1. Oktober 1995 wechselte der Öko-Fan, der einfach nicht zum FC Bayern passen wollte, zum SC Freiburg und damit ins damalige Paradies für Fußball-Alternativos.
    Bliebe noch von dem – trotz Basler und Sutter – pädagogisch wohl kompliziertesten Fall zu berichten. Mit dem wurde Uli Hoeneß gleich zu Beginn seiner Managerkarriere konfrontiert, und dass er so schwierig war, hatte weit weniger mit der Persönlichkeit des Spielers als vielmehr mit der besonderen Konstellation zu tun. »Für mich begann da eine unwahrscheinlich intensive Zeit«, erinnerte er sich an die ersten Wochen und Monate seines Bruders Dieter als Sturmführer des FC Bayern. Denn der Dieter hatte »als Fußballer ja nicht nur die höchsten Höhenflüge, sondern auch die tiefsten Tiefpunkte«. Der immer etwas ungelenkig wirkende Rackerer mit der Figur eines Zehnkämpfers spielte vor allem am Anfang oft unglücklich, und als die Zuschauer »Hoeneß raus« riefen, zuckte Uli auf der Bank zusammen – bis er kapierte, dass ja gar nicht er gemeint war, sondern der Bruder. Man müsse sich das einmal vorstellen, meinte Uli, da »stand ich im Stadion, im Feld spielte der eigene Bruder, und 70.000 Leute brüllten: Hoeneß raus! Hoeneß raus! Das schmerzte wahnsinnig. Dazu noch die Medien, die Leute im Verein.« Schwer sei das gewesen, ganz schwer, denn es gab ja nicht nur die Probleme auf dem Platz, sondern auch noch den öffentlich diskutierten Vorwurf, er habe seinem Bruder einen besonders guten Vertrag zugeschanzt – Dieter gehörte damals mit 450.000 DM Jahresgehalt zu den Großverdienern. Der junge Bayern-Manager, der selbst noch nicht fest im Sattel saß, wollte unbedingt vermeiden, dass man ihm auch nur den kleinsten Vorwurf machen könnte, er würde seinen Bruder bevorzugt behandeln. Deswegen war er zu ihm besonders streng und stauchte ihn oft vor versammelter Mannschaft zusammen. Ansonsten ging man getrennte Wege. »Ich habe damals gemerkt: Um das zu überleben, brauchen wir einiges an Distanz«, gestand er Jahre später seinem Bruder. »Und deshalb wollte ich im Privatleben lieber nichts mit dir zu tun haben.« Obwohl die Brüder nur zwei Kilometer voneinander entfernt wohnten, trafen sie sich in der Zeit, als sie beide in München waren, privat fast nie.
    Dieter freilich, nur ein Jahr und zwei Tage jünger als Uli, sah in der Sache noch ganz andere Aspekte. Da gab es ganz grundsätzlich die Problematik im Verhältnis zwischen dem großen und dem kleinen Bruder. Schon früher sei es immer so gewesen, belehrte Dieter den

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