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Das Prinzip Uli Hoeneß

Das Prinzip Uli Hoeneß

Titel: Das Prinzip Uli Hoeneß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Bausenwein
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Fußball-Weltmeisterschaft in den USA uns einen Fußball-Weltstar ›schenken‹ könnte.« Aus dem geschenkten Star wurde zwar nichts, dafür aber profilierte sich der FC Bayern in den Opel-Jahren mit bis dahin in Deutschland nicht gekannten amerikanischen Vermarktungsmethoden.
    Der innovationsfreudige Bayern-Manager, der die USA schon in den siebziger Jahren kennen gelernt und nun, im Frühjahr 1989, eine gezielte »Studienreise« ins Land der unbegrenzten Vermarktungsmöglichkeiten unternommen hatte, zeigte sich hellauf begeistert von der Inszenierung des amerikanischen Profisports. »Der Umsatz eines Fußballklubs darf nicht nur das Geld aus dem Fußball sein«, brachte er die erste und wichtigste Erkenntnis aus seinem Amerika-Trip auf den Punkt. »Wir müssen dahin kommen, dass wir ein Wochenende totaler Unterhaltung bieten und der Fußball nur ein Teil davon ist«, fügte er hinzu und leitete damit zur zweiten Erkenntnis über: »Wir müssen das Fußballspiel zum Event machen, damit auch mal die ganze Familie hingeht.« Nur durch eine Hebung des Komforts in den Stadien und eine Ausweitung des Unterhaltungsangebots nach dem Vorbild des US-Sports könne der Fußball in Deutschland »für alle Bevölkerungsschichten gesellschaftsfähig« werden. Die Konklusion aus beiden Erkenntnissen war die Ersetzung des Erfolgsprinzips durch das Leitkriterium Unterhaltung. »Auf Dauer geben sich die Fans mit Rang drei, vier gewiss nicht zufrieden«, schränkte Hoeneß ein. »Aber das Absolute, tausend Titel und Trophäen, zählt nicht mehr so viel.« Die Chicago Bulls zeigten im US-Basketball, wie es ging: Sie siegten nicht am häufigsten, machten aber den meisten Wirbel und den größten Umsatz.
    Nicht zufällig also erfolgte in der Zeit, als die Bayern für Opel warben, die endgültige »Vershowsportung« des FC Bayern zum »FC Hollywood« von der Isar, für den das rein Sportliche gegenüber dem Unterhaltungswert immer mehr in den Hintergrund zu treten schien. Ein erstes Aufsehen erregendes Zeichen setzten die Münchner am letzten Spieltag der Saison 1989/90, als das Spiel gegen Borussia Dortmund erst um 18 Uhr angepfiffen wurde, damit die Zeit bis zum Anstoß für allerlei Show- und Werbeeinlagen genutzt werden konnte. Der Fußball mutierte zum Volksfest, das seinen Höhepunkt, ein großes Open-Air-Konzert mit italienischer Rockmusik, erst nach dem Abpfiff des Spiels fand. Die Sache war zwar ausdrücklich als Geschenk an die Fans ettiketiert, doch manch ein Fan hätte wohl lieber Fußball pur gehabt. Als dann auch noch die Unterhaltungstruppe auf dem Rasen über der Medienshow zeitweise das Fußballspielen vergaß, sahen einige Kommentatoren das Ende kommen. »In dem von Manager Hoeneß vorgegebenen Streben nach Professionalität entfernte sich der Klub weiter als alle anderen Bundesligavereine von der Ursprünglichkeit des Fußballs«, beklagte der »Spiegel« diesen Verlust der althergebrachten Werte. Uli Hoeneß ließen solche mahnenden Worte völlig unbeeindruckt. »Wir vermitteln Lebensfreude, das ist unsere Philosophie«, ließ er sich vernehmen. »Wir haben längst die Ebene eines Fußballvereins verlassen.« Und außerdem, was sei schließlich schlimm daran? »Die Gesellschaft ist nun mal oberflächlicher geworden. Die Leute wollen Spaß haben, sie wollen nicht unbedingt die große Klasse sehen, sondern einfach ein Spektakel.«
    Das Publikum schien die Veränderung des Kulturguts Fußball zu einem Angebot der Spaßgesellschaft zu akzeptieren. Volle Stadien, volle Kassen, mäßiger Sport: Dass ungeachtet spielerischer Defizite mehr Zuschauer denn je in die Stadien strömten, unterstrich, wie weit sich die Bundesliga von der klassischen Beurteilung als Sport bereits entfernt hatte.
    Die Überformung des sportlichen Anlasses durch wirtschaftliche Interessen zeigte sich besonders deutlich bei der Feier zum zehnjährigen Jubiläum von Opel als Sponsor des FC Bayern am letzten Spieltag der Saison 1998/99. Das »Aktuelle Sportstudio« des ZDF sendete zu diesem Anlass aus der Opel-Zentrale in Rüsselsheim und setzte sich mit diesem freiwilligen Werbeakt bissigen Kommentaren aus. »Werbebegegnungen aufblasen statt Rechte erwerben: Ist das die neue Programmstrategie der Mainzer, also des ZDF?«, fragte etwa die »Wirtschaftswoche«. Offensichtlich war das so, denn nur ein Jahr später, am 27. August 2000, setzte das ZDF aus Anlass des 100. Geburtstages des FC Bayern noch eins drauf. Zur »Prime Time« um 20.15 Uhr ging die

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