Das Prinzip Uli Hoeneß
»Leiter internationale Beziehungen« ein, dessen einzige Aufgabe darin bestehen sollte, die Marke FC Bayern weltweit – und das hieß vor allem in Asien – bekannt zu machen. Die Bayern starteten nun Kooperationen – wie etwa in Japan mit den Urawa Red Diamonds –, intensivierten ihr Scouting, ließen ihre Amateure durch Indien touren, knüpften Verbindungen zu neuen Sponsoren. Die Website der Bayern ist inzwischen nicht nur auf Englisch, sondern auch auf Japanisch und Chinesisch abrufbar, sodass sich die Mitglieder asiatischer Fanklubs wie »Oans, zwoa g’suffa Shanghai« direkt informieren können.
Die Asien-Touren des Profiteams sind ebenfalls unter dem Aspekt der systematischen Erschließung neuer Märkte zu betrachten. Mehrmals wurde Japan angesteuert, 2007 gab es einen Auftritt in Hongkong, 2008 lief der seit der WM in Japan und Südkorea in Asien enorm populäre Oliver Kahn nach einem Trip durch Indonesien und Indien in Kalkutta zu seinem Abschiedsspiel auf. Das Ziel der Aktivitäten besteht nur vordergründig darin, die Kasse durch Freundschaftsspiel-Gagen aufzubessern oder die Erfolgszahlen im Merchandising zu steigern. Beabsichtigt ist vor allem, den Namen »FC Bayern« weltweit zu promoten. Irgendwann, so lautet das Ziel, soll sich das Vermarktungspotenzial der Marke FC Bayern auf dem Niveau der Branchenführer ManU und Real Madrid bewegen.
Es hat sich also viel geändert, seit Hoeneß die Bayern-Profis zu Beginn seiner Amtszeit auf strapaziöse Tingeltouren schickte und dabei lediglich die schnelle Mark im Sinn hatte. Aber selbst damals setzte er schon Maßstäbe für die Bundesliga. In der Vorbereitungszeit zur Saison 1980/81 etwa waren 14 Freundschaftsspiele angesetzt. Auf Trainer Csernais Einwand, dass das viel zu viel sei, zuckte Hoeneß nur mit den Schultern und verwies auf die damals schon teilweise sechsstelligen Summen, die man für solche Auftritte verlangen konnte. 1983/84 betrugen die Einnahmen aus allen Privatspielen immerhin 1,5 Mio. DM, im Sommer 2006 war bereits ein einziges Spiel gegen die Urawa Red Diamonds eine stattliche Garantiesumme von 1,5 Mio. Euro wert. Der Posten Freundschafts- und Werbespiele hat inzwischen eine Einnahme-Dimension erreicht, die das, was durch den Verkauf von Eintrittskarten für die Fans in der Südkurve erzielt werden kann, um ein Vielfaches übersteigt.
Trotzdem handelt es sich dabei aber nur um ein kleines Zubrot im Vergleich zu dem, was sich durch den Verkauf der Fernsehrechte erzielen lässt. In der Saison 2007/08 nahmen die Bayern aus allen TV-Töpfen – also Bundesliga, DFB-Pokal, UEFA-Cup, Ligapokal und Freundschaftsspiele zusammen – 49,4 Mio. Euro ein. Hätten sie die Champions League gewonnen, wäre es noch viel mehr gewesen: Der Sieger Manchester United erlöste allein aus diesem Wettbewerb fast genauso viel. Man kann eine Menge verdienen, wenn man die Champions League gewinnt, kalkulieren aber kann man mit diesen Geldern natürlich nicht. Die Einnahmebasis sind für jeden Verein die Erlöse aus der jeweiligen nationalen Liga. Auch in der Bundesliga lässt sich eine Menge verdienen. Und dass die Vermarktung der Bundesliga-Fernsehrechte heute eine Haupteinnahmequelle der deutschen Profivereine ist, ist nicht zuletzt ein Verdienst von Uli Hoeneß.
Uli Hoeneß und der Siegeszug des Fernsehens
Die Bundesliga war von Anbeginn auch eine Medienliga, deren Rechte zunächst vom DFB und ab 2000 von der DFL, der neu gegründeten Interessensvertretung der Bundesligisten, zentral vermarktet wurden. Die ARD richtete gleich in der ersten Saison 1963/64 die Sportschau ein, das eben erst gegründete ZDF ging mit dem Sportstudio auf Sendung. Noch war alles bescheiden: Aus Furcht, dass die Zuschauer den Stadien fernbleiben könnten, ließ der DFB zunächst nur für zwei bis drei Partien eine Bildzusammenfassung zu. In gebündelter Form wurden die TV-Übertragungsrechte dann erstmals zur Saison 1965/66 vergeben, für nach heutigen Maßstäben äußerst bescheiden wirkende 640.000 DM. Die TV-Gelder steigerten sich allmählich von Saison zu Saison, 1985/86 lagen sie bei 12 Mio. DM. Kurz zuvor waren mit RTL und Sat.1 die ersten Privatsender zugelassen worden, und das war die Voraussetzung für enorme Preisanstiege bei der Vermarktung der Fußball-Übertragungsrechte. Mussten die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF für die Übertragung der Fußballbundesliga in der Spielzeit 1987/88 noch 18 Mio. DM bezahlen, so folgte in der darauffolgenden Saison
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