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Das Prinzip Uli Hoeneß

Das Prinzip Uli Hoeneß

Titel: Das Prinzip Uli Hoeneß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Bausenwein
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Auffassung, sei es nicht mehr vertretbar, wenn in der Bundesliga mit Ausländerbeschränkungen operiert werde. Negative Auswirkungen auf die Nationalmannschaft, in der er nur noch ein »Auslaufmodell« sah, seien egal. »Wenn das die Konsequenz ist, dann muss man sagen: Dann gibt’s halt keine Nationalmannschaft mehr.«
    Eigenartig oder besonders speziell war Hoeneß’ Position nicht. Im Prinzip waren die Nationalmannschaften für alle großen europäischen Vereine ein eher lästiges Beiwerk geworden. So war denn auch die »G 14«, die Lobby der Großvereine, im Jahr 2000 unter anderem zu dem Zweck gegründet worden, für Abstellungen ihrer Spieler in die Nationalmannschaften höhere Entschädigungen von den Verbänden einzufordern. Noch im selben Jahr setzte im Zuge der Europameisterschaft, bei der Deutschland kläglich scheiterte, sich aber Millionen das Finale Frankreich gegen Italien anschauten, bei Hoeneß allmählich ein Umdenken ein. Zumindest in Europa würden Nationalmannschaften nach wie vor Emotionen mobilisieren, meinte er nun, und als die WM 2006 nach Deutschland vergeben war, kam er endgültig zu einer radikalen Umkehr seiner Ansichten. Da die WM im eigenen Land gewaltige Mobilisationseffekte für den Fußball in Deutschland zur Folge haben würde, betrieb er nun eine Transferpolitik, die aus dem FC Bayern einen »FC Deutschland« formen sollte. Mit Oliver Kahn, Kapitän der Nationalmannschaft, und Michael Ballack stellte der FC Bayern seit 2002 wieder wichtige Führungsspieler, 2006 zählten neben Ballack die Bayern-Spieler Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger zu den Stützen der Elf, die schließlich Platz drei erreichte, und nach der WM wechselten weitere Nationalspieler wie Lukas Podolski und Miroslav Klose nach München.
    Uli Hoeneß hatte wieder einmal rechtzeitig den richtigen Riecher gehabt. Manchmal allerdings konnte man seine Transferpolitik, die ja weiterhin auch ein großes Kontingent von Ausländern vorsah, nicht ganz nachvollziehen. Vielleicht wusste er es selbst nicht so richtig. »Wir handeln nach dem Motto: Always do the unexpected«, begründete er im Jahr 2004 seine Entscheidung, mit Vahid Hashemian nach Ali Daei bereits den zweiten Iraner mit umstrittenen fußballerischen Qualitäten an die Isar zu holen. Experten schüttelten den Kopf, als mit Ali Karimi im darauffolgenden Jahr noch ein dritter kam, um in München sein Glück zu suchen. Des Rätsels Lösung kommt man wohl näher, wenn man weiß, dass Karimi als »Asiens Fußballer des Jahres« eine große Popularität besaß: Mit dem Iraner, der sogar für eine Weile überraschend stark aufspielte und insgesamt immerhin 33-mal im Bayern-Trikot auflief, wollte sich der FC Bayern auf dem asiatischen Markt bekannter machen. Während des Wintertrainingslagers 2005/06 in Dubai unternahmen die Bayern für eine Gage von 300.000 Euro einen Tagestrip nach Teheran, um sich in Karimis Heimat vorzustellen. Abgesehen davon, dass die Reise in politischer Hinsicht nicht unproblematisch war, schien sie aus wirtschaftlichen Gründen nicht besonders stimmig. Die interessantesten Märkte in Asien waren und sind Japan und China – und nicht der Iran. Warum also hat man dann nicht gleich einen Japaner oder Chinesen verpflichtet? »Das wäre ein Traum«, so Hoeneß. »Unsere Scouts sind immer unterwegs. Wir wollen aber nicht einen Japaner oder Chinesen aus Marketinggründen, sondern nur, wenn er eine realistische Chance hat, zu spielen.« Ein japanischer Nationalspieler wie Takahara, den der Hamburger SV verpflichtet hatte, war für den FC Bayern jedenfalls nicht gut genug.
    Trotz dieses Mangels an Asiaten im Team ergriff der FC Bayern gezielte Maßnahmen, um seine Position auf dem asiatischen Markt zu verbessern. Im Jahr 2002 betrug der Umsatz des Vereins mit Merchandising in Asien eine halbe Million Euro im Monat, was lächerlich wenig war im Vergleich zu den Marktführern Real Madrid und Manchester United, die ihre Freundschaftsspiele in Asien für zweistellige Millionensummen verkaufen konnten. Aber nicht nur mit der Popularität der Bayern, auch mit der des gesamten deutschen Fußballs war es im Fernen Osten nicht weit her. Während die englische Premier League in Asien bereits dreistellige Millionensummen für die Auslandsfernsehrechte kassierte, brachte es die Bundesliga lediglich auf einen Bruchteil davon. Weil im Auslandsgeschäft so vieles im Argen lag, stellte der FC Bayern im Jahr 2005 mit dem Ex-Journalisten Martin Hägele einen

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