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Das Prinzip Uli Hoeneß

Das Prinzip Uli Hoeneß

Titel: Das Prinzip Uli Hoeneß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Bausenwein
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fc-bayerische Idee vom Fußball.« Uli Hoeneß ist es als Manager nicht gelungen, an dem in der Regel ästhetisch eher armen Erscheinungsbild der Bayern auf dem Fußballplatz Entscheidendes zu ändern. Sie blieben in den Jahren von 1979 bis 2009 eine Mannschaft, die nur selten mit mitreißender Performance die Herzen der Zuschauer erobern konnte. Und dazu fehlte ihnen auch – mit der Ausnahme 2001 – in den entscheidenden Momenten die letzte Cleverness, die einen Gewinner der Champions League stets auszeichnet.
    Das Team um Maier-Beckenbauer-Müller-Roth war ein einzigartiger Glücksfall mit Titelpotenzial, für die folgenden Generationen blieb nur die in viel zu zahlreichen Fällen impotent vorgetragene fc-bayerische Idee des Fußballs: der Versuch, mit minimalen Mitteln ein 1:0 zu erzwingen. Nur mal so als Beispiel: In den vier Europapokal-Endspielen unter Hoeneß (1982, 1987, 1999, 2001) gelang den Bayern nur einziges (!) Tor aus dem laufenden Spiel (Ludwig Kögls 1:0, 1987), ansonsten gab es in der regulären Spielzeit nur noch zwei weitere Bayern-Treffer (Baslers Freistoß zur 1:0-Führung 1999, Effenbergs Elfmeter zum 1:1-Ausgleich 2001). Eine wahrlich magere Bilanz – und doch hätten sowohl 1987 wie 1999 nur ein wenig mehr Konzentration, Mumm und Können genügt, um das 1:0 über die Zeit zu schaukeln und sich den Pott zu sichern.
    Die Hoeneß’sche Dauer-Klage, dass brillanter Fußball von europäischem Spitzenformat mit den Mitteln des FC Bayern nicht zu finanzieren ist, hat ihre Berechtigung, reicht aber allein zur Erklärung des Bayern-typischen Minimalisten-Stils sicher nicht aus. In jedem Fall ist die Hoeneß’sche Dauerfixierung auf den kurzfristigen Erfolg in die Analyse mit einzubeziehen. Die Strategie des Managers war nie mit aller Konsequenz auf geduldigen Aufbau und langfristige Konzepte angelegt. So blieb das markanteste Erkennungsmerkmal der Bayern das pure Streben nach dem raschen Erfolg – mit dem bekennend erfolgssüchtigen Uli Hoeneß als Hauptprotagonisten und Aushängeschild dieser Philosophie. Vielleicht, mag man mutmaßen, waren seine aggressiven Ausfälle ein wenig dem Frust geschuldet, den die dauerhafte Konfrontation mit dem Unzulänglichen bedeutet. Alle, natürlich auch er selbst, konnten sehen, dass auf dem Platz allzu oft etwas fehlte. Um die Wahrheit des drögen Bayern-Spiels zu verbergen und zu ertragen, musste er nach vorne preschen. Und so wurde aus dem Mangel an Spielkultur eine Bereicherung der Fußballkultur in Form brillanter Hoeneß’scher Verbalattacken.
    Seit November 2009 ist die »Abteilung Attacke« nun im Vorruhestand. Und es mutet etwas kurios an, dass die Bayern unter Trainer Louis van Gaal punktgenau ab dem Moment zuweilen geradezu brillanten Fußball zu spielen begannen, als Uli Hoeneß auf den Präsidentenstuhl gewechselt war. Der zu einem moderaten und diplomatischen »Elder Statesman« mutierte Ex-Krieger von der Bayern-Bank durfte plötzlich jenen Fußball sehen, von dem er immer geträumt hatte – dominant, mit schönen Ballstaffetten und ausgeklügeltem Positionsspiel, und getragen nicht nur von teuer eingekauften Ausnahme-Könnern wie Arjen Robben, sondern auch von alten und jungen Talenten aus der Bayern-Jugend (Bastian Schweinsteiger als Stratege vor der Abwehr, Thomas Müller als hängende Spitze, Holger Badstuber als zuverlässiger Innenverteidiger). Erstmals reüssierten die Bayern (vor den biederen Schalkern) für die große Mehrzahl der Fans als ein »Meister der Herzen«; sie wurden bewundert, als sie mit grandioser Souveränität den Pokal holten (4:0 gegen Werder Bremen); und sie lösten Begeisterung aus, als sie mit teils furiosem Angriffsfußball (wie beim 3:0 im Halbfinale gegen Lyon) ins Endspiel der Champions League einzogen. Und als sie dort von Mourinhos Inter Mailand auf eine Weise geschlagen worden waren, die man früher als Bayern-typisch bezeichnet hätte – nämlich mit disziplinierter, kalter und gnadenloser Effizienz –, waren selbst ehemalige Bayern-Hasser betrübt.
    Der Lieblingsfeind Nummer eins
    Die Bayern, und mit ihnen Hoeneß, waren schon lange verhasst – doch am Beginn der Karriere des professionellen Provokateurs Hoeneß stehen ganz konkrete Ereignisse im Duell mit dem Dauerkonkurrenten aus dem Norden, Werder Bremen. Die Saison 1985/86 begann mit einem Paukenschlag: Beim Auftaktspiel der Bayern in Uerdingen knallte Helmut Winklhofer den Ball aus 25 Metern ins eigene Tor. Die ganze Fußballnation lachte und

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