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Das Prinzip Uli Hoeneß

Das Prinzip Uli Hoeneß

Titel: Das Prinzip Uli Hoeneß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Bausenwein
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Uli Hoeneß tobte, als der Treffer auch noch zum »Tor des Monats« gewählt und der Torschütze ins Sportstudio eingeladen wurde: »Eine bodenlose Frechheit, ihn auch noch einzuladen. Wir dürfen uns nicht mehr gefallen lassen, dass die vom Fernsehen uns verarschen. Wir müssen wieder arroganter werden.«
    Trotz allem Manager-Zorn und trotz aller Arroganz aber waren die Bremer Tabellenführer, als es am 16. Spieltag zum direkten Duell im Münchner Olympiastadion kam. 37.000 Zuschauer erlebten an diesem 23. November 1985 einen 3:1-Sieg der Bayern, zudem aber auch, wie die sportliche Konkurrenz zweier Fußballvereine in eine langjährige offene Feindschaft umschlug. Es lief die 28. Spielminute, als Rudi Völler, damals Deutschlands unumstrittener Torjäger Nummer eins, den Ball in vollem Lauf an Klaus Augenthaler vorbeispitzelte und dieser ihn erbarmungslos von den Beinen holte. Völler erlitt einen Adduktorenanriss, musste zwei Mal operiert werden und fiel ein halbes Jahr aus. Das Bremer Unverständnis über Schiedsrichter Theobalds Entscheidung, dieses rüde Einsteigen nur mit Gelb zu ahnden, kommentierte Bayern-Trainer Udo Lattek mit einer provokanten Umkehrung von Ursache und Wirkung: »Spielen Sie mal gegen einen Rudi Völler. Gegen so einen Mann den Ball zu spielen, das ist unmöglich; der ist zu schnell.« Uli Hoeneß sprach von einem »Allerweltsfoul« und versuchte, der schnoddrigen Bemerkung Latteks die polemische Spitze zu nehmen: »Völler hatte sich den Ball weit vorgelegt. Augenthaler versuchte, den Ball zu treffen. Die Erfolgsaussicht war gut, deshalb war der Versuch legitim. Was Augenthaler falsch berechnete, war die Geschwindigkeit von Völler. Deshalb erwischte er ihn unglücklicherweise am Fuß.« Genauso wie Augenthaler unschuldig, so sei auch der spätere Platzverweis für den Bayern-Spieler Matthäus unberechtigt gewesen: »Matthäus wurde von Pezzey hart am gerade erst operierten Knie getroffen. Der Schreck und die Angst, nun sei das Knie wieder kaputt, versetzten Matthäus für Sekunden in eine psychische Ausnahmesituation. Als er auf Pezzey losging und heftig über ihn drüberstieg, handelte er im Affekt.«
    Die rüden Bayern waren nach der Partie bis auf einen Zähler an die Norddeutschen herangerückt. Den Rest der Saison – und noch darüber hinaus – herrschte eine eisige Atmosphäre zwischen den beiden Spitzenklubs. Bremens Manager Willi Lemke Jahre später: »Nach unserem 1:3 in dieser derart aufgeheizten Atmosphäre sind wir völlig deprimiert nach Bremen zurückgefahren. Für das jahrelang belastete Verhältnis zu den Bayern ist hier das Fundament gelegt worden.« Ab diesem Zeitpunkt, so Lemke, habe er den Bayern und vor allem Uli Hoeneß »immer volles Rohr Gegenwind« gegeben.
    Am 22. April 1986, dem vorletzten Spieltag, kam es im Weserstadion zum Showdown. Es ist die 88. Minute, das Spiel steht 0:0. Seit ein paar Minuten ist Völler im Spiel. Seinem ersten seit dem Foul von Augenthaler im Hinspiel. Bremen ist bei einem Sieg Meister, die Bayern haben zwei Punkte Rückstand. Völler spitzelt den Ball im Strafraum Sören Lerby an die Hand. Schiedsrichter Volker Roth zeigt nach einigen Sekundenbruchteilen auf den Punkt. Nach zwei schier endlos langen Minuten schreitet Michael Kutzop zur Tat. Kutzop ist der sicherste Elfmeterschütze der Liga, er hat noch nie vom Punkt versagt. Jetzt hat er den Titel auf dem Fuß. Kurzer Anlauf, Schlenzer mit rechts halbhoch ins rechte Eck. Pfaff steht wie angewurzelt da. Kling! Der Ball springt an den Außenpfosten, das Spiel endet 0:0, die Saison für Bremen in der Tragödie. Eine Woche später verliert Werder beim VfB Stuttgart 1:2, während die Bayern Borussia Mönchengladbach mit 6:0 demütigen und sich auf der Zielgeraden noch die Schale sichern.
    Die Bayern feierten im Schickeria-Lokal St. Emmerans-Mühle bei Oberföhring. Unter den Gästen war auch Franz-Josef Strauß. »Ich freue mich wie ein Kind über die Meisterschaft«, tat der Ministerpräsident und CSU-Chef kund. Uli Hoeneß war ebenso beglückt: »Dass Herr Strauß heute Abend da ist, das ist für mich die größte Freude.« Im Rausch des Festes rechnete er dann mit Willi Lemke ab. »Ein Volksverhetzer ist das«, schimpfte er und meinte, im Verlauf dieser Saison habe er »gelernt zu hassen«. Nicht die Bremer überhaupt oder deren Trainer Rehhagel oder den Präsidenten Böhmert, sondern einen ganz bestimmten Mann, den Manager Willi Lemke. »Dieser Mann hat uns als Feindbild aufgebaut.

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