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Das Prinzip Uli Hoeneß

Das Prinzip Uli Hoeneß

Titel: Das Prinzip Uli Hoeneß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Bausenwein
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das sage ich jetzt mit Respekt. (…) Ich wäre fast gestorben damals, als Sie gesagt haben: Wir müssen arroganter werden.« Hoeneß versuchte den Ball zurückzuspielen, allerdings war er da nicht so recht überzeugend: »Wir polarisieren nicht, das machen schon Sie, Herr Lemke. Sie stellen uns als Millionarios hin. Sie haben ja auch schon den Klassenkampf proklamiert – das hat zur Polarisierung geführt.«
    Lemke hat das Spiel mitgemacht, aber Hoeneß ist mit Sicherheit immer der virtuosere Angriffsspieler gewesen. »Angriffsmarketing« sei die wahre Passion des Bayern-Managers, meinte denn auch das »Manager-Magazin« im Jahr 2005, auf diesem Gebiet erreiche er seine wahre Meisterschaft. Angriffsmarketing meint: Es ist besser, geliebt oder gehasst zu werden, denn nur »arrogante Sieger« haben eine emotionale Signalwirkung, Schwammigkeit dagegen bringt keinen Aufmerksamkeits-Mehrwert. »Wir haben mal diskutiert, ob wir uns mehr um die bemühen sollen, die uns nicht mögen«, erzählte Karl-Heinz Rummenigge dem Magazin. »Aber wir haben uns dagegen entschieden. Die Menschen sollen doch am Arbeitsplatz über uns diskutieren. Das kommt unserer Marke zugute.« Der arrogante, tobende und provozierende Hoeneß ist also nicht nur ein emotionales Enfant terrible, sondern ebenso ein überlegter Stratege, der als professioneller Provokateur das Markenprofil schärft.
    Aber hat man mit dieser Analyse tatsächlich schon den ganzen Hoeneß erfasst? Ist er wirklich ein derart durchtriebenes Marketing-Genie? Ganz so clever, wie er gerne sein möchte, ist Uli Hoeneß vielleicht doch nicht. Viel an der Selbstdarstellung der Bayern ist bewusst inszeniertes Theater, aber völlig durchprogrammiert ist es sicher nicht. Erstens gerieren sich die Bayern-Granden häufig eher als Laienspieltruppe denn als Profis auf dem Niveau von Hollywood. Zweitens ist Hoeneß zwar ein gewiefter Taktiker und berechnender Methodiker der Macht, der exakt kalkuliert seine Hiebe verteilt und die Gegner je nach Bedarf mit starken Sprüchen kitzelt, doch er bleibt dabei eben zugleich ein Choleriker. Seinen Hitzkopf hat er nicht immer unter Kontrolle, und manchmal wird er wohl sogar für sich selbst unberechenbar. »Hoeneß zählt zu den wenigen Menschen, die Affekt und Effekt miteinander verbinden«, urteilte der »Stern«, und vielleicht kommt das der Wahrheit am nächsten. Der Bayern-Manager ist heiß- und kaltblütig zugleich, die Vermischung von Leidenschaft und Machtkalkül wird bei ihm nachgerade zum Prinzip.
    Fest steht, dass jeder, der sich mit Hoeneß anlegt, mit einem aggressiven Contra rechnen kann. Hoeneß ist ein Alphatier, einer, der keiner Beißerei aus dem Weg geht. Und vielleicht besteht sein Geheimnis vor allem darin, dass man ihn selbst dann, wenn er durchaus berechnend vorgeht, noch als authentisch wahrnimmt. Der Bayern-Manager erscheint kernig und echt, von erdigen Trieben bestimmt. So etwas ist im Zeitalter aalglatter Managertypen selten geworden, und deswegen wirkt Uli Hoeneß wie ein Gefühls-Dinosaurier, der seinerseits – im Erstaunen, im Erschrecken, im Hassen, aber auch im Bewundern – starke Emotionalität hervorruft. Kurz: Der berechnende Bauchmensch Uli Hoeneß ist ein großes Medienereignis und als solches eigentlich unbezahlbar.
    Die Sehnsucht, kein böser Bube mehr zu sein
    Zwischendurch konnte man den Wüterich im Zeichen der Bayern durchaus einmal sanft erleben. Manchmal zeigte er sich als ein fairer Sportsmann, so im Jahr 2000, als die Bayern nur aufgrund der Tordifferenz in einem der knappsten Meisterschaftsrennen überhaupt den Titel holten. Da war Hoeneß in der Lage, den unterlegenen Leverkusenern und ihrem Trainer Daum generös sein Mitleid zu versichern: »Es war vor allem Glück dabei. Weil wir zugeben müssen, dass die Leverkusener in der Rückrunde absolut ebenbürtige Gegner waren; sie hätten den Titel genauso verdient gehabt.« Manchmal nahm er sich vor, seine Aggressivität zurückzunehmen. »Ich erschrecke ja selbst, wenn ich mich dann im Fernsehen sehe: so aggressiv, so laut. Was auch daran liegt, dass ich im Stadion vor einem Mikrofon oft gegen den Lärm anbrüllen muss. Wenn ich dagegen Vorträge halte, kommen oft Leute hinterher beim Bier zu mir und sagen, sie können gar nicht glauben, dass dies derselbe Hoeneß ist, der samstags in der Sportsendung zu sehen ist.« Und manchmal war er seiner Rolle als Buhmann schlicht und einfach müde geworden. »Ich bin immer der Prügelknabe, immer der

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