Das Prinzip Uli Hoeneß
Buhmann«, beschwerte er sich etwa im Jahr 1998, als er nach seiner Attacke auf den Schiedsrichter Krug heftigem Gegenwind ausgesetzt war. Doch der Schwur, fortan einen »smarten« Uli Hoeneß ohne Kampfeslust zu geben, zeigte keine lange Wirkung. Ein »Konzept der Harmonie« mit weichgespülter Kommunikation war nicht wirklich sein Ding, auch wenn er mit dem Älterwerden empfindlicher zu werden schien. Im April 2004 gestand er dem »Stern«, es falle ihm immer schwerer, die anhaltende Konfrontation mit dem offenen Hass so vieler Leute zu ertragen. Die »Abteilung Attacke« des FC Bayern war »harmoniesüchtiger« geworden und bekannte: »Ich will nicht mehr jeden Tag der böse Bube sein.« Aber der Bayern-Manager konnte nicht verhindern, dass die Aggressionen immer wieder aus ihm herausschwappten. Uli Hoeneß blieb eben Uli Hoeneß.
Seitdem Daum in der Drogenaffäre gestürzt war und Lemke sich bei Werder verabschiedet hatte, waren kaum mehr ebenbürtige Gegner da, an denen er sich hätte reiben können. Selbst im Verhältnis zu den alten Erzfeinden, den Bremern, herrschte nun ein Ton, aus dem jedes Gift herausgenommen war. Der neue Manager Klaus Allofs führte sich nicht als Klassenkämpfer auf, er machte seinen Klub nicht künstlich klein, sondern formulierte ganz klar den Anspruch, Werder zu einer Topadresse in Europa zu machen. Einen Allofs konnte Hoeneß akzeptieren, und so wurde die alte Rivalität jetzt in ritterlicher Form ausgetragen, jedenfalls in der Regel. 2003/04 spielte Werder die berauschendste Saison der Vereinsgeschichte, führte am 30. Spieltag mit sechs Punkten vor den Bayern, und dennoch betonte ein entspannter Hoeneß, dass er mit Werders Manager Klaus Allofs und dem Vorsitzenden Jürgen Born »ein sehr gutes Verhältnis« habe. »Wenn die Meister werden, bin ich der Erste, der die anruft und gratuliert.« Eine kleine Stichelei gegen die aktuelle Bremer Führung konnte er sich dennoch nicht verkneifen: »Die Meisterschaft für Bremen wäre ein Produkt aus sehr professioneller Arbeit. Aber ich glaube nicht, dass Werder uns auf Dauer gefährlich werden kann.«
Zwei Spieltage später, nach einem 6:0 der Bremer gegen den HSV, schlug Hoeneß wieder aggressivere Töne an. »Das ist eine wahnsinnige Sauerei vom HSV, dass er sich in dieser Phase so abschlachten ließ. Dafür habe ich kein Verständnis. Bereits vor zehn Jahren hat der HSV die Bremer schon einmal so zum Meister gemacht«, schimpfte er in altbekannter Manier und erinnerte an das 5:0 Werders in der Saison 1992/93. Wenig später dementierte er immerhin den vermeintlichen Vorwurf der Schiebung: »Nein, das habe ich nie behauptet. Und ich habe das Wort Schiebung auch nie in den Mund genommen.« Doch seine Versuche, die Bremer auf dem Weg zur Meisterschaft noch zu verunsichern, setzte er fort. Werder habe nur zwei der letzten sechs Spiele gewonnen, trommelte er vor dem direkten Duell gegen den Rivalen zum Kampf. »Nächste Woche wird sich zeigen, wie nervös sie wirklich sind. Dann werden wir auch sehen, wer die beste Mannschaft in Deutschland ist. Wir müssen die jetzt mit drei, vier Toren Unterschied wegfegen und richtig niedermachen. Dann wird es noch mal richtig spannend.« Die Begegnung im Olympiastadion geriet für ihn zu einer einzigen Frustration. Nach 35 Minuten stand es 0:3, Endstand 1:3. Die Bayern waren entmachtet worden, und das in einem Heimspiel. Wie ein Häufchen Elend hockte er auf der Bank, zerknirscht und bis ins Mark getroffen. Nach dem Schlusspfiff aber besann er sich auf die Gebote des Fairplay, schüttelte seinen Widersachern die Hände und gab danach auch noch eine halbseitige Anzeige im Bremer »Kurier am Sonntag« auf. »Wer am 34. Spieltag oben steht, hat den Titel verdient«, stand da. »Herzlichen Glückwunsch, SV Werder Bremen«. War die »Abteilung Attacke« tatsächlich müde geworden?
In mancherlei Hinsicht schien Werder, das nun durch vermehrte Einnahmen aus der Champions League nicht mehr zu Notverkäufen seiner besten Spieler gezwungen war, inzwischen sogar besser als der große Konkurrent aus dem Süden: Die Nordlichter wurden gelobt für das modernere Management, die trefflicheren Transfers, den schöneren Spielstil. Hoeneß hatte also durchaus Grund für die Befürchtung, dass ihm der smarte Allofs als Manager den Rang ablaufen könnte. Nachdem die Bremer im Herbst 2006 sich wieder an die Tabellenspitze vorgearbeitet hatten, brach denn die in Jahrzehnten antrainierte Siegerarroganz auch wieder
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