Das Prinzip Uli Hoeneß
gepolte Unternehmen FC Bayern in besonderer Weise ein soziales Gewissen bewahrt. Hoeneß wirkte dabei vor allem in seiner Anfangszeit eher als stiller Helfer und trug die Belege für seine Menschlichkeit kaum einmal gezielt in die Medien. »Wer mich kennt«, meinte er lapidar, »der weiß es.« Dem Ruf des FC Bayern hätte es sicher gut getan, wenn er in diesem Punkt eine offensivere Öffentlichkeitsarbeit betrieben hätte.
Der Freund der Spieler
Beim FC Bayern, stellte Uli Hoeneß schon in jungen Managerjahren klar, werde jeder Spieler »wie ein Sohn der Familie« behandelt. Der FC Bayern sei professionell geführt, also rational und rationell, aber zugleich immer auch menschlich. Und menschlich bedeutete für ihn: »Ich muss die Jungs triezen bis zum Gehtnichtmehr. Solange sie gut, solange sie gesund sind. Und ich muss sie verhätscheln, ihnen helfen, wenn es ihnen schlecht geht.« Selbstverständlich herrschte innerhalb eines Mannschaftskaders immer das knallharte Leistungsprinzip, selbstverständlich blieb der FC Bayern immer erfolgs- und profitorientiert, aber wenn ein Spieler unverschuldet, etwa durch Verletzungen, Krankheiten oder private Probleme, nicht mehr so viel leisten konnte, ließ ihn der Verein nie allein. »Ich bin nicht der 100. Claqueur, wenn einer vier Tore erzielt, aber der Erste, wenn einer im Krankenhaus liegt und Hilfe braucht«, brachte der Sozialmanager seine Prioritäten auf den Punkt. Tatsächlich hat er sich im Umgang mit Bayern-Spielern, die aus unterschiedlichen Gründen ins Straucheln gekommen waren, regelmäßig – und nicht etwa nur in seltenen Ausnahmefällen – mitfühlend und äußerst hilfsbereit gezeigt.
Ein typisches Beispiel dafür ist der »Fall Hamann«. Am Abend des 6. März 1997 hielt Uli Hoeneß gerade einen Vortrag in Ottobrunn, als er von seiner Frau die Nachricht erhielt, der damals 23 Jahre alte Bayern-Spieler Dietmar Hamann sei mit Verdacht auf Schlaganfall ins Krankenhaus eingeliefert worden. Hoeneß brach sofort seinen Vortrag ab, fuhr ins Krankenhaus und blieb dort bis ein Uhr nachts. Um den Spieler zu schonen, hielten die Vereinsverantwortlichen den Namen der Klinik geheim.
Typisch für Hoeneß war auch die Haltung, die er im Januar 2003 zeigte, als er zum ersten Training der Bayern-Profis nach der Winterpause einen tragischen Vorfall bekannt gab. Bayern-Verteidiger Samuel Kuffour, Nationalspieler Ghanas, habe nur wenige Stunden nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub, den er in seiner Heimat verbracht hatte, die Nachricht von einem tragischen Unglück erhalten: Seine erst 15 Monate alte Tochter Godiva war in einem Schwimmbad ertrunken. »Er war total schockiert«, berichtete ein sichtlich betroffener Hoeneß und organisierte umgehend eine Privatmaschine des Klubs, die Kuffour noch am selben Tag zurück in die ghanaische Hauptstadt Accra brachte. »Das ist eine sehr traurige Nachricht und ein schlechter Beginn des Jahres 2003 für uns«, schloss der Bayern-Manager die zu dem Vorfall anberaumte Pressekonferenz und lehnte es ab, noch zu irgendwelchen sportlichen Fragen Stellung zu nehmen. »Es macht jetzt keinen Spaß, über andere Dinge zu diskutieren. Alles andere ist im Moment nicht wichtig.« Das Flugzeug stand vier Tage vor Ort, bis die Familie in der Lage war, wieder nach Deutschland zurückzureisen. Kuffour wurde freigestellt, den Zeitpunkt selbst zu bestimmen, wann er wieder mit dem Training beginnen wollte.
Die wohl bekannteste der Hoeneß’schen Hilfsaktionen betraf Mehmet Scholl. Als der 26-jährige »Scholli« von seiner Frau verlassen wurde und in seiner Verzweiflung aus dem Ruder lief – einmal legte er sich während eines Skiausflugs der Bayern in einer Disko mit einem Gast an –, nahm ihn Hoeneß unter seine Fittiche und bot ihm sogar an, vorübergehend bei ihm zu Hause einzuziehen. »Die Kinder sind ja aus dem Haus, die Zimmer wären frei.« Einige Zeit später, als der häufig verletzte Scholl wieder einmal – diesmal nach einer Bandscheibenoperation – ausgefallen war, erhielt er noch im Krankenhaus ein Angebot zur Vertragsverlängerung. »Mehmet hat unser Signal. Und wir kennen uns lange genug, dass wir unser Wort halten«, meinte der Bayern-Chef, und Scholl dankte es ihm mit Vereinstreue und herzzerreißenden Bekenntnissen. »Wir haben mit Uli Hoeneß einen so menschlichen Manager, der so viel Herz und so viel Wärme hat, das ist unglaublich.«
Bei Hamann, Kuffour und Scholl handelte es sich um aktive Spieler, von denen der FC
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