Das Prinzip Uli Hoeneß
einer Umwandlung des FC Bayern in eine Aktiengesellschaft lange Zeit sehr skeptisch gegenüber. Dass der FC Bayern als Aktiengesellschaft einen Teil seiner Eigenständigkeit aufgeben würde, nannte er als einen wichtigen Kritikpunkt. Genauso wichtig sei aber: »Wir könnten weniger menschlich handeln. Dazu gehört auch, dass wir verdienten Spielern wie Gerd Müller, die einmal Probleme hatten, helfen. Als Vereinsmanager habe ich bei einer Jahreshauptversammlung kein Problem, wenn einer fragt, was macht der Gerd Müller eigentlich genau für sein Gehalt. Als Manager einer AG schon.« Als die AG dann da war, beharrte er noch immer auf seinen Prinzipien. Im Falle eines Börsengangs, meinte er trotzig, gehe es die Aktionäre einen Dreck an, ob jemand beim FC Bayern einen Gehirntumor oder Ähnliches habe, auch wenn es kursrelevant sei: »Das würde ich nie sagen, dann sollen sie mich eben rausschmeißen.«
Hoeneß wollte den FC Bayern führen wie seine »eigene Company, wo die soziale Komponente an erster Stelle steht«. Anders, meinte er, würde ihm der Job keinen Spaß machen. Als Ergebnis dieser Fürsorge stellte sich bei den Angestellten eine Motivation und Identifikation mit dem eigenen Verein ein, die in der Bundesliga ihresgleichen sucht. Das gute Arbeitsklima beim FC Bayern hob auch Karin Potthoff hervor, die Sekretärin von Uli Hoeneß. Sie beschrieb ihren Chef, den »absoluten Schnelldenker«, zwar als »manchmal etwas ungeduldig«, ansonsten aber sei er stets ausgleichend und selbst in schwierigen Zeiten immer freundlich; ganz gleich, welcher Skandal gerade Schlagzeilen mache, auf das Büro wirke sich das nicht aus. Als weitere positive Eigenschaften fielen ihr die Attribute »großzügig, tolerant, zuverlässig« ein. Das entsprach ganz Hoeneß’ Selbsteinschätzung, der »Ungeduld« als seine größte Schwäche sowie »Zuverlässigkeit und Beharrlichkeit« als seine größten Stärken bezeichnete. Hoeneß wiederum war seinerseits sehr zufrieden und wusste die Frau in seinem Vorzimmer mit besonderen Gesten zu ehren. Einmal unterbrach er sogar seinen Urlaub, um sie zu einem Geburtstagessen ins Nobelrestaurant »Käfer« einzuladen. Ein Chef zum Träumen, könnte man meinen, ein Chef zudem, der mit sich im Reinen war. Die Frage nach seinem Lebensziel beantwortete er einmal mit einem entwaffnend schlichten Bekenntnis zu seiner Selbstzufriedenheit: »So zu bleiben, wie ich bin.«
Der FC Bayern als Wohltäter der Bundesliga
Nicht nur die Bayern-Profis, auch die Spieler anderer Vereine konnten sich auf das große Herz des Uli Hoeneß verlassen. Verletzte sich ein Profi eines anderen Klubs schwer, schickte er im Namen des FC Bayern Blumengrüße, oder er ließ seinen Klub gleich zu einem Benefizspiel antreten, so etwa im Januar 2003 in Wolfsburg zugunsten einer Stiftung des an einer progressiven Nervenkrankheit leidenden (inzwischen verstorbenen) Ex-Profis Krzysztof Nowak. Wenn irgendwo jemand Not leide, so die »FAZ«, dann sei »auf Hoeneß mit seinen Bayern Verlass«. So war es auch, als die Bayern einige Tage vor dem Beginn der Saison 2001/02 am Benefizspiel zugunsten des HSV-Sportinvaliden Karsten Bäron teilnahmen und der damalige HSV-Sportchef Holger Hieronymus kommentierte, es sei »schon außergewöhnlich, dass der FC Bayern München sich so selbstverständlich zur Verfügung stellt«. Der Hamburger Bäron hatte 1994 einen Vertrag in München unterschrieben, hatte die Bayern aber dann nach einem halben Jahr um Vertragsauflösung gebeten. Als Bäron dann Sportinvalide geworden war, hatte sich Hoeneß an den Beinahe-Bayern erinnert und dem HSV das Spiel vorgeschlagen. »Bäron hat 500.000 Mark bekommen, und wir haben einen Menschen glücklich gemacht«, freute er sich hernach.
Neben solchen direkten Hilfeleistungen für Spieler haben die Bayern etliche Vereine oft auch indirekt unterstützt, in der Regel durch die Zahlung von weit über dem Marktpreis liegenden Ablösesummen. Zwar wurden die Münchner von ihren nationalen Konkurrenten immer wieder als große Räuber mit dicken Schecks gebrandmarkt – fest steht aber, dass viele Klubs gerade wegen dieser dicken Schecks nicht schlecht vom Branchenführer profitierten und damit dem Bayern-Manager die Gelegenheit verschafften, sich als nebenamtlicher Spendengeber der Bundesliga in ein günstiges Licht zu stellen. Im Jahr 1990 kommentierte Hoeneß seine Einkäufe mit den Worten: »Alle drei Vereine, die wir in diesem Jahr mit unserem Geld beglückt haben,
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