Das Prinzip Uli Hoeneß
professionalisierte, hängte er sein Engagement bis zu der groß aufgezogenen St.-Pauli-Aktion kaum einmal an die große Glocke. Dass das Bild des zweiten, des sozialen Hoeneß so lange im Schatten der öffentlichen Wahrnehmung stand, war in Anbetracht der zahllosen Benefizspiele der Bayern, die ja schon in den achtziger Jahren nicht im Geheimen abliefen, dennoch einigermaßen erstaunlich. Einige Beispiele: Im September 1982 traten die Bayern in Schönaich für die Hinterbliebenen einer Buskatastrophe an, wobei der Manager persönlich für eine Mindestsumme von 50.000 DM garantierte; als Anfang Dezember 1988 in Remscheid ein Flugzeug abstürzte, sagte Hoeneß spontan die Teilnahme seiner Bayern bei einem Benefizspiel zu; und 1990 organisierte er im Münchener Olympiastadion ein Spiel des FC Bayern gegen die Nationalmannschaft der UdSSR, um einen Beitrag gegen die Hungersnot in der Sowjetunion zu leisten. In der »Sport-Bild« warb er für das Ereignis: »Zunächst hatte ich aus meiner Firma fünf Tonnen Bratwürste gespendet. Als ich merkte, wie schwierig die Übergabe ist, kam die Idee mit dem Spiel. Ich rief den Bundeskanzler an. Seine Mitarbeiterin Juliane Weber gab mich weiter an Horst Teltschik. Innerhalb eines Tages hatte der Kanzlerberater in Moskau dafür gesorgt, dass die sowjetische Nationalmannschaft anreist. Helmut Kohl hilft mit, dass das Geld an die richtige Adresse kommt. Der Kanzler selbst wird – für 30 Mark Eintritt – ins Stadion kommen.« Und so ließen sich noch viele Beispiele anführen bis hin zu dem von einer Fitnesskette für eine Million Euro ersteigerten Benefizspiel für die Organisation »Ein Herz für Kinder« im Juli 2009. Die Veltins-Arena in Gelsenkirchen war fast ausverkauft, als recht humorlose Bayern einer von Oliver Pocher betreuten Klamauktruppe 13 Tore einschenkten.
Hoeneß wurde nie müde, Benefizaktionen des FC Bayern zu starten – für UNICEF, amnesty international, Ärzte ohne Grenzen, Krebskranke etc. –, aber auch schon mal, so im Januar 2009, für einen kulturellen Zweck wie die Restaurierung des Mainzer Doms. Zugleich griff er regelmäßig in die eigene Spendentasche, und das nicht erst, seit er anlässlich seines 50. Geburtstags im Januar 2002 angekündigt hatte, »über die kommenden Jahre, die ich noch beim FC Bayern arbeite, eine Million Mark für wohltätige Zwecke zu spenden«. Sein Einsatz reichte von der Versteigerung seiner Fußballschuhe nach der WM 1974 zugunsten der Sporthilfe bis hin zu den 20.000 Euro, die er 2005 bei seiner »Abmagerungs-Wette« mit den Spielern Salihamdzic und Jeremies gewann und dann für die Tsunami-Opfer spendete. Einige weitere Beispiele für Hoeneß’ wohltätiges Engagement: An die Afrika-Hilfe überwies er 30.000 DM; dem »Münchener Bündnis gegen Rechts« spendete er 50.000 DM; er half Erdbebenopfern in Indien; 1999 spendete er aus seinem Privatvermögen 100.000 DM für die Opfer des Krieges im Kosovo; der Irak-Hilfe ließ er ebenfalls eine sechsstellige Summe zukommen; 3.000 DM zahlte er spontan aus eigener Tasche für die Kinderkrebsabteilung der Uniklinik Marburg; und als Münchens ehemaliger Torjäger Giovane Elber Kalender für sein Hilfswerk zu Gunsten notleidender brasilianischer Kinder vorstellte, erklärte sich Hoeneß spontan bereit, eine vierstellige Zahl der Exemplare zu kaufen.
Je mehr Geld er auf die Seite gebracht hatte, desto mehr spendete Hoeneß in einzelnen Aktionen und für wohltätige Organisationen, und immer tat er es spontan. Er wolle Gutes tun, meinte er, dies aber »ohne eigene Stiftung, aus dem Bauch heraus«. Die Freiheit, seinen mitfühlenden Emotionen je nach Situation nachzugeben, wollte er sich immer erhalten, nur so blieb ihm die Lust am Spenden garantiert. »Wenn ich morgens aufwache und sehe im TV die leidenden Kinder im Irak – dann nehme ich den Hörer in die Hand. Oder für die Hochwasser-Opfer. Es macht mir Spaß, einen Scheck über 50.000 Euro auszuschreiben, wenn ich damit etwas bewirken kann.« Manchmal verspürte er auch schon mal den Impuls, es nicht bei einer Überweisung zu belassen. »Ich kann mir vorstellen, für einige Wochen in Krisengebieten wie dem Irak oder Afghanistan zu schuften. Das tut dem Körper und dem Geist gut. Allerdings nur, solange dort nicht geschossen wird. Ein Selbstmörder bin ich nicht.«
Von einem Hoeneß-Einsatz in einem Krisengebiet ist zwar bis jetzt noch nichts bekannt geworden, dafür aber von äußerst engagierten Spontan-Missionen, die
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