Das Prinzip Uli Hoeneß
Firma, die nach den Anfangsbuchstaben der Namen der beiden Gründer benannt wurde: »Ho« wie Hoeneß und »We« wie Weiß. Während seines kurzen Engagements beim 1. FCN 1978/79 hatte sich Uli Hoeneß mit Werner Weiß angefreundet, dem damaligen Wirt des von den Club-Spielern gern besuchten »Kontiki« in der Nürnberger Altstadt. Der Kontakt riss nie ab, und einige Jahre später war aus Weiß, der als Metzger selbst Nürnberger Bratwürste herstellte, ein Geschäftspartner geworden. Die beiden begannen mit 15 Angestellten im Nürnberger Vorort Buchenbühl und steigerten die Produktion, bis der Betrieb schier aus allen Nähten platzte und dann auch aus hygienischen Gründen bedenklich zu werden drohte. 1991 zog die Firma in ein flaches, schmuckloses Gebäude am Nürnberger Hafen um. »Jetzt haben wir Platz«, frohlockte Hoeneß-Kompagnon Weiß, »liegen verkehrsgünstig und sind, was die Hygiene betrifft, auf dem neuesten Stand.« Die tägliche Produktion stieg auf 15 Tonnen – das bedeutete 750.000 Bratwürste –, HoWe avancierte neben Schlütter, Wolf und Kupfer zum größten Produzenten der Nürnberger Spezialität und beschäftigte in den Saisonspitzen bis zu 300 Angestellte.
Als Würstchen-Millionär also konnte der Metzgersohn Hoeneß vor seinen Vater treten: Was er in seiner Würstchen-Fabrikation an einem Tag umsetzte, 150.000 DM, war für seinen Vater zu mancher Zeit der hart erwirtschaftete Jahresumsatz. Der Vater starb im August 1998 – Hoeneß’ Mutter überlebte ihn nur um zwei Monate –, aber die hochmoderne Würstchenfabrik hatte er noch bestaunen dürfen: »Mein Vater hat Augen gemacht, als er zum ersten Mal die Fabrik sah«, erzählte Sohn Uli voller Stolz, »wie sauber das hier ist und wie hygienisch.« Geschäftsführer ist inzwischen Hoeneß’ Sohn Florian, der im Sommer 2002 als damals junger Bankkaufmann in die Firma einstieg. Seitdem versteht sich der Senior als »Supervisor«, der sich in München täglich über den Gang der Geschäfte informieren lässt.
Drei Personen waren neben Uli Hoeneß für die Gründung der Firma HoWe entscheidend: Das waren neben dem Metzger Werner Weiß aus Nürnberg ein Einkäufer von Aldi, den er 1974 über den Vertrieb seiner WM-Bücher kennen gelernt hatte, sowie ein Mann aus dem Beirat des FC Bayern, der Wurstfabrikant Rudolf Houdek aus Starnberg. Der Großmetzger hatte mit seiner Spezialität, der »Original Houdek Kabanos«, den Geschmacksnerv der Bevölkerung getroffen und damit ein Vermögen gemacht. Nun wollte er gern seinen Leberkäse an Aldi verkaufen und bat daher seinen Freund Uli Hoeneß, den Kontakt zu dem Einkäufer herzustellen. »Beim dritten oder vierten Besuch fragte ihn dann der Einkäufer«, so Hoeneß, »ob er auch Original Nürnberger Rostbratwürstchen liefern könne. Das aber konnte er nicht, denn seine Fabrik war in Starnberg, und Original Nürnberger Rostbratwürstchen müssen in Nürnberg produziert werden.« Die Sache habe er im Hinterkopf behalten, bis er dann in Nürnberg den Metzger Weiß kennen lernte. »Machst du eigentlich auch Nürnberger?«, fragte er ihn eines Tages, und Weiß antwortete: »Klar, jeden Tag.«
Die Menge allerdings war gering: nur 50 Kilo. »Du darfst nicht Kilo machen«, rief Hoeneß aus, »du musst Tonnen machen! Mach mir doch mal ein paar Muster.«
Mit den Mustern der Weiß-Würstchen ging Hoeneß zu Aldi, und als sie für gut befunden waren, folgte der nächste entscheidende Dialog. »Haben Sie eine Fabrik?«, fragte der skeptische Aldi-Mann, und Hoeneß musste verneinen, er hatte ja nicht einmal eine kleine Produktionsstätte. »Ja, was wollen Sie dann?«, fragte der Aldi-Mann, und Hoeneß sagte: »Wenn Sie uns eine Chance geben, in zwei Lagern für ein halbes Jahr einen Test zu machen, würde ich investieren.«
Der Vorstoß war äußerst forsch: Ein Aldi-Lager belieferte immerhin 60 Geschäfte. Aber der Aldi-Einkäufer hielt den ehemaligen Fußballprofi Hoeneß nicht für einen Größenwahnsinnigen. Am 6. März 1983, als die Bayern abends gegen den AS Rom 2:0 gewannen, rief er an: »Wir geben Ihnen eine Chance. Wann können Sie liefern?« Und Hoeneß antwortete spontan: »Am 15. April.« Daraufhin nahm er sich bei Bayern eine Woche Urlaub, suchte mit seinem Kompagnon Weiß geeignete Räume, stellte Leute an, beschaffte Maschinen im Mietkauf. Ergebnis, so Hoeneß: »Am 15. April haben wir geliefert.«
Nürnberger Rostbratwürstchen wiegen 25 Gramm, dürfen maximal neun Zentimeter lang sein
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