Das Prinzip Uli Hoeneß
und müssen im Schafssaitling abgefüllt sein. Zu ihrem Schutz wurde 1997 eine Vereinigung der Hersteller und des Hotel- und Gaststättenverbandes gegründet, im August 2003 gelang schließlich die Eintragung ins Register der »geschützten geographischen Angaben«. HoWe-Geschäftsführer Florian Hoeneß kommentierte: »Wir brauchten eine rechtliche Grundlage, um gegen in- und ausländische Nachahmer mit oft abenteuerlichen Rezepten vorgehen zu können und das Original ›Nürnberger Rostbratwurst‹ zu schützen.« Jeder Verbraucher wisse heute, fügte er hinzu, dass er kein fragwürdiges Billigprodukt, sondern Qualität aus der Region bekommt, wenn die Verpackung die Aufschrift ›Nürnberger Rostbratwurst‹ enthält. Wobei, wäre noch zu ergänzen, das Fleisch selbst nicht unbedingt aus der Region kommen muss: Zu einem der Hauptlieferanten von HoWe wurde Schalkes Aufsichtsratchef Clemens Tönnies, Betreiber der größten Schweineschlachterei Deutschlands. Der Qualität muss das aber nicht abträglich sein. Am 20. Oktober 2003 erhielten die Hoeneß-Würstchen – reines Schweinefleisch ohne Geschmacksverstärker und Wasserzusatz, gewürzt mit Thüringer Majoran – von der Zeitschrift »Ökotest« das Prädikat »sehr gut«.
Mit dem Fleisch gab es nie Probleme, dennoch war die Wurstfabrik einige Male unangenehm in die Schlagzeilen geraten. Anonyme Hinweise, denen zufolge bei HoWe illegale Ausländer beschäftigt sein sollten, veranlassten die Polizei, am 8. November 1988 in den Räumen der damals noch in Buchenbühl produzierenden Firma eine Razzia durchzuführen. Fündig wurden die Beamten nicht. Im Herbst 2000, als Hoeneß wegen der »Daum-Affäre« heftig ins Kreuzfeuer der öffentlichen Kritik geraten war, gab es erneut Aufregung um die Firma. Diesmal ging der anonyme Hinweis beim Arbeitsamt in Nürnberg ein, und wie 1988 ging es wieder um den Vorwurf, dass in der Wurstfabrik illegale Arbeiter beschäftigt würden. 40 Fahnder und Polizisten besetzten das Fabrikgelände am Nürnberger Hafen, durchsuchten die Geschäftsräume und befragten die Angestellten. Nach einigen Stunden musste die Streitmacht wieder ergebnislos abziehen. Die Hintergründe für die offenbar haltlosen Anschuldigungen blieben ungeklärt. »Es kann doch nicht sein, dass irgendjemand mit einem Anruf beim Arbeitsamt eine Kontrolle lostritt, ohne konkrete Hinweise zu geben oder ein Verdachtsmoment zu begründen«, beschwerte sich Hoeneß später. Trotz eines erheblichen Umsatzausfalls wegen des Produktionsstillstandes verzichtete er aber auf eine Schadensersatzklage, die er zunächst erwogen hatte.
Eher weniger Furore machte in der Öffentlichkeit der Artikel einer DKP-Zeitung, die der Firma HoWe im Juli 2004 vorwarf, ihre Stammbelegschaft zugunsten von billigen und jederzeit kündbaren Leiharbeitern reduziert zu haben. Ein Jahr später widersprach Hoeneß in einem Zeitungsinterview indirekt solchen Anschuldigungen.
Im Juli 2005, als HoWe schon längst zum größten Hersteller von Nürnberger Rostbratwürstchen aufgestiegen war – neben Aldi belieferte man inzwischen auch die Discounter Tengelmann, Lidl, Plus, Netto und Rewe sowie den Promigastronomen Michael Käfer im Oktoberfestzelt –, stellte sich Uli Hoeneß der »Neuen Zürcher Zeitung« zum Wurstfabrikanten-Fachgespräch. Hauptsächlich ging es dabei um den Preisverfall beim Schweinefleisch. »Das Preisniveau in Deutschland ist verrückt«, ereiferte er sich und verglich es mit dem in der Schweiz. »Wenn ich in der Lenzerheide, wo ich eine Ferienwohnung habe, eine St. Galler Bratwurst kaufe, so kostet sie mindestens 12 Euro das Kilo, bei Aldi in Deutschland kostet das Kilo Nürnberger Rostbratwürste 5 Euro 60.« Durch die große Konkurrenz sei man gezwungen, unheimlich effizient zu arbeiten. »Wir machen hier 30 Millionen Euro Umsatz mit 150 Leuten, mein Vater hat 150.000 Mark mit sieben Leuten gemacht. Wenn Sie das hochrechnen, sind wir zehnmal effizienter und produzieren dabei ein tolles Produkt.« Der Zwang zur Effizienz gehe jedoch nicht auf Kosten der Arbeitnehmer, versicherte Hoeneß allen Kritikern, denn schließlich sei er ein »sozialer Unternehmer«. Die Beschäftigten in seinem Betrieb könnten sich auf ihren Arbeitgeber verlassen. »Dieser Betrieb sichert Arbeitsplätze«, versicherte er, »niemand wird entlassen, es sei denn, er baut Mist.« Außerdem garantiere er einen Mindestlohn. »In meiner Wurstfabrik habe ich ihn längst eingeführt«, sagte er im März
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