Das Prinzip Uli Hoeneß
2008. »Und zwar 7,50 Euro.« Wer bei ihm arbeite, sei sozial abgesichert und brauche keine Gewerkschaft. Die Gewerkschaftsfunktionäre seien völlig weltfremd und hätten keine Ahnung vom praktischen Wirtschaftsleben. »Sie haben in ihrem Leben noch nie richtig gearbeitet, noch nie ein paar Bratwürste verkauft«, hielt er einmal der Vorsitzenden des Gewerkschaftsbundes, Ursula Engelen-Kefer, entgegen: »Sie machen immer nur Theorie.«
Uli Hoeneß dagegen, der Praktiker, wusste, wie man Millionen von Bratwürsten verkauft. Und er wusste, als er die Marktführerschaft erreicht hatte, wie man noch weitere Millionen verkaufen kann. Während im Zuge der Rationalisierung – Anschaffung neuer Maschinen – die Arbeitsplätze bei HoWe in Relation zu den Produktionsziffern immer weniger wurden, eroberte sich die Firma außerhalb Deutschlands neue Absatzmärkte. Viele westeuropäische Länder kommen bereits in den Genuss der Hoeneß’schen »Nürnberger«, der osteuropäische Markt soll folgen. Danach warten dann die fernen Absatzmärkte, vor allem die USA und Japan. Bei aller Expansion bleiben laut Hoeneß aber die Grundprinzipien vernünftigen Wirtschaftens erhalten. Auf seiner Bratwurstfirma sei kein Kredit drauf, alles sei abbezahlt, und wenn man man etwas kaufe, dann kaufe man es aus dem Cashflow: »Wir geben nicht mehr aus, als wir einnehmen.«
Ein Ende der Bratwurst-Erfolgsstory ist nicht abzusehen, im Geschäftsjahr 2008 betrug die Gesamtproduktion aller Hersteller 1,3 Milliarden Würste. Selbst die Wirtschaftskrise, so Hoeneß, könne dem Geschäft nichts anhaben, im Gegenteil: »Wir profitieren von der Krise. Denn wenn die Leute stärker aufs Geld achten, kaufen sie verstärkt bei Discountern ein, wo es erstklassige Qualität zu vernünftigen Preisen gibt.« Wer den Discounter-Markt in Sachen Bratwürsten beherrscht, der scheint unabhängig von allen sonstigen Wirtschaftsdaten geradezu eine Garantie auf alljährliche Rekordbilanzen zu besitzen. So rechnete HoWe auch für 2009 bei einem Umsatz von gut 38 Mio. Euro wie im Vorjahr mit zweistelligen Zuwachsraten. Die Absatzzahlen stimmen, und auch das mit »Bratwursttagen«, »Bratwurtstdörfern« und der Verleihung von »Bratwurstpreisen« angefeuerte Marketing läuft. Anlässlich des Bratwurstfestes im Juni 2009 konnte im historischen Henkershaus an der Pegnitz sogar eine Ausstellung zur Geschichte der Nürnberger Spezialität besichtigt werden, die Einrichtung eines permanenten Bratwurstmuseums wurde angedacht.
Die Pflege von Kultur und Geschichte der Nürnberger Spezialität blieb aber freilich nur ein Nebenschauplatz, im Zentrum der Marketing-Philosophie der Hoeneß-Firma stand und steht bis heute die Absatzsteigerung auf allen erdenklichen Wegen. Im Juni 2010 sorgte Uli Hoeneß für Schlagzeilen, als bekannt wurde, dass die HoWe-Würstchen für zunächst drei Monate bei McDonald’s verkauft werden würden. Schon Wochen vor dem Verkaufsstart machte der Bayern-Präsident auf einer eigenen Website mit witzigen Filmchen auf das neue Produkt aufmerksam. Hoeneß zeigte sich absolut überzeugt von den Erfolgschancen des »Nürnburgers« (drei Würstchen mit Röstzwiebeln und Senfsauce in einer Ciabatta-Semmel). »Der Hamburger hat ja Weltruhm erlangt – warum sollte ein Nürnburger da weniger Potenzial haben?«
Kapitel 3
Der gestresste Antreiber
Uli Hoeneß zwischen Triumphen und Krisen
»Ich war schon am Ende meiner Träume, mehr kann man im Fußball nicht mehr gewinnen«, beschrieb Uli Hoeneß seine Situation als gerade mal 22-jähriger Spieler, der in allen nationalen und internationalen Wettbewerben bereits sämtliche erreichbaren Titel gewonnen hatte. Satt gemacht hatten ihn diese berauschenden Erfolge jedoch nicht. Als Manager trieb er die Bayern zu einer beispiellosen Serie von Triumphen und hatte dabei, wie der »Spiegel« einmal bemerkte, dasselbe Konzept wie als Spieler: »Ball weit vorlegen, Gegner abhängen, Blick Richtung Tor.« Innerhalb von 30 Jahren (1979 bis 2009) fügte er als Manager seinen drei Meistertiteln weitere 16 deutsche Meisterschaften hinzu und seinem Pokalsieg weitere neun Erfolge im DFB-Pokal. Lediglich im Europapokal ist die Erfolgsquote des Managers schlechter als die des Spielers: Drei Titeln im Europapokal der Landesmeister stehen lediglich ein Champions-League-Titel und ein UEFA-Cup-Sieg gegenüber, den Weltpokal gewann er je einmal.
National festigten die Bayern unter Hoeneß, der sich daher zu Recht als »König der
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