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Das Prinzip Uli Hoeneß

Das Prinzip Uli Hoeneß

Titel: Das Prinzip Uli Hoeneß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Bausenwein
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den Zettel mit den Namen wortlos abholen.«
    Nach außen gab der FC Bayern immer mehr das Bild eines Chaosvereins ab, bei dem Hierarchie und Kompetenzen vollends durcheinander geraten waren. »Rehhagel hat die Situation unterschätzt«, kommentierte Hoeneß und dementierte zugleich die Gerüchte über gravierende Führungsprobleme beim Rekordmeister. »In Präsidiumssitzungen sitzen wir oft zusammen, Franz Beckenbauer zündet sich eine Zigarre an, und wir lachen uns halbtot über das Geschwätz vom Chaos beim FC Bayern.«
    Trotz der Probleme mit Rehhagel hatte man offensichtlich keine Angst, dass die Entwicklung aus dem Ruder laufen könnte. Vermutlich lag der »Plan B« schon längst in der Schublade, als die Bayern am 27. April 1996 im Olympiastadion mit 0:1 gegen Rostock verloren und damit die Chance vergeben hatten, mit dem Tabellenführer Borussia Dortmund gleichzuziehen. Dazu kam, dass Rehhagel in seiner Ansprache vor dem Spiel folgende Bemerkung gemacht haben soll: »Und, meine Herren, passen Sie mir auf den Akpoborie auf. Sie wissen doch – die Neger wollen uns unsere Arbeitsplätze wegnehmen.« Dass Uli Hoeneß diese Aussage öffentlich nicht bestritt, sondern bestätigte – das war laut dem Bayern-Historiker Dietrich Schulze-Marmeling »der Dolchstoß gegen Rehhagel«.
    Die Allzweckwaffe Beckenbauer übernahm zum zweiten Mal das Steuer. Meister wurden die Bayern dann zwar nicht mehr, aber in den beiden UEFA-Pokal-Endspielen gegen Girondins Bordeaux sicherte der Trainer Beckenbauer den Bayern nach langer Durststrecke endlich wieder einen internationalen Titel. Davon, dass Rehhagel ja immerhin die Teilnahme an den Finals sichergestellt hatte – und eigentlich, wie er meinte, nur an den angeblich vom Spieler Klinsmann betriebenen Intrigen gescheitert war –, wollte hinterher niemand mehr etwas wissen. Stattdessen schickte Hoeneß dem Geschassten noch einige Unfreundlichkeiten hinterher. »Die Mannschaft war wochen- und monatelang ohne Führung von Trainerseite her«, kartete er nach. »Es tut mir leid für Otto Rehhagel, aber das musste gesagt werden.« Gefehlt hätten »die taktischen und einfachen Dinge«, Kopfball- oder Torschusstraining etwa. »Mit Beckenbauer als Trainer seit Weihnachten stünden wir anders da.«
    Hoeneß hatte sich nie danach gerissen, seine Macht zu teilen und jede Transferentscheidung in langen Präsidiumssitzungen ausdiskutieren zu müssen bis zur einstimmigen Entscheidung. Aber nun spürte er auch eine Erleichterung, nicht mehr alles alleine verantworten zu müssen, zumal er nicht entmachtet war, sondern sich als der Erste unter Gleichen, als »primus inter pares«, behaupten konnte. Daneben sah er auch immer mehr die Vorteile der neuen Konstellation, denn schließlich konnten die Bayern mit dem Vorzeige-»Kaiser« an der Spitze ihr Image und ihre Wirtschaftskraft nicht unerheblich steigern. Wenn er Beckenbauer nicht an seiner Seite gehabt hätte, meinte er im April 1997 kurz vor der 14. Bayern-Meisterschaft, »dann ginge es mir heute nicht so gut«. Natürlich war er auch jetzt nicht glücklich über den »Bild«-Kolumnisten Beckenbauer, aber er glaubte, seinen Frieden mit dem unberechenbaren Medien-Kaiser machen zu können. Von Journalisten danach befragt, empfahl er, die Aussagen des Präsidenten tiefer zu hängen, insbesondere seine spontanen Einlassungen dürfe man schlichtweg nicht ernst nehmen. »Wenn Beckenbauer nach einem Fußballspiel emotional was sagt, dann gilt das immer gleich als grundsätzliche Aussage. Das muss man sich einfach abgewöhnen.« Die ironische Distanznahme war Hoeneß’ Weg, sich mit Beckenbauer zu arrangieren. Und das fiel ihm umso leichter, je öfter sich Beckenbauer als irrlichternder »Firlefranz« (»Spiegel«) in den Fallstricken seiner kreuz- und quer laufenden Statements verheddert und als Zerbrösler des eigenen Denkmals betätigt hatte.
    Der »Kaiser« im Abseits
    Früher hatte sich Uli Hoeneß im Zweifelsfall lieber getrollt, wenn der nahezu unantastbare »Kaiser« grollte. Die »Welt am Sonntag« zitierte einmal anonym gebliebene »Beobachter«, denen zufolge der Bayern-Manager – trotz ab und an despektierlicher Äußerungen über den Präsidenten – sich im Zweifelsfall immer noch so unterordnete »wie damals, als der Libero Franz Beckenbauer unumschränkter Chef der Bayern-Elf war«. Dieses Verhalten hatte sich allmählich verändert, und spätestens im Februar 2002 mit der Umwandlung der Profiabteilung des Vereins in eine AG

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