Das private Universum
aber ich warne Sie, halten Sie sich strikt an Ihre eigene Meinung. Entgegenkommen wird hier leicht sauer.«
Die Türen öffneten sich, die Gruppe ging hinein. Sie standen in einer langen Halle, in der zu beiden Seiten Räume lagen. Alle waren holzgetäfelt und mit Velourböden ausgestattet. Überall standen gepolsterte Lehnsessel aus weichem Leder, von den Decken hingen Kristallkronleuchter und erhellten die Räume mit strahlendem Licht. Jeder Raum war zwei Stockwerke hoch und fast völlig mit Bücherregalen vollgestellt. Aber der Hauptschmuck bestand in Uhren, die äußerst freigiebig in allen Räumen verteilt waren. Es gab hohe, stattliche Großvateruhren und kleine Standuhren für den Kaminaufsatz, und jede Uhr zeigte eine andere Zeit an.
Überall waren auch Klubmitglieder verteilt, wohl nur zu dem einzigen Zweck, sich uneinig zu sein. Überall wurde diskutiert, ja, sogar gestritten, so daß da und dort ein ziemlicher Lärm herrschte.
Auf die Art hörte man kaum, was vorging. Kirk wandte seine Aufmerksamkeit einem Streit zu, der in einer Ecke zwischen einem blauhäutigen, großen Andorianer und einem dicklichen, vielgliedrigen Rafellianer stattfand.
»Aber Sie müssen sich doch sicher darüber klar sein, daß der freie Wille eingeschränkt werden muß, um allzu viel Ungestüm zu vermeiden«, sagte der Andorianer. Seine Antennen bewegten sich äußerst aufgeregt, so sehr, wie es Kirk vorher noch nie beobachtet hatte. »Man muß sich gar keiner fremden Meinung unterwerfen, um sich darüber klar zu werden, daß das Quantum mechanischer Weitschweifigkeit die Wandelbarkeit der Realität garantiert, obgleich die Last der wissenschaftlichen Grundsätze das Gegenteil besagt.«
»Reine Wortklauberei«, knurrte der Rafellianer. »Sie haben offensichtlich das Argument der Verantwortlichkeit aufgegeben zugunsten des metaphysischen Ethos. Das Heisenberg-Prinzip demonstriert doch ganz eindeutig die Berechenbarkeit der Ungewißheiten, denen Sie so geschickt ausweichen. Die unbestimmten Quantitäten sind nicht aus sich heraus ein graphisches Beispiel der universellen Matavarianz, oder, um es kräftiger auszudrücken, von isolierten variablen Taschen innerhalb des metastabilen Systems.«
Kirk schüttelte den Kopf. Der Streit klang ungeheuer eindrucksvoll, und sie warfen mit den unverständlichsten Fremdwörtern um sich, aber es schien alles jenseits der Vernunft zu liegen.
Der Andorianer mußte des anderen Bemerkungen verdauen und seine Antwort abwägen. »Offensichtlich ist die Unlösbarkeit der allgemeinen Gleichungen für die N-Probleme eine lokale Trivialität. Können Sie ehrlich darauf bestehen, daß die Metamorphose der Entropie so inherent refutabel ist? Einem empirischen Überblick hält eine so leichtgenommene Hypothese nicht stand.«
»Stelzkopf!« schnarrte der Rafellianer.
»Blasengesicht!« erwiderte der Andorianer.
Fast gleichzeitig fielen die beiden Gegner übereinander her, stürzten ineinander verkrallt zu Boden und rollten in einem harten Ringergriff herum. Der Andorianer hatte den Vorteil seiner Größe, der Rafellianer jedoch mehr Arme und war viel schwerer festzuhalten. Sie schlugen so heftig herum, daß Tische und Stühle umfielen oder durch den Raum gestoßen wurden, aber niemand von den Anwesenden nahm davon Notiz.
Kirk schaute Enowil an. »Tun Sie da denn gar nichts?«
Enowil warf nur kurz einen Blick auf die beiden Kämpfer. »Ein Streit braucht doch keinen Grund und keine Freundschaft«, stellte er ruhig fest und ging davon.
Diese Szenen wiederholten sich mehrmals, als sie durch das Gebäude gingen. Ein Streit begann auf einer etwas exaltierten Ebene und wurde dann leicht zu einer ausgesprochenen Rauferei. Bei großen Debatten waren öfter mehr als zehn Leute beteiligt, und die erinnerten dann an ausgesprochene Wirtshausschlägereien.
Metika Spyroukis, selbst eine geübte Debattenrednerin, nahm ihre Argumente sehr ernst und wurde entsetzlich wütend über das, was sie hier sah. »Das ist doch wirklich keine Debattiergesellschaft, sondern eine Klapsmühle für Leute, die ein ganzes Lexikon verschluckt haben«, hielt sie Enowil vor.
Der legte nur den Kopf schräg und schaute sie an, sehr wohlwollend und unschuldig. »Sie müssen erst noch lernen, genauer zu sprechen. Lassen Sie doch eine Silbe der anderen folgen, wenn Sie verstanden werden wollen.« Dann wandte er sich anderen Dingen zu.
Jetzt war Metika noch zorniger, und so stampfte sie zu Kirk zurück. »Diese Sache ist doch
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