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Das Programm

Titel: Das Programm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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Nachdenken.«
    Da hatte er nicht so ganz Unrecht, fand Chris. Ihm wurde klar, dass er Gefahr lief, Dr. Zizka zu unterschätzen.
    »Und vermutlich war das der Grund, warum Sie in Carpathian investiert haben. Sie hielten es für die richtige strategische Entscheidung?«
    »Zum Teil.«
    »Zum Teil?«
    »Ja, nur zum Teil. Vor allem war es Lenka.«
    »Kennen Sie sie schon lange?«
    »Ja. Als ich in das Geschäft einstieg, habe ich mich mit den hochverzinslichen Bonds befasst. Da habe ich noch selbst gehandelt. Dabei hatte ich mit all den großen Maklerfirmen zu tun, auch Bloomfield Weiss. Während die alle versuchten, mir anzudrehen, was ihnen Geld brachte, verkaufte Lenka mir nur Bonds, die sich tatsächlich bewährten. Obwohl ich nur ein kleiner Kunde war, kümmerte sie sich um mich. Schließlich ließ ich das ganze Geschäft über sie laufen. Die Renditen waren gut, und sie hat mein Vertrauen nie missbraucht. Wir haben uns gut verstanden: Meine Eltern kamen aus einer Kleinstadt bei Prag, müssen Sie wissen. Als sie mir dann erzählte, dass sie Carpathian gründen wollte, dachte ich, warum soll ich sie nicht unterstützen? Sie verdient es. Und bisher ist ja auch alles gut gegangen. Das Problem ist nur, dass die Mitglieder der Stiftungsräte ständig Fragen stellen. Carpathian fällt aus dem Rahmen unserer anderen Investitionen.«
    Zizka hielt einen Augenblick lang inne und nahm seine Lesebrille ab. »Ich war erschüttert, als ich hörte, was ihr zugestoßen ist. Eine schreckliche Sache.« Er schüttelte den Kopf und rieb sich die Augen. Dann blickte er Chris an. »Aber jetzt, da sie tot ist, scheint mir der richtige Zeitpunkt gekommen, um auszusteigen, bedenkt man all die anderen Faktoren. Ich bin sicher, Sie haben Verständnis dafür.«
    Chris verstand es nur zu gut, aber er durfte dem anderen nicht zustimmen. »Sind Sie immer noch der Meinung, dass man strategische Argumente berücksichtigen sollte? Dass eine Eingliederung der mitteleuropäischen Volkswirtschaften in Europa die Gelegenheit bietet, viel Geld zu verdienen?«
    »Schon, aber …« Zizka zuckte die Achseln.
    Chris legte die übliche Platte auf: die Chancen in Mitteleuropa, seine Einschätzung der wirtschaftlichen Aussichten, die Bilanz des Fonds seit seinen Anfängen, der gegenwärtige Einbruch des Marktes als Chance zu noch besseren Renditen.
    Zizka hörte höflich zu, aber Chris konnte sehen, dass er nichts erreichte. Zizka hatte investiert, um Lenka zu unterstützen. Nach Lenkas Tod gab es keinen Grund mehr für ihn, sein Geld im Fonds zu lassen. Sein Entschluss stand fest.
    Die Minuten verstrichen. Seine halbe Stunde war schon fast vorbei. Chris erhob sich, um zu gehen.
    »Vielen Dank, dass Sie mir zugehört haben, Dr. Zizka.«
    »Das war das Mindeste, was ich tun konnte«, sagte er. »Schließlich waren Sie Lenkas Partner.«
    »Das war ich.« Chris gab Zizka die Hand. Ein anständiger, ein fairer Mann. Kein Vergleich mit Rudy Moss. »Wissen Sie, ich fühle mich immer noch als ihr Partner. Als wäre sie noch da und blickte mir über die Schulter. Carpathian ist immer noch ihre Firma. Sie hat mir vertraut, und ich möchte sie nicht enttäuschen.«
    Zizka musterte Chris prüfend und eingehend. »Das glaube ich Ihnen gerne.«
    »Wollen Sie sich die Sache nicht noch einmal überlegen?«, fragte Chris. »Wenn nicht meinetwegen, dann ihretwegen?«
    Zizka zögerte. Er blickte ihn an, als wolle er etwas sagen, doch dann ging er zur Tür und öffnete sie.
    »Auf Wiedersehen«, sagte er. »Und viel Glück.«
    Niedergeschlagen kehrte Chris in sein Hotel zurück. Zizka hatte zwar nicht mehr gesagt, dass er sein Geld herausnehmen wolle, aber er hatte auch nicht gesagt, dass er seine Meinung geändert habe. Chris rief Ollie an. Es war dort fast Mitternacht, doch Ollie war froh, mit jemandem reden zu können. Der Markt kriselte noch mehr, und die Kurse fielen unentwegt. Ein wundersames Angebot für Eureka Telecom hatte sich leider auch nicht ergeben. Trotzdem war Ollie überraschend zuversichtlich. Er fand, die neuesten Nachrichten über die slowakische Wirtschaft seien ermutigend, und die Investoren hätten das nur noch nicht begriffen. Chris unterdrückte den Impuls, Ollie zu sagen, er solle auf seine Rückkehr warten. Ollie klang überzeugend, und nun, da Lenka tot war, musste Chris irgendwann anfangen, ihm zu vertrauen. Also warum nicht jetzt? Er sagte Ollie, er solle am Morgen slowakische Bonds kaufen. Ollie fragte nicht nach dem Termin bei Melville, daher

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