Das Programm
sehr vertraulich.«
Unverwandt erwiderte Chris seinen Blick. »Das glaube ich Ihnen gerne«, sagte er, nachdem er einen Augenblick nachgedacht hatte. »Und ich kann mir lebhaft vorstellen, dass Sie nach den vielen Jahren treuer Dienste für Bloomfield Weiss nun nicht vertrauliche Vorgänge erörtern wollen, in die jemand, der heute tot ist, vor zehn Jahren verwickelt war.«
Er hatte die richtigen Worte gefunden. Calhoun lachte trocken.
»Ich kann es noch immer nicht glauben. Sechsundzwanzig Jahre. Ein halbes Jahr vor meinem fünfzigsten Geburtstag, und sie setzen mir den Stuhl vor die Tür. Was hab ich in meinem Alter noch für Aussichten, einen Job zu finden?«
Chris lächelte und hoffte, Calhoun würde es als mitfühlend missverstehen. Die Ironie der Situation gefiel ihm. Leute feuern war für Calhoun ein Vergnügen gewesen. Er hatte eine Unternehmensphilosophie daraus gemacht. Wenn es je ein Ego verdient hatte, aufs Normalmaß zurechtgestutzt zu werden, dann seins.
»Okay. Ich erzähl es Ihnen. Nach dem Abschlussexamen haben wir alle amerikanischen Trainees getestet. Alex Lubron war der Einzige, bei dem der Test positiv ausfiel. Ich wollte ihn gleich am folgenden Tag entlassen, aber Tom Risman, der Leiter der Hypothekenabteilung, wollte ihn nicht kampflos ziehen lassen. Also verlangte ich von Lubron, mir zu sagen, wer ihm den Stoff besorgt hatte. Ich gab ihm das Wochenende Zeit, darüber nachzudenken. Ich glaube, er hätte es uns gesagt, denn seine Mutter war sehr krank. Er musste Kredite und hohe Arztrechnungen abbezahlen. Er schien sich auch Sorgen zu machen, dass sich eine öffentliche Entlassung und eine Verurteilung negativ auf ihren Gesundheitszustand auswirken könnten. Er bat uns, die Sache diskret zu behandeln.« Calhoun lächelte selbstgefällig. »Ein Riesenfehler. Ich sagte ihm, ich würde es an die große Glocke hängen. Presseverlautbarung, das ganze Programm. Da hatte ich ihn am Haken. Ich bin sicher, er hätte geplaudert.«
»Aber wäre das nicht schlechte Reklame für Bloomfield Weiss gewesen?«
»Nein. Darum ging es ja. Nachdem diese beiden Leute von uns wegen Drogenhandel verurteilt worden waren, hatten wir ein paar PR-Berater im Haus. Sie sagten, die Öffentlichkeit müsse mitbekommen, dass Bloomfield Weiss gewillt sei, den Stall auszumisten.«
»Und? Wer hat Alex den Stoff besorgt?«
Calhoun seufzte. »Das haben wir nie rausgekriegt. Er starb, bevor er es uns sagen konnte.«
»Wissen Sie, ob es jemand aus der Firma war?«
»Nicht mit Sicherheit. Es hätte jeder sein können, vom Portier seines Apartmenthauses bis zu Sidney Stahl. Aber ich denke, wenn es der Portier gewesen wäre, hätte er nicht ein so großes Geheimnis daraus gemacht.«
Chris nickte. »Haben Sie die Untersuchung nach seinem Tod noch fortgesetzt?«
»Natürlich nicht«, sagte Calhoun. »Nachdem er tot war, wollten wir alles möglichst rasch im Sande verlaufen lassen. Vor allem, nachdem die Polizei Verdacht geschöpft hatte.«
»Ich erinnere mich, dass man uns einen Haufen Fragen gestellt hat.«
Calhoun lächelte. »Die Polizei hat Ihnen nicht geglaubt. Darin lag das Problem. Wir mussten einigen Druck ausüben.«
»Wie haben Sie das angestellt?«
»Ich weiß nicht«, sagte Calhoun. »Das geschah auf höchster Ebene. Jedenfalls war die Neugier der Polizei von einem Tag auf den anderen vollkommen befriedigt.«
Gott sei Dank, dachte Chris. »Ich weiß nicht, ob Sie über die psychometrischen Tests reden dürfen. Aber ich würde gern etwas darüber erfahren«, sagte er.
Calhoun schien der Themenwechsel zu überraschen. Aber er gab bereitwillig Auskunft. »Sie waren sehr erfolgreich. Mit psychometrischen Tests versucht man in der Regel herauszufinden, wie teamfähig jemand ist, welche Führungsqualitäten er hat und solche Dinge. Ich wusste, dass das Eigenschaften waren, um die es Bloomfield Weiss im Grunde genommen gar nicht ging. Natürlich haben wir so getan wie jedes andere Unternehmen in Amerika auch, aber daran haben wir selbst nicht geglaubt. Wir wollten Sieger, Leute, die unter allen Umständen ganz nach oben wollten. Nicht dass wir uns bei der Einstellung stur nach den psychometrischen Tests gerichtet hätten, aber sie lieferten uns brauchbare Anhaltspunkte.«
»Stellten sich dabei einige als Borderline-Fälle heraus?«
»Nein. Also jedenfalls nicht wirklich. Jeder hat psychologische Probleme. Und es lässt sich durchaus die Meinung vertreten, dass die richtig Erfolgreichen mehr davon haben als das Gros
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