Das Programm
nicht ganz so einfach, wie er gehofft hatte. Ein Marcus Lubron war in keinem amerikanischen Telefonbuch verzeichnet. M. Lubrons gab es zwei, einen in Washington State und einen in Texas. Chris rief sie an. Ein Matthew und ein Mike. Marcus war also nicht eingetragen.
Er gab ›Lubron‹ in eine der Suchmaschinen ein und stieß auf einen Weichspüler für Textilien. Vielversprechender war der Hinweis auf Möbel, die ein gewisser Marcus Lubron für eine wohlhabende Familie namens Farmiloe in Manhattan angefertigt hatte. Deren Nummer war leichter zu finden. Mrs. Farmiloe war entzückt, dass Chris von ihrer Wohnung gehört hatte, allerdings hatte sie nie direkt mit Marcus Lubron zu tun gehabt, doch sie wusste, dass er aus Vermont kam. Sie gab Chris die Nummer ihrer Innenarchitektin, die sich zunächst sehr ablehnend verhielt. Aber als Chris sie davon überzeugte, dass er ein alter Freund aus England sei, der verzweifelt bemüht sei, nach zehn Jahren wieder Verbindung mit Marcus aufzunehmen, gab sie nach und nannte ihm Name und Adresse. Marcus lebte in einer Kleinstadt in den Bergen von Vermont, mitten im Nirgendwo.
Er beschloss, ihn nicht anzurufen. Es war wenig wahrscheinlich, dass Marcus mit ihm sprechen würde oder bereit wäre, sich mit ihm zu treffen, und es war nicht gerade klug, ihn merken zu lassen, dass er, Chris, nach ihm suchte. Chris wollte lieber auf den Überraschungseffekt bauen. Daher rief er ein Reisebüro an und buchte für den folgenden Tag einen Flug nach Burlington.
Dr. Marcia Horwath war um einiges leichter zu finden. Sie hatte ein Büro an der West Side und sagte, sie könne um Viertel vor neun am nächsten Morgen eine Viertelstunde für ihn erübrigen. Erfreut, dass er am Ende doch einige Fortschritte erzielt hatte, stieg er in ein Taxi, fuhr zur Penn Station und mit dem Zug nach Princeton.
Melville Capital nahm den ersten Stock eines schmuck gestrichenen Holzgebäudes ein, das mehr Ähnlichkeit mit einem Wohnhaus als mit einem Bürobau hatte; im Erdgeschoss befanden sich die eleganten Räume eines Börsenmaklers. Chris traf einige Minuten vor vier ein und wurde von einer übergewichtigen Frau mittleren Alters in Dr. Zizkas Büro geführt. Geräumig und hell mit einer gemütlichen Sitzecke, hübschen Drucken von Collegeanlagen an den Wänden, die Regale voller Bücher und wissenschaftlicher Zeitschriften und einem einzigen Computer im ganzen Raum, wirkte das Büro wie ein idyllischer Zufluchtsort, an dem man seine Tage unbehelligt von den Turbulenzen der Märkte verbringen konnte. Die Spätnachmittagssonne schien ins Fenster, glänzte matt auf dem polierten Holz des Schreitisches und der Glatze des Mannes, der hinter ihm saß und durch die Halbgläser seiner Brille in einer Zeitung las.
Es dauerte einen Augenblick, bis der Mann das Blatt zur Seite legte und aufsah. Er lächelte, sprang auf, wieselte um den Schreibtisch herum und streckte Chris die Hand entgegen. »Ich bin Martin Zizka.«
»Chris Szczypiorski.«
»Kommen Sie, kommen Sie. Setzen Sie sich«, sagte Zizka und zeigte auf die Sitzgruppe. Er war ein kleiner Mann um die fünfzig mit verschmitzten hellblauen Augen in einem runden Gesicht. »Es tut mir sehr Leid, dass wir nur dreißig Minuten haben, aber hier ist der Teufel los«, sagte er mit einer vagen Handbewegung.
»Verstehe«, sagte Chris. »Der Markt gibt niemals Ruhe.«
»Niemals«, bekräftigte Zizka und schüttelte vielsagend den Kopf.
»Sie verwalten das Geld verschiedener Colleges, nicht wahr?«
»Genau«, sagte Zizka. »Früher war ich Wirtschaftsprofessor am Melville College in Ohio. Die Verantwortlichen waren unzufrieden mit der Art, wie die einschlägigen Firmen sie im Hinblick auf ihre Stiftungsfonds berieten. Interessenkonflikte, schlechter Service, gleichgültiges Personal. Da habe ich angeboten, das Geld für sie zu verwalten. Das lief recht gut, ich habe viele Kontakte in der akademischen Welt, und nun verwalte ich die Fonds von fünf weiteren ähnlichen Institutionen.«
»Von hier aus?«, fragte Chris und blickte sich um.
Zizka lächelte. »Oh, ich handle nicht mehr selbst mit Wertpapieren. Anfangs habe ich das noch getan, aber jetzt halte ich es nicht mehr für notwendig. Ich verteile das Geld auf Leute wie Sie, die das für mich machen. Nur noch die strategischen Entscheidungen treffe ich selbst. Wenn die vernünftig sind, lassen die Renditen nicht auf sich warten. Wovon ich nie genug bekommen kann, selbst hier nicht, ist Ruhe und Frieden zum Lesen und
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