Das Programm
rief seine E-Mails ab.
Eine wartete im Briefkasten. Von einem »besorgten Freund«. Der Betreff lautete »Ich habe es schon einmal gesagt«.
Die Nachricht lautete:
C HRIS ,
I CH HABE DICH IN NEW YORK GEWARNT , UND ICH WARNE DICH NOCH EINMAL . HÖR AUF , NACH ALEX ZU FRAGEN .
VERGISS IHN ! S ONST STIRBST NICHT NUR DU , SONDERN AUCH M EGAN .
Mit offenem Mund starrte Chris auf die Nachricht. Sein schlaftrunkenes Gehirn weigerte sich, sie zu begreifen. Er prüfte die Adresse des Absenders: eine Internetcafé-Kette, die ihm dem Namen nach bekannt war.
Das Telefon klingelte. Er nahm ab.
»Chris! Chris, hier ist Megan!« Sie klang wie am Rande der Hysterie.
»Hast du auch eine bekommen?«, fragte Chris.
»Was? Was meinst du? Ich bin gerade aufgewacht, habe mich auf die andere Seite gedreht, und auf meinem Kopfkissen …«, sie schluchzte. »Es war schrecklich.«
»Was denn? Ganz ruhig, Megan. Alles okay. Ganz ruhig.«
»Ein Messer, Chris. Ein großes, langes Messer. An dem Blut klebte. Überall auf meinem Kopfkissen war Blut. Schrecklich!«
Sie brach in hemmungsloses Schluchzen aus.
»Um Gottes willen, Megan! Bist du verletzt?«
»Nein.« Sie schnäuzte sich. »Jemand muss bei mir eingebrochen sein und die ganze Schweinerei angerichtet haben, nur ein paar Zentimeter von meinem Gesicht entfernt, während ich geschlafen habe. Ich habe nichts gehört.«
»Gott sei Dank, dass dir nichts passiert ist. Das ist ja grauenhaft.«
»Wer tut so was? Und warum?«
»Sie versuchen, dich einzuschüchtern. Und mich auch.«
»Nun, dann haben sie Erfolg damit«, sagte Megan. »Solche Angst habe ich noch nie in meinem Leben gehabt.«
»Das glaub ich dir«, sagte Chris. Er hätte sich gewünscht, sie in den Arm nehmen zu können und zu trösten. Dann übermannten ihn Schuldgefühle. »Es tut mir so Leid.«
»Was tut dir Leid? Es gibt nichts, was dir Leid tun müsste.«
Chris schluckte. »Ich habe heute Morgen eine E-Mail bekommen.« Er las die Nachricht laut vom Bildschirm ab. »Ich selbst habe eine Warnung bekommen, als ich in New York war. Jemand hat mir ein Messer an die Kehle gehalten und mir den Spiegel in meinem Hotelzimmer mit Blut beschmiert.«
»Mein Gott, warum hast du mir das nicht erzählt?«
»Ich wollte dich nicht erschrecken«, sagte Chris. »Ich hatte Angst, du würdest versuchen, mir das Treffen mit Marcus auszureden. Ich habe nicht damit gerechnet, dass du auch in Gefahr bist.«
»Gut, das nächste Mal, wenn jemand versucht, dich umzubringen, dann lass es mich wissen, okay?« Megan klang wütend. Sie hatte allen Grund dazu.
»Okay, okay. Tut mir Leid.«
Eine Zeit lang herrschte Schweigen in der Leitung. »Die meinen es ernst, nicht wahr?«, meinte sie schließlich.
»Ja.«
»Glaubst du, es könnte Ian gewesen sein?«
»Möglich. Vielleicht ist er nach Cambridge gereist und nicht nach Paris. Aber es war mit Sicherheit nicht Ian, der mich in New York angegriffen hat. Wenn er dahinter steckt, muss er mit jemandem zusammenarbeiten.«
»Was sollen wir tun?«
»Du kannst die Collegeverwaltung informieren, wenn du möchtest. Sie wird sich mit der Polizei in Verbindung setzen. Aber ich bin nicht sicher, dass es was bringt: Von der New Yorker Polizei habe ich nichts mehr gehört. Aber ich will dich nicht dazu überreden, es zu vertuschen.«
Megan seufzte. »Es hat keinen Sinn. Das College wäre sicherlich nicht begeistert. Und der Täter muss ein Profi sein. Die Polizei wird ihn wohl kaum erwischen. Ich stecke den Kopfkissenbezug und das Messer in eine Plastiktüte und schmeiß sie weg.«
»Behalt das Messer. Vielleicht brauchen wir es später als Beweis.«
»Natürlich! Gut.«
Sie schwiegen einen Augenblick.
»Chris?«
»Ja?«
»Ich habe Angst.«
»Ich weiß. Ich auch.«
»Ich hab das Gefühl, die Sache gerät außer Kontrolle.«
Chris überlegte. Er hatte sich entschlossen, das Risiko in Kauf zu nehmen. Aber Megans Leben durfte er nicht aufs Spiel setzen.
»Vielleicht hast du Recht«, sagte er. »Ich werde mich eine Zeit lang still verhalten. Keine Fragen mehr stellen.«
»Es tut mir Leid, Chris. Ich glaube, das solltest du wirklich tun.«
»Du musst dich schrecklich fühlen. Der Gedanke, dass du allein bist, gefällt mir überhaupt nicht. Soll ich kommen?«
»Das wäre schön. Tagsüber will ich in die Bibliothek, aber wenn du abends kommen könntest, würde ich mich sehr freuen.«
»Ich komme«, sagte Chris.
»Danke«, sagte Megan. »Jetzt räume ich lieber noch ein bisschen
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