Das Programm
nicht da gewesen war, als Alex ums Leben gekommen war? Dazu hatte er kein Recht! Es war schon schwer genug für Marcus, allein damit fertig zu werden. Auch ohne dass ein feiner Pinkel wie dieser Investmentbanker daherkam, ihm erzählte, er sei Alex’ Freund gewesen, und ihm sagte, was er hätte tun müssen.
Leider glaubte Marcus ihm, dass er wirklich mit Alex befreundet gewesen war. Er verstand Erics Ärger, ja, er teilte ihn. Er hatte ja wirklich Bruder und Mutter im Stich gelassen. Es hatte gut getan, dass er so vorteilhafte Dinge über Alex gesagt hatte, aber die Kritik an ihm, Marcus, war umso schmerzlicher gewesen. Und die würde schmerzen, bis er das Problem aus der Welt geschafft hatte.
Mit raumgreifenden, rhythmischen Schritten lief Marcus über den See. Früher war er ein ausgezeichneter alpiner Skiläufer gewesen, doch als er nach Vermont gezogen war, hatte er sich auf den Langlauf verlegt. Er war gut: Er brachte die richtigen körperlichen und psychischen Voraussetzungen mit. In manchen Wochen legte er achtzig Kilometer zurück, wenn das Wetter gut und ihm danach zumute war.
Alex war nie Ski gelaufen. Aber ansonsten war er fast in allen Dingen besser gewesen als Marcus. Er war intelligenter, er war künstlerisch begabter, er war beliebter. Marcus hatte Alex seine Erfolge nie übel genommen: Er war immer stolz auf seinen kleinen Bruder gewesen. Und Alex hatte sich nie was drauf eingebildet oder sich sonderlich ernst genommen. Da hatte Eric durchaus Recht.
Alex hatte einen Freund wie Eric verdient. Er hätte auch einen Bruder wie Eric verdient, aber den hatte er nicht bekommen.
Sagte Eric die Wahrheit, wenn er behauptete, Duncan habe Alex umgebracht? Schließlich hatte er keinen Beweis, und er war ein Investmentbanker. Marcus vergegenwärtigte sich das Gespräch noch einmal und versuchte, so objektiv zu sein wie möglich. Je länger er darüber nachdachte, desto fester wurde seine Überzeugung.
Was den Tommy mit dem polnischen Namen anging, war er sich nicht so sicher, Chris Irgendwas. Er hatte sich ganz anders verhalten als Eric. Nervöser. Zurückhaltender, was die Preisgabe von Informationen anging. Mehr darauf aus, Marcus die Würmer aus der Nase zu ziehen. Eric, das war deutlich zu merken, kam in friedlicher Absicht, erzählte seine Geschichte und ging. Marcus war sich nicht sicher, was Chris wirklich gewollt hatte. Das war alles schrecklich kompliziert. Eigentlich interessierte ihn gar nicht, wer Ian Darwent umgebracht hatte. Ihn interessierte lediglich, wer seinen Bruder auf dem Gewissen hatte. Und er war sich jetzt sicher, wer es war.
Duncan.
Er hatte den See verlassen und begann, den Hang zum Haus hinaufzusteigen. Er wusste, er musste nach London und ihn suchen. Er hatte keine andere Wahl.
Eric ließ sich in den Rücksitz des gemieteten Jaguar sinken. Er war erschöpft. Er war zwar an unzumutbare Reise- und Terminpläne gewöhnt, aber das hier sprengte jeden Rahmen. Trotzdem, es ging nicht anders. Wie er Terry in Paris gesagt hatte, sie durften nicht unbegrenzt Leichen produzieren, für die sie direkt verantwortlich gemacht werden konnten, und mit Ian war dieses Kontingent restlos erschöpft. Sie brauchten einen neuen Bundesgenossen.
Während Terry den Wagen durch den Flughafenverkehr lenkte und Richtung M4 fuhr, holte Eric sein Handy heraus und hörte die Mailbox ab. Es gab ein rundes Dutzend Nachrichten, alle dringend. Bis auf eine ignorierte er sie alle, auch die von Cassie. Aber eine Nachricht verlangte eine sofortige Antwort. Er suchte die Nummer heraus und gab sie ein. Das Gespräch war kurz, aber er lächelte, als er es beendete.
»Erfreuliche Neuigkeiten, Sir?«, fragte Terry von vorne.
»Ja, ich denke schon«, erwiderte Eric. »Übrigens, das war saubere Arbeit in Paris, Terry. Ihr Bonus müsste gestern rausgegangen sein.«
»Gern geschehen. Jederzeit wieder. Sie müssen es nur sagen.«
»In Augenblick ist kein Bedarf«, sagte Eric. Er lehnte sich zurück und schloss die Augen. »Ich glaube, die Dinge entwickeln sich sehr gut, so wie sie sind.«
6
Chris war zugleich ungeduldig und nervös, als er die Treppe zu Megans kleiner Wohnung emporstieg. Ungeduldig, weil er Megan erzählen wollte, was er herausgefunden hatte. Nervös, weil er noch nicht vergessen hatte, wie kühl sie ihn am letzten Sonntag behandelt hatte und wie zögerlich ihre Stimme geklungen hatte, als er sie gefragt hatte, ob er kommen könne.
Er klopfte an ihre Tür, ein bisschen außer Atem von der
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