Das Programm
sollte.
7
Langsam lenkte Eric das Boot durch das ruhige Wasser der Bucht. Es war ein schlankes weißes Schiff für die Sportfischerei, fast zehn Meter lang, mit einem Achterdeck, einer erhöhten Brücke und einem Vorderdeck. Eric fuhr geradewegs in die Sonne hinein, die hinter dem bewaldeten Hügelkamm von Mill Neck versank. Der Abend war sehr angenehm, der kühlste seit Wochen. In der Nacht zuvor hatte ein Gewitter die Luft von Schmutz und Feuchtigkeit gereinigt, übriggeblieben waren ein klarer Himmel mit Schäfchenwolken und eine leichte Brise. Das Ende des schwülheißen Sommers war nah. In einer Woche begann der September.
Der Druck des Ausbildungsprogramms fiel von ihnen ab, als sie sich an den alkoholischen Vorräten gütlich taten, die sie an Bord gebracht hatten. Es gab reichlich Kühltaschen mit Bier, Lenka und Alex hatten sogar die Zutaten für Margaritas dabei. Alle hatten sie ihre Anzüge gegen Jeans und T-Shirts getauscht. Sogar Duncan wirkte entspannt. Zwar sprachen Lenka und er nicht miteinander, aber sie beschimpften sich auch nicht.
Chris nahm drei Flaschen Bier und ging auf die Brücke, wo Eric am Ruder saß. Neben ihm hockte Megan, in verblichenen Jeans und einem alten blauen Sweater. Schwarze Haarsträhnen wehten ihr ins Gesicht.
Chris öffnete die Flaschen und gab sie weiter. Megan rutschte ein Stück beiseite, um ihm Platz zu machen. Es war ein friedlicher Abend. Kormorane strichen über das graue Wasser und wurden von der untergehenden Sonne in rote und orangefarbene Streifen getaucht. Dieser Arm der Oyster Bay erstreckt sich einige Kilometer ins Land hinein. Die Ufer säumten stille, bewaldete Hügel. Hin und wieder wurden große Anwesen sichtbar, hier und da ein Bootsteg, der aufs Wasser hinausging. Überall lagen große und kleine Boote vertäut, von winzigen Fischerbooten bis hin zu seetüchtigen Yachten.
»Das war eine großartige Idee«, sagte Chris.
»Hoffentlich«, sagte Eric. »Ich fahr gern hier raus.«
»Fährst du mit deinem Vater?«
»Ja, früher sehr oft. Jetzt weniger. Ich hab viel zu tun. Er hat viel zu tun. Du kennst das ja.«
»Wo leben deine Eltern? In einem von diesen Häusern?« Chris deutete auf die prächtigen Villen, die entlang der Küste in die Hügel gebettet waren.
Eric lachte. »Nein. Sie haben ein Häuschen in der Stadt. Oyster Bay war der Ort, wo die kleinen Geschäftsleute wohnten, die die großen Anwesen belieferten. Ein bisschen ist das noch immer so.«
Chris war überrascht. Er hatte immer gedacht, Eric sei mit einem goldenen Löffel im Mund zur Welt gekommen. »Wirst du eines Tages hier raus ziehen?«, fragte er.
Eric zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht. Vielleicht, wenn ich älter bin.«
»In eins von denen da?«
»Warte, ich zeige dir, wo ich wirklich gern wohnen würde. Gleich hier hinter der Landzunge.«
Sie fuhren noch ein paar Minuten, und Eric steuerte das Boot näher an die Küste. Kurz darauf erblickten sie ein modernes weißes Gebäude mit eleganter Linienführung und großen Fenstern. Auf einer gepflegten Rasenfläche, die sanft zum Wasser abfiel, leuchtete ein großer Swimmingpool. Das Anwesen entsprach nicht ganz Chris’ Geschmack, war aber zweifellos beeindruckend.
»Ist dir zu modern, was?«, sagte Eric, der Chris beobachtet hatte.
»Ich versteh zu wenig von Architektur.«
»Das hat Richard Meier entworfen.« Das sagte Chris gar nichts, was Eric nicht entging. »Na ja, auf jeden Fall gefällt es mir«, sagte er.
Chris betrachtete die Villen, die weit genug auseinander lagen, um Privatsphäre zu wahren, jedoch nahe genug, um keinen Meter Küstenlinie zu verschenken. »Wer wohnt in solchen Palästen?«
»Popstars, Mafiapaten, Investmentbanker.«
Zum ersten Mal wurde Chris klar, dass der Beruf des Investmentbankers unter Umständen nicht nur Zugang zu einem guten Einkommen, sondern auch zu richtigem Reichtum eröffnete. Er konnte sich nicht recht vorstellen, eines Tages in einer solchen Villa zu wohnen, doch bei Eric fiel ihm das nicht schwer. Plötzlich war er davon überzeugt, dass er neben jemandem saß, der eines Tages ein sehr reicher Mann sein würde.
»Möchtest du wirklich in die Politik, Eric, oder war der Bush-Wahlkampf nur so eine Eintagsfliege?«
Eric warf Chris einen raschen Blick zu und lächelte. »Nein, nein, ich meine das schon ernst.«
»Du kannst doch aber nicht gleichzeitig Politiker und Investmentbanker sein.«
»Das habe ich auch nicht vor. In den Vereinigten Staaten haben wir Berufspolitiker.
Weitere Kostenlose Bücher