Das Programm
»Es ist genau wie Cape Cod.«
»Es ist doch stockfinster, Duncan. Du kannst überhaupt nichts sehen. Und dann gibt’s hier gar keine Strände. Nur die protzigen Villen. Sogar das Meer sieht anders aus.«
»Unsinn. Denk doch an die kleine Pension in Chatham? Den ganzen Sonntagmorgen haben wir im Bett gelegen und aufs Meer geblickt. Das kannst du doch nicht vergessen haben. Du bist dabei gewesen, Lenka.«
Lenka platzte der Kragen. »Halt endlich dein verdammtes Maul!«, schrie sie. »Es ist aus. Kannst du das nicht kapieren, Duncan? Es ist aus. Hör endlich auf, so zu tun, als wären wir noch zusammen.«
»Aber es war ein wunderbares Wochenende. Das kannst du doch nicht einfach aus deinem Gedächtnis streichen.«
»Und ob ich das kann!«, sagte Lenka mit einem Unterton von Grausamkeit.
Duncan blickte sie einen Augenblick stumm an. Dann schnappte er sich eine Flasche Bier und kletterte um die Brücke herum auf das Vorderdeck.
»Vorsicht, Duncan!«, rief Eric von oben. Das Boot bäumte sich immer wieder in den Wellen auf, so dass Duncan leicht den Halt verlieren konnte.
In unbehaglichem Schweigen blieben Ian, Chris, Alex und Lenka auf dem Achterdeck zurück. Lenka war zu weit gegangen. Vermutlich wusste sie es, aber sie wäre jedem an die Gurgel gegangen, der es auszusprechen gewagt hätte.
Schließlich griff sich Chris ein paar Flaschen. »Ich bring sie Eric und Megan«, sagte er.
»Ich komm mit«, sagte Ian.
Auf der Brücke war es jetzt ziemlich eng. Duncan saß vor ihnen auf dem Vordeck, trank sein Bier und starrte auf die Lichter von Connecticut, die näher kamen.
»Haben sich Duncan und Lenka gestritten?«, fragte Eric.
»Ja«, sagte Chris.
»Ich hab es kommen sehen.«
»Ihr hättet ihn nicht einladen sollen«, sagte Ian. »Das musste Ärger geben.«
»Es ging nicht anders«, sagte Eric. »Wir konnten ihn doch nicht ausschließen.«
»Abgesehen davon«, warf Chris ein, »war es Lenka, die aus der Rolle gefallen ist. Sie ist schlecht drauf.«
»Genau wie Alex«, sagte Ian. »Was hat er eigentlich? Seit der Prüfung ist nichts mit ihm anzufangen.«
»Weiß ich auch nicht«, sagte Eric. »Vielleicht ist es die Geschichte mit seiner Mutter.«
»Oder der Job«, sagte Chris. »Weiß er, warum er keinen bekommen hat? Er war doch über dem Strich, und ich dachte, die Hypothekenleute wollten ihn haben. Hast du eine Ahnung, Eric? Haben sie ihn einfach vergessen?«
Eric zuckte die Achseln. »Er weiß selbst nicht, was los ist. Seiner Mutter geht es nicht sehr gut. Ich glaub, das hat ihn geschafft.«
»Guck dir das mal an!«, flüsterte Ian aufgeregt und zeigte auf das Achterdeck hinter ihnen. Lenka und Alex saßen in einer selbstvergessenen alkoholischen Umarmung.
»Ach du Scheiße«, sagte Chris.
Alle wandten sich zu Duncan um. Er war aufgestanden und machte ein paar unsichere Schritte. Dann blieb er stehen und warf die leere Flasche ins Wasser. Er konnte nicht sehen, was auf dem Achterdeck geschah, die Brücke war im Weg.
»Lenka!«, rief Chris.
Lenka blickte nicht auf, sondern hob nur einen einzelnen Finger.
Chris wandte sich Duncan zu. »Duncan! Warte!«
Duncan blickte auf und schwankte. Als eine Welle das Boot traf, wäre er fast über Bord gefallen. »Ich brauch noch ein Bier!«, knurrte er und setzte seinen Weg fort. Dann erblickte er Lenka und Alex. »He!«, rief er und krabbelte auf das Achterdeck. »He!«
Er packte Lenka an der Schulter und zog sie von Alex fort.
»Fass mich nicht an!«, schrie sie und gab ihm einen Stoß vor die Brust.
»Was zum Teufel macht ihr da?«, schrie Duncan und schubste sie zurück.
»Lass sie in Ruhe«, sagte Alex und stand auf. Er stieß Duncan von Lenka fort.
Duncan trat einen Schritt zurück und holte zu einem wilden Schwinger aus. Alex war zu betrunken und zu langsam, um rechtzeitig zu reagieren. Der Schlag traf ihn sauber am Kinn. Alex stolperte zurück. Duncan schlug noch einmal zu. Dieses Mal krachte Alex gegen die Reling, gerade als das Boot heftig auf einer Welle aufsetzte. Er kippte nach hinten und verschwand in der Dunkelheit.
Was dann geschah, blieb Chris nur bruchstückhaft im Gedächtnis. Er erinnerte sich, dass Lenka schrie, dass Duncan mit offenem Mund auf die Stelle starrte, wo Alex eben noch gestanden hatte, dass Eric mit einem Satz von der Brücke sprang und neben dem Boot eintauchte.
Ian torkelte hinter ihm her. Als er die Schuhe abstreifte, rief Megan: »Lass das!« Doch er war schon in der Luft und schlug Sekundenbruchteile später
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