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Das Programm

Titel: Das Programm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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bedrängen.«
    »Ich weiß, dass sie das behauptet«, sagte Duncan finster. »Genau darum geht es. Sie irrt sich, und das muss ich ihr beweisen. Wenn ich sie in Ruhe lasse, kann das ja wohl kaum klappen, oder? Ich muss ihr zeigen, wie sehr ich sie liebe, damit sie sich endlich eingesteht, dass sie mich auch liebt. Und das tut sie, egal, was sie sagt. Ich weiß es einfach.« Trotzig starrte er Chris an.
    »Hat sie dir von dem Typen erzählt, mit dem sie in der Tschechoslowakei verlobt war? Dass sie sich von ihm getrennt hat? Sie wollte sich damals nicht binden, und sie will es heute nicht.«
    »Das war was ganz anderes«, sagte Duncan. »Er wollte, dass sie alles für ihn aufgibt. Ich will alles für sie aufgeben.«
    Chris hielt den Mund. Er hatte gewusst, dass es zwecklos war, mit Duncan zu reden. Er hätte sich den Versuch sparen können. Aus den Augenwinkeln sah er, dass Gefahr im Verzug war. Vom War Memorial kamen Lenka und Alex auf sie zu, augenscheinlich sehr in eine Unterhaltung vertieft.
    »Na gut, tu, was du nicht lassen kannst«, sagte Chris und griff nach Duncans Arm. »Gehen wir ins Büro zurück.«
    Zu spät. Duncan hatte sie bereits gesehen.
    »Da. Guck dir das an!«
    »Duncan«, sagte Chris und zog ihn am Ärmel.
    Duncan riss sich los. »Das kann doch nicht wahr sein! Schau, was sie tun.«
    »Sie unterhalten sich, das ist alles. Sie sind Freunde. Sie sind unsere Freunde.«
    »Ja, aber guck dir an, wie sie sich unterhalten«, sagte Duncan, während er raschen Schrittes auf sie zusteuerte.
    Lenka erblickte ihn, ihr Gesicht verfinsterte sich, sie blieb stehen und sah ihm entgegen.
    »Was machst du da?«, fragte Duncan.
    »Ich unterhalte mich mit Alex«, erwiderte Lenka ruhig.
    »Warum tust du das? Warum sprichst du nicht mit mir?«
    »Duncan!« Chris hatte ihn schon wieder am Ärmel zu fassen und versuchte, ihn wegzuziehen.
    Lenka platzte der Kragen. »Hör zu, Duncan! Ich kann reden, mit wem ich will. Ich kann gehen, mit wem ich will. Ich kann schlafen, mit wem ich will.« Sie trat ganz nahe an ihn heran und stieß ihm den Zeigefinger vor die Brust. »Ich mochte dich wirklich gern, Duncan. Es war schön mit dir. Aber diesen ganzen Scheiß hier muss ich mir nicht antun. Du kannst mir nicht vorschreiben, was ich zu tun und zu lassen habe, verstanden? Es ist aus zwischen uns, Duncan. Schluss! Finito!«
    Dieser Ausbruch kam für Duncan so überraschend, dass es ihm die Sprache verschlug. In seiner Verwirrung ließ er sich endlich von Chris fortziehen. Doch er drehte sich noch einmal um und rief: »Miststück!«
    »Scheißkerl!«, kam postwendend die Antwort von Lenka. Chris und Alex warfen sich einen vielsagenden Blick zu. Dann schob Chris den anderen entschlossen in Richtung Bloomfield Weiss davon.
    In einer Kurspause zog Chris Lenka beiseite. Sie sah immer noch wütend aus.
    »Das war ja ein höchst unerfreulicher Auftritt«, sagte er.
    »Hast du mit ihm gesprochen?«
    »Ja.«
    »Und? Findet er sich nun endlich damit ab?«
    »Nein.«
    Lenka seufzte. »Das habe ich befürchtet. Siehst du, was ich damit meine? Er benimmt sich, als wäre ich sein Eigentum? Das bin ich aber nicht, und das muss ich ihm irgendwie klar machen. Ich mag ihn noch immer, trotz seiner Verbohrtheit. Aber wenn ich ihn einen Scheißkerl nennen muss, damit er kapiert, was los ist, dann tu ich das eben.«
    »Er ist eifersüchtig. Er denkt, du hast was mit Alex.«
    »Vielleicht ist das ganz gut so. Wenigstens wird er dann begreifen, dass es vorbei ist.« Lenka sah den Zweifel in Chris’ Gesicht. »Hast du eine bessere Idee?«
    Damit ging sie zurück in den Hörsaal.

6
    Die letzte Woche vor den Prüfungen war die Hölle. Alle waren angespannt. Es war klar, dass Waldern noch einmal sein Bestes geben würde. Geplant war ein Vier-Stunden-Test über Kapitalmärkte, aber Waldern hatte versprochen, er würde alles hineinpacken, was sie im Laufe des Programms gelernt hatten. Die Furcht, ins untere Viertel abzurutschen, hatte die Mehrheit der Trainees fest im Griff. Die übrigen sorgten sich um die Spitzenplätze. Rudy Moss war noch immer auf Platz eins, Eric auf zwei. Latasha James war dritte, nachdem Lenka durch ihr katastrophales Abschneiden im Ethikexamen auf Rang zehn abgerutscht war. Duncan lag unmittelbar über der Demarkationslinie, Alex unmittelbar darunter. Sogar Chris, der Nummer sechsundzwanzig war, hatte das Gefühl, er könnte noch ins unterste Viertel abstürzen, wenn ihn die Panik packte. Er hatte, wie Ian es formulierte, die Panik

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