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Das Programm

Titel: Das Programm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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Chris.
    »Nein.« Megan ließ sich fassungslos in einen Sessel fallen. »Aber ich habe doch noch letzte Woche mit ihr gesprochen. Wann ist sie …? Und wie?«
    »Montag. Sie wurde ermordet. In Prag.«
    »Ermordet? Wie grauenvoll.« Megan wurde totenblass. Tränen traten ihr in die Augen.
    Chris wusste nicht, was er tun sollte. Hilflos stand er einen Augenblick vor ihr, bevor er ihren Arm berührte.
    »Tut mir Leid«, sagte Megan und unterdrückte ein Schluchzen. »Es ist nur der Schock.«
    »Das ist es«, sagte Chris. »Für uns alle.«
    »Wie ist es passiert?«
    »Wir gingen durch eine kleine Gasse, als von hinten jemand mit einem Messer kam. Es ging alles sehr schnell.«
    »Oh, mein Gott, wie entsetzlich!«
    »Und ihr wart hier verabredet?«, fragte Chris.
    »Ja. Ich wollte ein paar Tage hier bleiben. Ich komme aus Paris.«
    Sie sah erschöpft aus, wie sie da zusammengesunken im Sessel saß. Chris blickte auf ihr Gepäck hinab. »Und was machst du jetzt?«
    »Ich weiß nicht. Ich such mir ein Hotel.«
    »Unsinn«, sagte Chris. »Du kommst mit zu mir. Ich habe ein Gästezimmer. Du willst doch nicht den ganzen Abend mit der Suche nach einem Hotelzimmer verbringen.«
    Megan zögerte, dann lächelte sie. »Nein. Eher nicht. Ich danke dir.«
    Sie nahmen ein Taxi zu Chris’ Wohnung in Hampstead. Stumm starrte Megan aus dem Autofenster auf den Londoner Verkehr.
    Chris fühlte sich unbehaglich. Er fragte sich, ob es richtig gewesen war, sie einzuladen. Das Angebot war ehrlich gemeint gewesen, und Megan hatte es auch richtig verstanden, aber sie kannten sich kaum. Vielleicht hatte sie jetzt doch ihre Zweifel und blickte deshalb so unverwandt aus dem Taxifenster? Vielleicht sollte er ihr einen Ausweg anbieten: Er konnte ihr helfen, ein Hotelzimmer zu suchen. Dann wurde ihm klar, dass das noch schlimmer wäre. Er war viel zu englisch: Ein Amerikaner hätte überhaupt kein Problem mit einer so gastfreundlichen Geste.
    Um diese Zeit war nicht mehr viel Verkehr auf den Straßen, und sie waren bald da. Er trug das Gepäck in ihr Zimmer, und sie folgte ihm in die Küche.
    »Wein?«, fragte er.
    »Gerne«, sagte sie.
    Er öffnete eine Flasche australischen Rotwein und goss zwei große Gläser ein.
    »Einverstanden mit Pasta?«
    »Du musst nicht für mich kochen.«
    »Hast du Hunger oder nicht?«
    Megan lächelte und nickte.
    »Also dann?«
    »Pasta wäre wundervoll. Danke.«
    Chris setzte ein Topf Wasser auf. Megan nippte an ihrem Wein und sah sich in der Wohnung um.
    »Hübsch hier.«
    »Danke. Du hast Glück. Die Putzfrau war heute da.«
    »Hast du die Wohnung renoviert?«
    »Ja. Oder zumindest habe ich dafür bezahlt. Das ist schon einige Jahre her.« Übermütig hatte Chris die Wohnung von seinem ersten großen Bonus von Bloomfield Weiss kostspielig renovieren lassen. Innenwände wurden eingerissen, helle Dielen gelegt, die Räume neu angeordnet und die Wände gestrichen. Bis zu dem Tag, an dem er entlassen wurde, war er stolz auf die Wohnung gewesen, danach war sie nur noch ein Ort, wo er wohnte. Im Laufe des letzten Jahres war sie ihm sogar ein bisschen peinlich geworden. Sie war gekaufter Geschmack, weit eleganter als ihr Besitzer.
    »Wo ist das?«, fragte Megan und zeigte auf eine düstere Schwarzweißfotografie, die Fabrikschlote auf einem gefährlich steilen Hügel zeigte.
    »Halifax. Da bin ich aufgewachsen.«
    »Oh. Nun weiß ich endlich, was William Blake mit seinen ›düsteren, infernalischen Fabriken‹ meinte.«
    »Sie sind nicht mehr infernalisch«, sagte Chris. »Sie haben den Betrieb schon vor langer Zeit eingestellt. Aber ich mag sie. Sie haben ihre eigene Ästhetik.«
    »Alex hätten sie gefallen.«
    Chris lächelte. »Das stimmt. Ich hab an ihn gedacht, als ich das Foto gekauft habe.«
    Sie setzte sich mit ihrem Glas Wein an den kleinen Küchentisch.
    »Entschuldige, dass ich dich nicht gleich erkannt habe«, sagte Chris.
    »Was willst du? Es ist zehn Jahre her.«
    »Aber du hast mich erkannt.«
    »Ich habe mit dir gerechnet.«
    »Klar. Lenka hat mir nichts von deinem Besuch erzählt.«
    »Ich habe sie erst letzte Woche angerufen. Zur Vorbereitung meiner Dissertation habe ich ein sechsmonatiges Forschungsstipendium in Cambridge bekommen. Ich dachte, ich mach erst mal eine Woche Ferien: Ein paar Tage Paris, und dann wollte ich bei ihr in London bleiben.«
    Chris nahm ein Schere und schnitt Plastikverpackung auf. »Es wird nicht gerade ein Feinschmeckergericht«, sagte er.
    »Ist mir völlig schnurz«, sagte

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