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Das Programm

Titel: Das Programm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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Megan. »Ich verhunger.«
    »Gut. Ich hatte ganz vergessen, dass Lenka mit dir befreundet war. Habt ihr vor einigen Jahren nicht sogar zusammen Urlaub gemacht?«
    »Stimmt. In Brasilien. Ein toller Urlaub.«
    »Ich kann mir vorstellen, dass es Spaß macht, mit Lenka Urlaub zu machen.«
    »Das kann man wohl sagen.« Megan seufzte. »Seither haben wir uns oft gesehen. Das letzte Mal vor einem halben Jahr in Chicago. Ich promovier an der University of Chicago. Sie hat dort Investoren ihres Fonds besucht. Wir haben uns in einem Thai-Restaurant in der Stadt getroffen. Es waren nur ein paar Stunden …« Sie brach ab, in Erinnerung verloren.
    »Wie kam es, dass ihr euch angefreundet habt? Ich habe gar nicht bemerkt, dass ihr euch während des Ausbildungsprogramms kanntet.«
    »Das war erst hinterher. Nachdem das mit Alex passiert war. Du weißt ja, Lenka fühlte sich verantwortlich. Sie machte sich Vorwürfe, weil sie Alex benutzt hatte. Dabei wollte sie nur, dass Duncan endlich aufgibt. Natürlich hat sie nicht damit gerechnet, dass Alex verletzt oder gar getötet werden könnte. Sie musste mit jemandem reden. Ihr wart alle wieder in England, da blieben nur Eric und ich.«
    »Sie muss in einer scheußlichen Verfassung gewesen sein.«
    »Allerdings.« Gedankenverloren hielt Megan einen Augenblick inne. »Von Georgetown aus ging ich für ein paar Jahre nach Columbia. Ich hatte das so eingerichtet, damit ich bei Eric in New York war, aber wir trennten uns einen Monat vor meinem Wechsel. Lenka arbeitete noch an der Wallstreet, und wir trafen uns häufig. Wir kamen glänzend miteinander aus. Wir waren zwar sehr verschieden, haben uns aber gut ergänzt.«
    »Das kann ich mir vorstellen.«
    »Sie sagte, ihr beide wäret ein gutes Team«, sagte Megan.
    »Das waren wir wohl. Wir hatten unterschiedliche Stärken und Schwächen. Aber wir haben uns akzeptiert. Sie hatte schon Recht. Wir waren ein gutes Team.«
    »Lenka hat immer die Extrovertierte gespielt, schien a ber gern mit ruhigeren Leuten zusammen zu sein. Vielleicht weil sie dann besser zur Geltung kam.«
    »Auf ihre Art war sie ein sehr ernsthafter Mensch«, sagte Chris.
    »Du hast sie gut gekannt«, sagte Megan.
    »Du doch offenbar auch«, sagte Chris lächelnd.
    Chris stellte die Nudeln und die Soße auf den Tisch, goss noch ein bisschen Wein nach und setzte sich.
    »Und du studierst also immer noch mittelalterliche Geschichte?«, fragte er.
    »Ja«, sagte Megan. »Du hast auch Geschichte studiert, stimmt’s? Ich hab dich damals auf dem Schiff damit vollgelabert.«
    »Was für ein Gedächtnis!«, sagte Chris. »Meins ist leider miserabel. Ich kann mich nicht an viel mehr als die Schlacht von Hastings erinnern.«
    »Na ja, mein Spezialgebiet war die Karolingische Renaissance. Ich habe vor einigen Jahren ein paar Monate in Frankreich verbracht. Meine Dissertation schreibe ich nun aber über die Auswirkungen der Klosterreform im England des 10. Jahrhunderts. Deshalb gehe ich nach Cambridge.«
    Das waren böhmische Dörfer für Chris. »Macht es dir noch Spaß?«, fragte er.
    »Ach, weißt du, man hat seine guten und schlechten Tage. Ich unterrichte gerne, wenn die Studenten interessiert sind. Und Geschichte fasziniert mich immer noch. Aber für meinen PhD muss ich erst meine Dissertation abschließen. Da muss man unbedingt was Neues ausgraben. Deshalb beschäftigt man sich mit irgendeinem winzigen Aspekt, der so abseitig ist, dass noch niemand darüber gearbeitet hat.«
    »Kein Beruf ist vollkommen«, sagte Chris.
    »Die sechs Monate in Cambridge geben mir wenigstens Gelegenheit, richtig über die Arbeit nachzudenken. Ich freue mich schon lange darauf.«
    Megan machte sich mit gesundem Appetit über die Nudeln her. Sie hatte wirklich Hunger. Chris ließ ihr die Wahl zwischen Kaffee oder noch ein bisschen Wein. Megan entschied sich für Wein, und Chris öffnete eine zweite Flasche.
    »Normalerweise trinke ich nicht so viel«, sagte sie. »A ber heute brauch ich ihn.«
    »Kann ich verstehen«, sagte Chris. Als sie die zweite Flasche in Angriff nahmen, spürte er, wie der Druck der letzten Tage etwas von ihm abfiel. Es war eine billige Tröstung, und er würde am nächsten Tag dafür bezahlen müssen, aber er brauchte sie auch.
    »Sie war wirklich was Besonderes«, sagte Megan.
    »War sie«, sagte Chris. Er nahm einen Schluck Wein. »Sie hat mich gerettet.«
    »Dich gerettet?«
    Chris nickte.
    »Was meinst du damit?«
    Chris starrte einen Augenblick in die tiefrote

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