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Das Programm

Titel: Das Programm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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legte er auch in zweitrangigen Ländern an. Zunächst scheute er sich, schließlich war er ein gebranntes Kind, aber Lenka ermutigte ihn und sagte, sie kenne niemanden, der für eine solche Transaktion besser geeignet sei. Außerdem könne er jederzeit verkaufen, sie würde ihm nicht reinreden. Daraufhin hatte er seinen ganzen Mut zusammengenommen und angefangen zu kaufen.
    Der Rücktritt des russischen Finanzministers hatte alle diese Positionen schwer erschüttert, doch Chris war von ihrer grundsätzlichen Stärke überzeugt gewesen und hatte sie behalten.
    Der Rest des Portfolios bestand aus hochverzinslichen Anleihen, so genannten Junk-Bonds. Lenka hatte in den Vereinigten Staaten Erfahrungen mit Junk-Bonds gesammelt und wollte sich der Analyse der kleinen, aber wachsenden Zahl von Junk-Bonds aus Osteuropa widmen. Die bei weitem größte Junk-Bond-Position war Eureka Telecom. Zugleich war sie diejenige, die sich am schlechtesten entwickelte und der Chris am wenigsten traute.
    Also musste Eureka Telecom dran glauben.
    Wahrscheinlich würde es eine Zeitlang dauern, die Anleihen zu verkaufen, daher beschloss Chris, sofort damit anzufangen. Wenn er Rudy dazu überreden konnte, seine Investition bei Carpathian zu lassen, konnte Chris das Geld immer noch woanders investieren. Er rief Ian an.
    »Wie steht Eureka Telecom?«, fragte er, ohne sich mit Smalltalk aufzuhalten.
    »Ich glaube fünfundneunzig zu siebenundneunzig«, antwortete Ian.
    »Fünfundneunzig! Aber Lenka hat sie letzte Woche zum Nennwert gekauft, oder?«
    »Ich weiß«, sagte Ian. Die Sache war ihm offenkundig peinlich. »Aber durch die Nachrichten aus Russland ist der Markt in die Knie gegangen. Die neuesten Zeichner-Zahlen sind am Montag herausgekommen. Sie waren, nun ja, enttäuschend.«
    »Schlechte Nachrichten in der Woche nach der Emission!«, sagte Chris. »Stand davon nichts im Emissionsprospekt?«
    »Es kam für uns alle völlig überraschend«, sagte Ian. »Aus diesem Grunde haben meine Händler die Anleihen auch heruntergestuft.«
    Theoretisch hieß das, dass Bloomfield Weiss bereit war, Chris die Anleihen zu einem Kurs von fünfundneunzig abzunehmen, und ihm neue zu einem Kurs von siebenundneunzig zu verkaufen. Lenka hatte ihre fünfundzwanzig Millionen Anleihen zum Nennwert – also hundert Prozent – gekauft. Theoretisch konnte Chris zehn Millionen von ihnen mit fünf Prozent Verlust verkaufen, was einer Million Euros entsprach. Nicht gerade ein Reibach, aber auch keine Katastrophe. Er hatte kein gutes Gefühl bei dieser Position und wollte auf dem schnellsten Wege raus.
    Das Problem war nur, dass der Junk-Bond-Markt illiquid war. Was bedeutete, dass Bloomfield Weiss mit dem Kurs runtergehen würde, sobald Chris erklärte, er wolle die ganze Position verkaufen. Um wie viel, musste Chris herausfinden.
    »Was zahlst du mir für zehn?«, fragte Chris.
    Am anderen Ende der Leitung herrschte einen Augenblick Stille. »Fünfundneunzig hat nur für eine Million gegolten«, sagte Ian schließlich.
    »Okay, verstehe«, sagte Chris. »Also, für wie viel kann ich zehn Millionen verkaufen?«
    Diesmal dauerte die Stille länger. Endlich meldete sich Ian wieder. »Meine Händler würden das per Auftrag machen. Sagen wir, für dreiundneunzig?«
    Das kam für Chris überhaupt nicht in Frage. Bloomfield Weiss wollte seine Anleihen auf dem Markt anbieten, ohne selbst ein Risiko einzugehen. Aber Chris wollte raus, und zwar sofort.
    »Nein, Ian. Ich möchte ein Gebot für die zehn Millionen.«
    »Ich denke, wir arbeiten lieber im Auftrag.«
    »Hör zu, Ian, du hast uns letzte Woche fünfundzwanzig Millionen Euro von dieser Anleihe verkauft. Da musst du bereit sein, zehn Millionen zurückzukaufen.«
    Ian zögerte. »Chris«, sagte er. »Du weißt nicht, wie es auf diesem Markt zugeht. Es handelt sich hier nicht um Regierungsanleihen. Der Hochprozenter-Markt ist illiquid; das weiß jeder. Lass uns auf Auftrag arbeiten.«
    »Ich brauche deine Belehrung nicht, Ian. Frag deine Händler, für wie viel sie zehn Millionen kaufen. Und zwar auf der Stelle.«
    »Aber, Chris …«
    »Frag sie!«
    »Okay.«
    Er ließ Chris einige Minuten warten. Ian hatte Recht, Chris war mit dem Junk-Markt nicht so vertraut wie mit Staatsanleihen, aber auf keinen Fall würde Bloomfield Weiss das zu seinem Vorteil nutzen. Ian hatte Carpathian die Bonds verkauft; er musste sie auch wieder zurückkaufen.
    »Chris?« Es war Ian. Seine Stimme klang unsicher und nervös. Chris wappnete sich

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