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Das Programm

Titel: Das Programm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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wie geht es Ihnen? Freut mich, Sie zu sehen.« Sie reichte ihm die Hand. »Gehen wir in den Börsensaal. Im Moment ist es ziemlich ruhig. Dort können wir uns unterhalten.«
    Sie führte Chris an einem Durcheinander von Schreibtischen, Stühlen, Papierkörben, Jacketts, Papieren und Menschen vorbei in eine entfernte Ecke des Raums.
    Chris blickte sich um. »Hat sich nicht sonderlich verändert«, sagte er.
    »In der Geschäftsführung ist immer mal wieder die Rede davon, dass ein Neuer her soll. Aber wozu? Nach wie vor wird hier die Musik gemacht, und die Wallstreet tanzt dazu.«
    Wenn das so war, dann passierte im Augenblick gar nichts an der Wallstreet, was aber an einem Montagnachmittag um vier Uhr keine besondere Überraschung war. Der Raum war zwar voller Menschen, aber diejenigen, die telefonierten, sahen gelassen und entspannt aus, und die anderen blickten auf die Bildschirme, in die Zeitung oder einfach ins Leere. Eine Gruppe korpulenter Männer in weißen Hemden hatte sich zusammengefunden und alberte herum. Irgendwie wirkte das alles weniger einschüchternd als vor zehn Jahren. Chris brauchte auch nicht mehr damit zu rechnen, dass ihn jemand anbrüllte, er solle eine Pizza holen. Ein paar eingeschüchterte Trainees hockten an ihren Schreibtischen und sahen so aus, als würden sie jetzt springen, wenn er sie anbrüllte. Ihm war nicht danach.
    Abby arbeitete in der Abteilung für Kommunalobligationen, nicht gerade die prestigeträchtigste Abteilung von Bloomfield Weiss. Als sie zu Abbys Schreibtisch kamen, erkannte Chris Latasha James. Sie trug ein elegantes schwarzes Kostüm.
    »Hi, Chris! Wie geht’s?« Sie umarmte ihn herzlich. »Wie schön dich zu sehen. Entsetzlich, die Geschichte mit Lenka.«
    »Ja, furchtbar«, sagte Chris. »Du bist ja wohl noch immer bei den Kommunalobligationen.«
    Latasha verdrehte die Augen. »Du sagst es. Ich arbeite oben bei den Emissionen. Ist aber gar nicht so schlecht. Einige dieser Städte können das Geld, das wir ihnen besorgen, verdammt gut gebrauchen. Wahrscheinlich kann ich hier mehr Gutes tun als in vielen anderen Jobs.«
    »Gutes tun bei Bloomfield Weiss. Was für ein Gedanke!«
    »Ja, nicht wahr? So, jetzt muss ich aber«, sagte Latasha. »Wir sehen uns noch.«
    »Sie ist wirklich gut«, sagte Abby und setzte sich an ihren Schreibtisch. »Sie zieht mehr Geschäfte an Land als alle anderen zusammen da oben. Die Kommunalpolitiker lieben sie. Und zwar nicht nur die schwarzen.«
    »Das freut mich wirklich«, sagte Chris, zog sich einen Stuhl heran und blickte auf die vertrauten Bildschirme auf Abbys Schreibtisch. »Wie lange machen Sie den Kram hier schon?«
    »Neun Jahre«, sagte Abby. »Irgendwann hat mich George Calhoun aus seinen Fängen gelassen. Das ist schon okay. Ich muck nicht auf, bin nett zu meinen Kunden und tu, was mein Chef von mir will.«
    »Ist schon ‘ne Menge heutzutage«, sagte Chris.
    Abby lächelte. »Ich habe gehört, dass Herbie Exler den Konvergenz-Handel vermasselt hat. Ihn hätten sie rausschmeißen müssen, nicht Sie.«
    Chris hob die Augenbrauen. »Ich ahnte gar nicht, dass sich das rumgesprochen hat.«
    »Alle wissen es«, sagte Abby. »Nur spricht es keiner aus. Niemand möchte Herbie zum Feind haben. Oder Simon Bibby. Er ist jetzt Leiter der Festverzinslichen-Abteilung in New York.«
    »Mein Gott, bin ich froh, dass ich draußen bin.«
    Nachdenklich bearbeitete Abby ihr Kaugummi. »Tut mir Leid, dass ich im Trainingsprogramm so eine Zicke war.«
    Chris war überrascht. »Sie waren doch keine Zicke.«
    Abby lächelte. »Und ob! Ich wollte die gemeinste Kursleiterin sein, die Calhoun je erlebt hatte. Ich wusste, dass er das wollte, und ich dachte, nur so könnte ich es zur Investmentbankerin bringen. Ich hab mich über alles aufgeregt.«
    »Die haben einen ganz im Griff, was?«, fragte Chris.
    »Und ob. Und zu Anfang war ich hier genauso. Bis mir dann langsam dämmerte, dass man auch bei Bloomfield Weiss eine ruhige Kugel schieben kann. Man muss nur wissen wie. Entschuldigen Sie mich.«
    Auf ihrem Telefon blinkte ein Lämpchen. Abby nahm ab. Freundlich plauderte sie mit ihrem Gesprächspartner und hatte ihm am Ende Bonds einer Mautstraße in New Jersey für drei Millionen verkauft.
    Sie legte auf. »Wo waren wir stehen geblieben?«
    »Bei den guten alten Zeiten.«
    »Ach ja«, Abby lachte. »Also, wie kann ich Ihnen helfen?«
    »Ich wollte Sie etwas zum Programm fragen. Möglicherweise hat es was mit Lenkas Tod zu tun.«
    »Fragen

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