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Das Programm

Titel: Das Programm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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Hochprozenter einzustellen gedachte, um die Lücke zu schließen, die Lenka hinterlassen hatte. Sich selbst überzeugte Chris, aber ob es ihm auch bei Rudy gelang, wusste er nicht.
    »Was hältst du von Lettland?«, fragte Rudy. »Glaubst du, es wird beim zweiten Anlauf EU-Anwärter?«
    Typisch für Rudy, aus heiterem Himmel solche speziellen Fragen zu stellen, über die er sich vermutlich vorher gründlich informiert hatte. Aber Chris kannte sich aus auf seinem Gebiet, und mit dem, was er im Flugzeug gelesen hatte, bastelte er eine überzeugende Antwort zusammen …
    Rudy schien zufrieden zu sein. »Liegt eine aktuelle Bewertung des Fonds vor?«, fragte er.
    Das war der Punkt. Der Augenblick, den Chris gefürchtet hatte, aber unausweichlich hatte kommen sehen. Er reichte Rudy die Februar-Bewertung. Rudy überflog sie.
    »Aber hier steht, dass der Fonds-Preis bei hundertfünfzehn Euro liegt. Stand er nicht letzten Monat noch bei hundertneunundzwanzig? Was ist passiert?«
    »Es liegt an der Eureka-Telecom-Position, die wir kürzlich gekauft haben. Es war eine Neuemission, aber wenn wir heute verkauften, bekämen wir nur einen Preis von siebzig.«
    Rudy zog eine Grimasse. »Ein Albtraum. Dann ist der Fonds also in einem Monat, warte, um zehn Prozent runtergegangen?«, sagte er mit der Andeutung eines boshaften Lächelns. »Nicht gerade toll, findest du nicht?«
    »Nein, es ist bislang unser schlechtester Monat«, gab Chris zu. »Aber denk dran, du hast bei hundert investiert. Das ergibt unterm Strich immer noch einen hübschen Gewinn.«
    »Den haben wir vielleicht in der Vergangenheit gemacht, aber jetzt verlieren wir ihn, oder?«
    »Eureka Telecom war Lenkas Position.« Chris sagte es wirklich nicht gern, aber schließlich war es die Wahrheit.
    Rudy hob die Augenbrauen. »Das ist wirklich nicht die feine Art. Dem Partner die Schuld in die Schuhe schieben, wenn er sich nicht mehr verteidigen kann.«
    Das hatte gesessen. Chris atmete tief durch und zählte bis drei, bevor er antwortete: »Lenka hat einige sehr gute Investitionen gemacht. Mindestens fünfzig Prozent des bisherigen Erfolgs gehen auf ihr Konto. Nur ihre letzte Entscheidung scheint nicht sehr glücklich gewesen zu sein.«
    »Weißt du, warum sie den Bond gekauft hat?«, fragte Rudy.
    Eine kluge Frage. Auf diese Weise fand er nämlich heraus, wie gut die Kommunikation zwischen ihnen gewesen war, und damit auch, inwieweit Chris über Lenkas Schritte informiert gewesen war. Eine kluge Frage, die Chris nicht beantworten konnte. »Sie hat sie gekauft, als ich im Urlaub war.«
    »Also darf ich festhalten, dass du nichts über die größte Position des Fonds weißt? Die Position, die am meisten Schwierigkeiten macht?«
    »Ich bin dabei, es herauszufinden«, sagte Chris.
    Rudy schüttelte den Kopf. »Du bist dabei, es herauszufinden. Ich finde nicht, dass Amalgamated Veterans dein Lehrgeld bezahlen sollte.«
    »Vertrau mir, Rudy. Ich werde dir ‘ne Menge Geld bringen«, sagte Chris.
    Rudy kicherte. »So wie du Bloomfield Weiss ‘ne Menge Geld gebracht hast?«
    Plötzlich sah Chris völlig klar. Er war hier, damit Rudy ihm genüsslich unter die Nase reiben konnte, dass seine, Chris’, Zukunft in Rudys Händen lag. Rudy würde ihn noch ein bisschen zappeln lassen, bevor er ihm den Gnadenstoß versetzte. Er konnte das Nein, das natürlich längst feststand, noch eine ganze Weile hinauszögern. Allerdings hatte Chris auf der Besprechung bestanden, insofern war er selbst schuld. Er hatte jedoch nicht die Absicht, Rudy die Inszenierung zu überlassen.
    Er stand auf und hielt dem anderen die Hand hin. »Vielen Dank, dass du bei uns investiert hast, Rudy. Doch ich denke, von nun an wird der Carpathian-Fonds besser ohne dich auskommen.«
    Etwas enttäuscht ergriff Rudy die ausgestreckte Hand und schüttelte sie.
    »Ich finde selbst hinaus«, sagte Chris und verließ das Büro.
    Was für eine Zeitverschwendung!
     
    Chris saß im Zug von Hartford nach New York, kochend vor Wut. Da hatte er Tausende von Kilometern zurückgelegt, um mit Rudy zu sprechen, nur um sich beleidigen und demütigen zu lassen. Er hätte es wissen müssen. Schließlich hatte Rudy keinen Zweifel daran gelassen, dass er keine Lust hatte, ihn zu treffen. Aber er hatte den Versuch unternehmen müssen. Nur im direkten Gespräch mit Rudy konnte er klären, ob es noch eine Chance gab, ihn umzustimmen.
    Und nun? Bonds verkaufen, wo der Markt im Keller war? Aufgeben? Carpathian schließen? Vielleicht würde

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