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Das Programm

Titel: Das Programm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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Sie.«
    »Es geht um Alex Lubron.«
    Abby hob die Augenbrauen. »Alex Lubron? Da hätte ich gedacht, dass Sie weit besser informiert sind als ich.«
    Chris überging den Seitenhieb. Er wusste, dass er es vorsichtig anstellen musste. »Eigentlich möchte ich mit Ihnen über Dinge sprechen, die einige Zeit vor seinem Tod stattgefunden haben.«
    »Schauen wir, ob ich mich erinnere.«
    »Soweit ich weiß, ist sein Drogentest positiv ausgefallen?«
    Abby nickte. »Ich erinnere mich. Wir waren angewiesen worden, schärfer gegen Drogenmissbrauch in der Firma vorzugehen. Sie erinnern sich vielleicht, dass gerade zwei unserer Wertpapierhändler dabei erwischt worden waren, dass sie ihre Kunden mit Stoff versorgten. Deshalb hatte man jetzt vor, ein oder zwei Mitarbeiter mit großem Tamtam auf die Straße zu setzen, um der Öffentlichkeit zu zeigen, dass die Firma gewillt war, reinen Tisch zu machen. Aber natürlich wollte man von den gestandenen Händlern keinen entlassen, der richtiges Geld machte. Also beschloss man, ein paar Trainees herauszugreifen. Wer würde sie vermissen?«
    Chris lächelte.
    »Wie Sie sich vorstellen können, gefiel Calhoun die Idee. Er organisierte einen getürkten Gesundheitscheck, der ohne Vorankündigung nach dem Abschlussexamen angesetzt wurde. Die Frankfurter und die Londoner Filiale hatten keine Lust, ihre Trainees zu opfern, daher musste Calhoun die Maßnahme auf die amerikanischen Kursteilnehmer beschränken.
    Nachdem die Proben genommen worden waren, stellte sich zur allgemeinen Überraschung heraus, dass der Test nur bei einem Trainee positiv ausfiel.«
    »Alex?«
    »Genau. Alex. Und wie sich herausstellte, hatte er eine Art Mentor in der Hypothekenabteilung, der Himmel und Hölle in Bewegung setzte. Calhoun verbrachte viel Zeit mit Alex; ich weiß nicht genau, worauf sie sich am Ende einigten. Nach Alex’ Tod war jedenfalls alles vergessen. Bloomfield Weiss hatte sich die rasche und glatte Entlassung von Leuten vorgestellt, von denen man nichts mehr hören würde. Sobald Alex ertrunken war, kam er als Sündenbock nicht mehr in Frage.«
    »Wusste die Polizei davon?«, fragte Chris.
    »Weiß ich nicht genau«, sagte Abby. »Rund eine Woche schienen sie Verdacht zu hegen, was Alex’ Tod anging, dann ließen sie die Sache fallen. Aber daran erinnern Sie sich wahrscheinlich.«
    »Ja«, sagte Chris. »Allerdings.«
    »Ob Bloomfield Weiss irgendeinen Druck ausgeübt hat, weiß ich nicht.«
    »Ist die Firma denn dazu in der Lage?«
    Abby blickte sich um. »Was glauben Sie, was wir hier tun? Wir gehören zu den drei führenden Firmen an der Wallstreet für Gemeindefinanzierung. Wir kennen ‘ne Menge Kommunalpolitiker.«
    »Verstehe.«
    Abby beugte sich vor, Neugier im Gesicht. »So, und nun erzählen Sie mal, was auf dem Boot geschehen ist!«
    Chris seufzte. »Alex ist ertrunken. Das Boot fuhr schnell. Die See war unruhig. Er ging über Bord. Ian, Eric und Duncan sprangen hinterher, um ihn herauszuholen. Sie schafften es nicht. Ehrlich, es war Riesenglück, dass wir sie überhaupt gefunden haben. Alex ist ertrunken.« Mit ausdrucksloser Stimme gab Chris den Gang der Ereignisse wieder. Es war die Wahrheit, wenn auch nicht die ganze.
    »Das tut mir echt Leid«, sagte Abby, deren Neugier vor Chris’ Ernst kapituliert hatte. »Manchmal vergisst man einfach, dass an solchen Unglücksfällen wirkliche Menschen beteiligt sind.«
    »Ja«, sagte Chris.
    »Hinterher hat es Gerüchte gegeben. Es sei gar kein Unfall gewesen.«
    »Kann ich mir denken.«
    »In der Personalabteilung hat es einen großen Wirbel gegeben. Wissen Sie, seit einigen Jahren erprobte man dort eine neue Methode zur Auswahl von Mitarbeitern. Erinnern Sie sich, dass Sie bei der Einstellung ein paar psychometrischen Tests unterzogen wurden?«
    »Ganz schwach.«
    »Nun, unter anderem hat man dabei Wert gelegt auf ungewöhnliche Konkurrenzorientiertheit, Aggression, sogar Skrupellosigkeit. Man meinte, Investmentbanker müssten Raubtiere sein, Könige des Dschungels – und ähnlicher Mist.«
    »Hört sich nach George Calhoun an«, sagte Chris.
    »Genau. Ich kann mir gut vorstellen, dass die ganze Sache seine Idee war. Nun, viele Leute, die auf diese Weise zu Bloomfield Weiss kamen, waren die üblichen bösartigen, aggressiven Investmentbanker. Doch ein oder zwei von ihnen waren richtige Borderline-Fälle, wie die Psychiater sagen, also fast Psychopathen.«
    »Und Bloomfield Weiss hat sie trotzdem eingestellt?«
    »Genau. Mit offenen Armen.

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