Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Prometheus Mosaik - Thriller

Das Prometheus Mosaik - Thriller

Titel: Das Prometheus Mosaik - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Stahl
Vom Netzwerk:
ausdrückten.
    Elektrisches Licht gab es natürlich, und dafür war Theo durchaus dankbar, als er die steilen Stufen hinunterging; der Aufzug war wieder einmal außer Betrieb. Manche behaupteten, hier unten funktioniere nur die allernotwendigste Technik. Theo war schon, nun, nicht zigmal, aber doch Dutzende Male hier unten gewesen, und es hatte ihm nie etwas ausgemacht. Heute jedoch verspürte er zum ersten Mal, was auch viele andere empfanden, wenn sie in die Gruft hinabstiegen, und worüber er bislang allenfalls gegrinst hatte: Theo schauderte.
    Was wiederum, rief er sich rasch und nicht gänzlich erfolgreich zur Vernunft, in erster Linie daran liegen mochte, dass er heute nicht in seiner Eigenschaft als Arzt hierherkam, sondern als Angehöriger. Seine Mutter war am Nachmittag obduziert worden, und nun ruhte sie in einem gekühlten Schubfach, bis sich der Bestatter ihrer Leiche annahm. Was erst morgen früh der Fall sein würde; es sei sehr viel zu tun gewesen, hatte man sich bei Theo dafür entschuldigt. Der Tod hatte demnach heute reiche Ernte gehalten. Was in Theos Augen zu diesem Tag passte, an dem er irgendwie mehr verloren hatte als nur seine Mutter. Ohne es in konkrete Worte fassen zu können, hatte er das Gefühl, dass heute seine ganze Welt aus den Fugen geraten war.
    Wiederum begleitet vom Widerhall seiner Schritte, ging Theo durch das Labyrinth der Gänge, über die restaurierten Bodenfliesen, vorbei an den größtenteils unverputzten Wänden aus Ziegel und Naturstein. Ein paar uralte Türen, deren Holz schwarz und sicher hart wie Eisen geworden war, führten irgendwohin. Schilder neueren Datums verbaten den Zutritt. Einige warnten vor Einsturzgefahr.
    Theo erwischte sich dabei, wie er Decke und Wände dieses Gangs nach verdächtigen Sprüngen absuchte. Er grinste knapp, schüttelte den Kopf über sich selbst und lenkte seine Gedanken wieder den wichtigeren, drängenderen Dingen zu, die ihn seit heute Morgen auf Trab hielten.
    Den Vormittag hatte er, nicht nur vor Erschöpfung, ohnmächtig schlafend verbracht, den Nachmittag mit den Vorbereitungen der Beisetzung seiner Mutter sowie auf dem Polizeirevier, wo er den Fall – das ungewollte Wortspiel versetzte ihm einen Stich in die Brust – so präzise, wie es aus seiner Sicht möglich war, geschildert hatte. Hinweise auf Fremdverschulden hatten weder die Obduktion noch die polizeiliche Untersuchung vor Ort ergeben. Blieben als Erklärungen für den Tod Katharinas also nur Unfall oder Selbstmord. Theo wollte an einen Unfall glauben. Anzunehmen, seine Mutter habe ihrem Leben freiwillig ein Ende bereitet, war ihm unerträglich. Auch, das gestand er sich sehr wohl ein, weil er damit Schuld auf sich laden müsste. Hätte er sich mehr um sie gekümmert, wäre er seiner Mutter ein besserer Sohn gewesen, dann hätte sie sich vielleicht nicht …
    Im Gehen drückte Theo fest die Lider aufeinander, als könnte er so die Augen vor der offenbaren Wahrheit verschließen.
    £5 muss ein Unfall gewesen sein.
    Nur konnte es keiner gewesen sein.
    Was hätte seine agoraphobische Mutter mitten in der Nacht auf dem Balkon eines Zimmers zu suchen gehabt, das sie seit Jahren und eben wegen ihrer Krankheit, die ihr panische Angst vor Weite einflößte, nicht mehr betreten hatte?
    Die Antwort war ganz einfach: nichts.
    Und damit schied ein Unfall als Grund für ihren Tod aus.
    Theo erreichte die Tür zum Vorraum der Kühlkammer und ertappte sich dabei, erleichtert aufzuatmen. Weil er jetzt, buchstäblich, ein Ziel, eine Aufgabe vor Augen hatte und sich nicht länger der Willkür seines Denkens ergeben musste, das tat, was es wollte, und in Richtungen ging, die ihm wehtaten auf eine Weise, wie er Schmerz noch nie erfahren hatte.
    Er öffnete die starke Metalltür, knipste auch im Raum dahinter das Licht an und trat ein. Doktor Meisner, die Pathologin, war nicht mehr da. Sie hatte Theo angeboten, auf ihn zu warten, er hatte allerdings dankend abgelehnt. Sie nahm gewiss an, er wolle allein von der Toten Abschied nehmen. Und das stimmte auch – zu einem Teil jedenfalls.
    Zum anderen Teil wollte er allein mit der Leiche seiner Mutter sein, um sich ihre Tätowierung anzusehen, die er zunächst für ein Hämatom gehalten hatte.
    Er hatte bis heute nichts von dieser Tätowierung gewusst, hatte demnach nie ihre nackte Schulter gesehen. Undenkbar eigentlich, aber wenn er die Gedanken zurückwandern ließ, konnte es tatsächlich stimmen. Seine Mutter hatte nie schulterfreie Kleider

Weitere Kostenlose Bücher