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Das Prometheus Mosaik - Thriller

Das Prometheus Mosaik - Thriller

Titel: Das Prometheus Mosaik - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Stahl
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zerstörten Stock. Theo fühlte sich wie elektrisiert. Und zugleich fand er sich gelähmt vor Schrecken, der sich zu Entsetzen steigerte. Sein Blick hing förmlich an den blutverschmierten Händen Strohmayers und Yashs, die ihn beiseite drängten und in fliegender Eile im offenen Torso seiner Mutter zu Werke gingen.
    Etwas an der Peripherie seines Sichtfelds ließ Theo den Kopf wenden. Eine Bewegung. Eine schattenhafte Bewegung. Theos Blick suchte nach etwas ganz Bestimmtem. Und ging ins Leere.
    Der Schatten, diese formlose Gestalt, war verschwunden. Der »Tod« war gegangen. Zurück ließ er nur ein monotones, nicht enden wollendes Pfeifen. Und trotzdem einkehrende Ruhe. Ruhe von jener tiefen Art, in die man wie in eine bodenlose Grube hineinzufallen glaubte und wie Theo sie schon vierunddreißig Mal erlebt hatte, am eigenen Leibe, nach verlorenem Kampf. Und wie er sie mit vierunddreißig, penibel exakt zwei Kästchen hohen Strichen in seinem kleinen Notizbuch, in seiner persönlichen, albernen Bilanz quittiert hatte …
    Irgendjemand schaltete die Geräte ab. Das durchdringende Pfeifen brach ab. Als sei es allein dieser Laut gewesen, der Theo auf den Beinen gehalten hatte, spürte er jetzt, wie ihm die Knie weich wurden. Er hörte jemanden schreien, ohne gleich zu merken, dass er selbst es war, der da schrie – so wenig, wie ihm bewusst war, dass die feuchte Wärme in seinem Gesicht von Tränen herrührte, die er zum ersten Mal im Leben vergoss.
    Professor Strohmayer deckte die Tote bis zum Schlüsselbein hinauf mit einem Laken zu, damit Theo nicht länger in die klaffende, blutige Öffnung des Rumpfes seiner Mutter schauen musste.
    Seine Beine gaben unter ihm nach, ein Gefühl, als versinke er rasend schnell im Boden. Der Operationstisch schien im Gegenzug in die Höhe zu wachsen. Theos Blick strich über die bloße Schulter seiner Mutter und entlarvte, was er zuvor und beim flüchtigen Hinsehen für eine bläulich verfärbte Prellung gehalten hatte, als das, worum es sich tatsächlich und zugleich unmöglicherweise handelte.
    Eine Tätowierung …?
    Seine Mutter und eine Tätowierung – das passte nicht zusammen, nicht in der Welt, in der sie gelebt hatten.
    Mit einem letzten Rest klaren Verstandes stellte Theo sich eine Frage.
    Was ist das für ein Zeichen …?
    Die bläuliche Zeichnung, die aus der blassen Haut seiner Mutter schier hervorstach, erinnerte am ehesten an eine Rune – eine Raute, die mit einer Spitze einen Strich berührte.
    Er wollte darüber nachdenken, was diese Figur symbolisieren könnte – ein Versuch, am bloßen Denken festzuhalten, sich daran festzuhalten, während alles um ihn herum und in ihm zu versinken drohte.
    Aber seine Kraft war aufgezehrt.
    Ein Gefühl, als stülpe sich ein schwarzer Sack über ihn.
    Dann war es nur noch finster und warm.
    Eigentlich nicht unangenehm …, dachte er im letzten Moment, da er noch denken konnte.
    Wie im Mutterschoß …
***
    W IEN , UNTER DER U NIVERSITÄT
    Draußen und droben war noch fast helllichter Tag gewesen. Hier unten musste immer Nacht herrschen, von den weit voneinander entfernt angebrachten, alten, trüben, vergitterten Lampen kaum erhellt. Jede zweite Kehre der sich in die Tiefe schraubenden Steintreppe blieb im Dunkeln verborgen.
    Mit dem Fuß tastete Fio nach der nächsten Stufe, setzte ihn darauf, und plötzlich schien die steinerne Umgebung sie sich einzuverleiben. Fio rührte sich nicht vom Fleck, bewegte nicht einmal den kleinen Finger.
    Sie war nicht allein. Sie spürte die Anwesenheit eines anderen nicht nur, sondern hörte ihn, wie er atmete, wie er sich bewegte, als bringe er die Dunkelheit unter ihr zum Rascheln.
    Sie wollte rufen, sich bemerkbar machen. Kein Laut kam ihr über die Lippen.
    Dem anderen schon.
    »Hallo?«, rief er.
    Der Ruf schien Fio die Wendeltreppe herauf entgegenzuwirbeln, von der Enge des Gemäuers hin und her geworfen.
    »Ja?« Ihre Stimme war die des kleinen Mädchens, das sie längst nicht mehr war und wie das sie sich jetzt wieder vorkam, so wie damals, als sie sich in dem Kellergewölbe unter dem Stift verirrt hatte, stundenlang. »Professor Döberin?«
    »Nein.«
    Nein?
    Zwei kalte Finger schienen sich links und rechts gegen ihren Hals zu legen und zuzudrücken.
    Wer sonst als Döberin, der sie herbestellt hatte, sollte sich hier unten aufhalten?
    Schritte, knirschend, lauter werdend, höher steigend. Ein formloser Schatten, der regelrecht auftauchte aus der Dunkelheit, die unter ihr gegen die

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