Das Prometheus Mosaik - Thriller
sein mochte, um sein Tun nachträglich zu rechtfertigen und abzusegnen. Bisher zumindest war ihm das gut gelungen …
Heute war die Situation eine andere. Sie zwang ihn, das nackte Leben über potenziellen Profit zu stellen. Das fiel ihm nicht schwer. Zumal ein Ende dieses Lebens in Armut immer noch in Aussicht stand. Er wusste, dass sie das Haus nicht bloß niederbrannten, damit er darin ums Leben kam. Viel mehr wollten sie im Feuer vernichtet wissen, was in seinem Besitz war.
Nur war er nicht so dumm, seinen Besitz hier aufzubewahren. Allerdings wünschte er sich, noch vorsichtiger, noch umsichtiger gewesen zu sein und eine Art Sicherung eingebaut zu haben für den Fall seines Todes, um sie über diesen hinaus abzustrafen dafür, dass sie ihn hintergangen hatten.
Müßig, darüber nachzudenken. Und unnötig obendrein. Er würde nicht sterben, nicht hier, nicht heute. Es gab mehr als einen Weg, der aus diesem Haus führte, nicht ins Freie zwar, aber in Sicherheit vor dem Feuer. Genau dahin war er nun unterwegs, allein zwar, nicht mit dem Jungen, aber sie hatten ja noch den anderen.
Dann muss der eben reichen …
Ein neuer Plan würde sich auftun. Mit neuen Plänen aufzuwarten war für Wolff noch nie ein Problem gewesen. Sonst wäre er nicht der Wolff geworden, sondern einer der Erben geblieben …
Die vordere Treppe war wegen des Feuers für ihn unpassierbar. Aber so, wie es mehr als einen Weg hinaus gab, gab es auch mehr als eine Treppe. Zwar brannte rings um ihn das Haus wie Zunder – und er wusste nur zu gut, wie sie das bewerkstelligt hatte -, dennoch fand er einen Pfad zwischen den Flammen hindurch.
Hätte er an pures Glück geglaubt, wäre er jetzt überzeugt gewesen, dass es ihm hold war. Aber an pures Glück glaubte er längst ebenso wenig wie an reinen Zufall. An ihre Stelle war das Gefühl von Bestimmung getreten, Schicksal, das nichts unwägbar ließ.
Sein Weg war ihm, im wahren Sinn des Wortes, vorgezeichnet, und er führte ihn zur hinteren Treppe, die praktischerweise gleich neben der Kellertür endete. Sie war steiler als die andere Stiege, weshalb er mit dem Jungen im Schlepptau vorn herum hatte gehen wollen.
Doch so ließ sich vielleicht sogar das Feuer, in niederträchtiger Absicht gelegt, dem Schicksal schulden, weil es ihn zwang, diesen direkten Weg zu nehmen.
Das glaubte Wolff bis zu dem Augenblick, da er den Fuß auf die erste der von Flammen umzüngelten Stufen setzte, das Gewicht darauf verlagerte, um mit dem anderen Fuß auf die nächste Stufe zu treten – und die ganze Konstruktion unter ihm wegbrach und das so entstandene Loch ihn in einem Aufstieben von Funken und Flammen verschlang, als hätte es ihn nie gegeben.
***
Ab hier war es nicht mehr so wie damals.
Das Déjà-vu-Erlebnis endete für Roxane Fortier, als Theo Lassings gefesselte Füße sie schmerzhaft und mit voller Wucht in den Magen trafen und zurückstießen bis zur Treppe, wo sie mit rudernden Armen um ihr Gleichgewicht rang – vergebens.
Roxane stürzte, rollte sich zusammen und schaffte es, auf halber Treppenhöhe Halt zu finden und sich erneut hochzuziehen.
Zwei Stufen hinauf musste sie nehmen, ehe sie über den oberen Treppenrand schauen und Lassing ausmachen konnte. Der streifte gerade die Fußfesseln ab, warf ihr einen Blick aus großen Augen zu, rappelte sich auf und lief tiefer ins Haus hinein.
Roxane musste an seine Flucht aus dem U-Bahnhof gestern denken und konnte ihm eine gewisse Todessehnsucht nicht absprechen.
Aber sie brauchte ihn lebend.
Die Treppe hoch, drei schwere Schritte – die verdammte Schutzmontur behinderte jede ihrer Bewegungen – in den Flur hinein. Ein ganzes Stück vor ihr verschwamm Lassings Gestalt hinter tanzenden Flammen und hitzeflirrender Luft. Und im nächsten Augenblick hinter Trümmern, die von der Decke prasselten, Funken aufwölken ließen. Dann folgte die Decke insgesamt.
Roxane schrie auf. Schutt und Deckentrümmer türmten sich zu einem Wall, über den sie unmöglich klettern konnte, nicht rechtzeitig jedenfalls, um noch eine Chance zu haben, Lassing zu erwischen, ihn zu retten. Wenn auch nicht in der Absicht, sein Leben zu retten.
Der Schrei, mit dem sie ihrer Wut und Enttäuschung und, ja, auch ihrer Verzweiflung Luft gemacht hatte, verkümmerte zu einem Grollen in ihrer Kehle. Nur verklang der Schrei in ihren Ohren nicht, er setzte sich fort, wurde aufgenommen, von jemandem, der …
Ein ungeheuer kraftvoller Stoß traf Roxane in den Rücken, trieb sie einen
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