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Das Prometheus Mosaik - Thriller

Das Prometheus Mosaik - Thriller

Titel: Das Prometheus Mosaik - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Stahl
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begreifen.
    Irgendwo im Dunkeln kratzte Mratscheks Skalpell über Stein. Seine Stimme lockte sie, seine Worte verhöhnten sie. Aber er verriet sich damit auch.
    Das war nicht mehr der Peter Mratschek, der ihr die Tür zum Vorlesungssaal aufgehalten hatte. Das war nicht einmal mehr der Peter Mratschek. Das war … ein anderer. Jemand, der lediglich aussah wie Mratschek. Ein böser, ins Gegenteil verkehrter Zwilling.
    Was hatte Döberin mit ihm angestellt? Wie war es ihm gelungen, einen Menschen derart umzukrempeln? Welche Mittel mussten Döberin zur Verfügung stehen – welche unbegreifliche Macht?
    Begreifen konnte Fio nur, dass sie sterben sollte, und sie begriff auch, warum sie sterben sollte -nach dem, was sie gesehen hatte. Es war nicht viel gewesen und doch alles. Sie verstand es nicht, wusste nicht einmal genau, was Döberin und Mratschek – beziehungsweise Mratschek unter Döberins Anleitung – da getan hatten. Das war auch nicht nötig. Es war schrecklich genug, ohne es wirklich zu verstehen.
    »Fiooo … Komm schon, Fiorenzaaa!«
    »Warum tust du das?« Fio hatte Mühe, ihre Tränen zurückzuhalten und das Zittern aus ihrer Stimme zu verbannen. Diese Blöße wollte sie sich nicht geben, nicht aus Stolz, nicht aus Mut, sondern aus Trotz.
    »Der Professor hat mich aufgenommen, mich eingeweiht in die alten Geheimnisse, Fio.«
    Es war, wie mit einem Unsichtbaren zu sprechen. Fio wagte es nicht, die Lampe einzuschalten. Sie tastete sich an der Wand entlang durch die Dunkelheit. Probierte jede Tür, an der sie vorbeikam. Keine ließ sich öffnen. Einige waren zugesperrt, andere hingen so schief in den Angeln, dass sie sich um keinen Deut bewegten.
    Die Gänge verzweigten sich, wie ihr schien, nach jedem zweiten oder dritten Schritt. Das war ihr Glück, weil Mratschek es schwer haben würde, ihr wahlloses Abbiegen nach links oder rechts nachzuverfolgen.
    Aber vielleicht hatte er ja auch Glück. Zumal Fio das ihre dermaßen strapaziert hatte, dass es einfach enden musste.
    Ein eisiger Luftzug traf sie, als blase Mratschek ihr seinen Atem in den Nacken. Doch es war nur ein Hauch, der irgendwo hingesogen wurde, der vielleicht immer schon seine Kreise zog hier unten und es auch dann noch tun würde, wenn es sie schon lange nicht mehr gab.
    Wenn er dich erwischt hat …
    »Was hat er mit dir gemacht?«, führte Fio das gespenstische Gespräch fort. Trotz aller Angst, aller Todesangst, die wie ein Pflock aus Eis in ihrer Brust steckte, war ihre Neugier noch nicht versiegt. Sie wollte begreifen, bevor sie starb. Sie hatte ihr Leben lang begreifen, wissen wollen, und daran schien sich bis zu ihrem Ende nichts zu ändern.
    »Er hat mir eine neue Welt eröffnet«, geisterte Mratscheks verklausulierte Antwort durch die finsteren Gänge.
    »Er hat dir Drogen gegeben!«
    Anders konnte es nicht sein, anders ließ sich Mratscheks Wandel nicht erklären. Weiter war damit jedoch nichts erklärt.
    Oder …?
    Döberin hatte sich Mratschek gefügig gemacht. Damit er tat, was sein Professor wollte. Was dieser selber nicht tun konnte.
    Wegen seiner Hand …
    Das ergab Sinn. Ein wenig jedenfalls, ganz vage nur.
    Aber eine Droge, die so stark und so spezifisch wirksam war, dass ein anderer Mensch einem aufs Wort gehorchte, wie ein gut abgerichteter Hund – konnte es die wirklich geben? Vielleicht im Zusammenspiel mit hypnotischer oder ähnlicher Beeinflussung?
    Fio hatte sich in ihrem Leben auf viele Fragen Antworten verschafft. Sie hatte gelernt, dass Etliches, was unmöglich schien, in Wirklichkeit nicht unmöglich war, dass es auf Gottes weiter Welt nichts gab, was es nicht gab. Warum also nicht auch solch ein Mittel? Es brauchte bloß jemanden, der es fand. Und vielleicht war Döberin derjenige gewesen, warum nicht er? Er schien die Art Mensch zu sein, die so etwas finden konnte.
    »Na und?«, erwiderte Mratschek. Klang seine Stimme nicht näher? »Wenn du wüsstest, wo ich herkomme, Fiorenza, würdest du mich nicht verurteilen, sondern beglückwünschen! Ohne Döberin würde ich nie so hoch hinauskommen und wäre nie imstande, so etwas Großes, Wichtiges zu leisten, verstehst du?«
    Nein, das verstand sie nicht. Was sie für sich behielt. Vielleicht wollte er nur, dass sie ihm mit ihrer Antwort verriet, wo sie war. Wahrscheinlicher war, dass ihre Antwort ihn gar nicht interessierte. Ohnedies fuhr er fort:
    »Döberin hat mein wahres Potenzial erkannt.«
    Das Potenzial eines Mörders?, fragte sich Fio. Vielleicht … Vielleicht

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