Das Prometheus Mosaik - Thriller
Katze …
***
Feuer!
Der Schrei gellte in Saras Kopf, aber er kam ihr nicht über die Lippen. Sie fühlte sich gelähmt, starr vor Entsetzen und insbesondere Angst. Nicht um sich, nein, um …
Theo …
Nicht nur um ihn, sondern auch – und mehr noch? – um Paul.
Dieses Haus – oder wer und was sich darin befand – war die einzige Spur gewesen, die zu Paul führen konnte. Und jetzt ging diese Spur in Flammen auf.
»Theo …«
Sie hatte sich nicht in Paul verliebt.
Warum dachte sie gerade jetzt daran, als müsse sie sich vor irgendwem rechtfertigen?
Paul war wie ihr … Schutzbefohlener.
Ja, das ist es …
Da war es wieder, dieses starke Gefühl, Paul Finn aus einem bestimmten Grund begegnet zu sein, einem Grund, der über den Entführungsfall, der sie zusammengeführt hatte, hinausging. Dieses Gefühl war in ihr wie etwas Lebendes, wie etwas, das Kontrolle über sie besaß, von einer Macht war, die größer war als alles, was sie je im Leben bewegt hatte.
Und es war, der furchtbaren Situation zum Trotz, ein gutes Gefühl. Weil es das Gefühl war, etwas gefunden zu haben, das sogenannte Wichtigste im Leben vielleicht, etwas, das den meisten Menschen wohl verwehrt blieb.
Der sengende Hauch der Flammen traf sie, wie um sie daran zu erinnern, dass es auch noch da war – und dass sie, verdammt noch mal, etwas unternehmen musste.
Sara fingerte ihr Handy aus der Tasche. Die Feuerwehr musste her.
Welche Nummer hat in Österreich der Notruf?
Ihre Finger schlossen sich so fest um das Mobiltelefon, dass das Gehäuse vernehmlich knackte; vielleicht war es aber auch nur das Haus, das von den Flammen gefressen wurde.
Dann schoss jähe Hoffnung in Sara auf.
Die Feuerwehr war da!
Ein Feuerwehrmann auf jeden Fall …
Doch die Hoffnung fiel ebenso rasch in sich zusammen, wie sie aufloderte.
Sie erkannte diesen »Feuerwehrmann« – und das noch bevor sie »sein« Gesicht sah. Sie erkannte »ihn« an der Art, sich zu bewegen; diese Geschmeidigkeit, diese natürliche Unauffälligkeit, wie das Huschen eines Schattens, hatte sich Sara tags zuvor eingeprägt.
Dann sah Roxane Fortier zu ihr herüber. Ihre Reaktion – keine nämlich – war Sara ein Zeichen dafür, dass Fortier sie nicht erst jetzt entdeckt hatte. Sie schaute zu ihr, wie um sich zu vergewissern, dass sie noch dort und ihr nicht zu nahe gekommen war.
Die Entfernung zwischen ihnen betrug etliche Meter, fünfzehn vielleicht oder auch zwanzig. Aber in diesem einen Augenblick war es, als stünden sie einander unmittelbar gegenüber, als könnten sie sich direkt ins Gesicht schauen, in die Augen der anderen. Und darin sah Sara dasselbe wie Fortier in den ihren: Hass. Aus unterschiedlichen Motiven, natürlich, dennoch war es der gleiche Hass, dasselbe Maß, von derselben Stärke. Etwas daran ließ Sara sich mit Fortier verbunden fühlen. Ein Gefühl, das zweierlei in ihr auslöste – Ekel zum einen und zum anderen eine Art von Kraft, die ihr willkommen war, mit der sie sich Fortier gewachsen, ihr ebenbürtig fühlte, die sie bereit dazu machte, es mit ihr aufzunehmen.
Ganz kurz lag diese Möglichkeit und nichts anderes in der Luft.
Dann veränderte sich etwas in Fortiers Haltung, das Sara nicht einmal benennen konnte; sie nahm es einfach nur wahr.
Und Fortier, in ihrem klobigen Feuerschutzanzug, drehte sich um, lief los, stülpte sich unterdessen die Brandschutzmaske mit integriertem Atemfilter über und war im nächsten Augenblick hinter dem Flammenvorhang, der die Haustür ersetzt hatte, verschwunden.
Sara stand da, ihre Hände ballten sich zu Fäusten, das Gehäuse ihres Handys knackte jetzt unzweifelhaft, als das Plastik sprang.
Alles in ihr schrie danach, das Vernünftige zu tun, das einzig Mögliche.
Aber die Vernunft war Sara spätestens gestern flöten gegangen.
Und so tat sie das Unmögliche.
***
Die Katze sah Theo aus ihren vier Augen interessiert dabei zu, wie er versuchte, sich von seinen Handfesseln zu befreien.
Das ist keine Katze …
Er hatte Fortschritte gemacht, zu seinem Erstaunen. In der Hitze ließ sich das Klebeband, mit dem ihm die Hände auf den Rücken gebunden waren, ein wenig dehnen, immer mehr, je heißer es wurde. Inzwischen war er verrückt und verzweifelt genug, seine Hände immer wieder in eine offene, aus dem Boden leckende Flamme zu halten.
Das ist ein … ein Ding!
Er presste die Lippen zusammen. Lenkte sich von den Schmerzen in seinen Händen mit der unsinnigen Übung ab, diese Schmerzen nicht nach außen
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