Das Prometheus Mosaik - Thriller
konnte Döberin ja in andere Menschen hineinschauen. Was mag er dann in mir gesehen haben? Sie wollte es gar nicht wissen -nicht, nachdem sich nun zeigte, was Döberin offenbar in Mratschek gefunden, was sich hinter seinem harmlosen, netten Äußeren verborgen hatte: grenzenloser und grenzenlos ausnutzbarer Ehrgeiz; fruchtbarer Boden, der Döberins Saat förmlich aufgesaugt hatte und etwas daraus wuchern ließ, das einem normalen Menschen wie Wahnsinn vorkommen musste – das tatsächlich jedoch etwas ganz anderes war, etwas viel Komplexeres und für jemanden, der nicht davon befallen war, vollkommen Unerklärliches.
Die Mentalität eines Gotteskriegers, die andernfalls vielleicht nie zum Vorschein gekommen wäre …
Wieder dieses Kratzen im Dunkeln. Ganz hell, schrill. Fios Nackenhaare stellten sich auf. Es klang eindeutig näher.
Und hörte sie nicht auch jemanden atmen? Und Schritte?
Ja …
Sie blieb stehen, drehte sich um. Hinter der Ecke dort glitt Lichtschein über die Wände, kam auf sie zu.
Fio bog in einen weiteren Gang ein, in dem sie sich einmal mehr ducken musste, blieb dicht an der Wand, ertastete jede weitere Nische. Wenn sie nur eine Tür fände, die sich öffnen ließe. Sie hoffte gar nicht darauf, dass es dahinter weiterginge. Sie wollte sich in einem Raum hinter einer Tür verstecken und Mratschek vorbeigehen lassen, und dann …
Darüber würde sie dann nachdenken.
Der Lichtschein blieb verschwunden, immerhin. Und Mratschek schwieg. Das erleichterte Fio fast noch mehr.
Ein neuer Gang, wieder Türen. Eine Klinke, die sich bewegen ließ. Die Tür nicht. Weitersuchen. Nach einem Licht am Ende des Tunnels, das nicht Mratscheks war.
***
W IEN , KURZ VOR M ITTERNACHT
Fortier versuchte, sie mit den Füßen zu treffen und über sich hinwegzukatapultieren. Aber die schwere Schutzkleidung machte die Frau langsam, ihre Bewegungen plump. Es gelang Sara fast mühelos, ihre Füße beiseite zu stoßen und sich auf sie zu stürzen. Mit ihrem ganzen Gewicht nagelte sie Fortier am Boden fest, auf ihr Ziel fixiert.
Saras Hände kamen hoch, ihre Finger bewegten sich auf Fortiers Kopf zu, auf ihr Gesicht, auf die Schutzmaske.
Diese Maske wollte Sara haben. Um sie einerseits selbst zu benutzen, andererseits auch einfach nur, um sie der anderen wegzunehmen, damit sie in dem immer dichter werdenden Rauch keinen Atemzug mehr tun oder zumindest nicht an eine Verfolgung Theos denken könnte und auch ihr, Sara, nichts mehr entgegenzusetzen hätte.
Fortier mochte Mühe haben, sich zu bewegen. Aber sie durchschaute offenbar, was Sara vorhatte. Und sie versuchte, es zu vereiteln.
Etwas Dunkles schwang von der Seite her auf Saras Kopf zu. Es gelang ihr, ihn so wegzudrehen, dass die Wucht des Schlages ihr nichts anhaben konnte. Doch Fortiers Absicht mochte von Anfang an eine andere gewesen sein. Überraschend brachte sie die andere Hand hoch, griff mit dieser nach Saras Kopf, nach ihrem Gesicht, so wie Sara es ihrerseits mit Fortier tat. Und dann spürte Sara auch schon den mörderischen Druck, mit dem Fortier ihr die behandschuhten Daumen auf die Augäpfel presste, um sie ihr einzudrücken, sie zu zerquetschen.
Sara nahm den Kopf zurück. Der Druck ließ etwas nach, war aber immer noch brutal. Da sich mit der Bewegung nach hinten auch ihr Gewicht ein wenig von Fortier löste, nutzte diese die Gelegenheit und warf Sara mit einer Drehung von sich.
Sie kam auf dem Rücken zu liegen, verlängerte die Bewegung, drehte sich noch einmal um die eigene Achse, spürte den Boden unter sich, der inzwischen heiß wie eine glühende Herdplatte schien, brachte Distanz zwischen sich und Fortier, die diese weder mit einem Schlag noch einem Tritt auf die Schnelle überbrücken konnte.
Diese geringe Anstrengung genügte, um Sara nach Luft ringen zu lassen. Ihr war es mittlerweile kaum noch möglich zu atmen. Sie brauchte diese verdammte Maske!
Ich hätte draußen bleiben sollen …
Und dann? Sie konnte sich fast selbst sehen, wie sie dort draußen stand, auf der Straße vor dem brennenden Haus, wie sich Schaulustige um sie sammelten, die nichts weiter tun konnten, als zu gaffen; wie die Feuerwehr kam, den Flammen zu Leibe rückte, während sie nur hoffen und beten konnte, dass Theo einen Weg aus dem Feuer gefunden hatte.
Das hätte sie nicht ausgehalten. Sie wäre verrückt geworden darüber, so zur Tatenlosigkeit verdammt zu sein.
Fortier hielt auf sie zu; leicht geduckt, die Arme angewinkelt, wirkte sie in ihrer klobigen
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