Das Prometheus Mosaik - Thriller
Montur wie ein Sumo-Ringer.
Sara ließ sie kommen. Tat ihr Möglichstes, um Angst vorzugaukeln, als hätte sie sich übernommen, sich überschätzt und als bereue sie nun ihren Entschluss, ins Haus einzudringen und sich mit Fortier anzulegen.
Es schien ihr ganz gut zu gelingen. Denn Fortiers Haltung veränderte sich ein bisschen, wirkte um eine Spur weniger angespannt.
Das war der Moment, auf den Sara gehofft hatte.
Ihr Spin-Kick war schulmäßig. Mehr als das. Einen derart perfekten Tritt aus der Drehung heraus hatte sie weder in den Übungsstunden noch auf einem Wettkampf je geschafft.
Der immer akuter werdende Sauerstoffmangel, der sie husten ließ, und die Drehung machten sie schwindlig. Trotzdem genoss sie das Hochgefühl des Triumphes, und hätte ihr zum Atmen mehr zur Verfügung gestanden als Hitze und Qualm, vielleicht hätte sie dann sogar gejubelt.
Sie schaute praktisch zu, wie ihr Fuß auf Fortiers Kopf zuraste. Fortier war schnell, auch in ihrer sperrigen Kluft, und unter anderen Umständen wäre sie auch schnell genug gewesen, den Tritt abzublocken. Unter diesen war sie es nicht.
Der Treffer ließ sie zur Seite fliegen. Einen Augenblick lang sah es aus, als hinge sie wie an unsichtbaren Fäden in der Luft. Dann schlug sie schwer auf den Boden. Einmal mehr stoben Funken auf. Nur blieb es diesmal nicht dabei.
Sara hörte über den Lärm hinweg, den das Feuer veranstaltete, wie Holz knackte und gleich darauf brach. Kurz schien es, als versinke Fortier im Boden wie in einem Sumpf, ganz langsam …
Dann ging es ganz schnell.
Der Boden unter Fortier tat sich förmlich auf.
Wie von unten noch zusätzlich gezogen, stürzte sie.
Sara glaubte, hinter der Maske den erschrockenen Ausdruck ihres Gesichts erkennen zu können; vielleicht spielte ihr die Vorstellungskraft aber auch nur vor, wie Fortiers Gesicht in dieser Sekunde aussehen musste. Oder es war Saras eigenes, das sich auf der Sichtscheibe der Maske spiegelte.
Sara warf sich nach vorn, auf die Knie, an den Rand des Loches im Boden. Ihre Arme schossen vor, ihre Hände griffen zu.
Wollte sie Fortier wirklich helfen, ihren Sturz verhindern?
Eine Antwort auf diese Frage erübrigte sich. Weil sie sich einen Lidschlag später schon nicht mehr stellte.
Fortier verschwand vor Saras Augen. Und sie hörte ihren gellenden Schrei, weil die Maske Fortiers Stimme nicht mehr dämpfte.
Sara hielt die Maske in den Händen; es war die Maske gewesen, die sie zu packen bekommen hatte, und vielleicht war es auch bloß die Maske gewesen, die sie hatte »retten« wollen.
Egal …
Sie streifte die Schutzmaske, die eigentlich mehr eine Haube war, über den Kopf, presste sie sich ans Gesicht, wagte es, Luft zu holen. Der Atemfilter erfüllte seinen Zweck. Endlich hatte sie nicht länger das Gefühl – und es war mehr als ein Gefühl, es war Tatsache gewesen -, nichts weiter als Feuer und Rauch einzuatmen.
Jetzt sah Sara sich vor einer ganz ähnlichen Wahl wie eben noch draußen vor dem Haus; es konnte kaum länger als drei Minuten her sein, nicht genug, um alles passieren zu lassen, was passiert war, und trotzdem war das alles in dieser furchtbar kurzen und quälend lang scheinenden Zeitspanne geschehen.
Sie musste an Paul denken, und auch an Theo, und der Gedanke tat ihr weh, schnürte ihr die Kehle zu, anders und irgendwie noch schlimmer als die mörderische Hitze, die ihr den Atem nahm.
Mit aller Kraft lenkte sie ihr Denken um, in praktischere, in lebenswichtige Bahnen.
In das brennende Haus zu laufen war verrückt gewesen – noch länger darin zu bleiben purer Wahnsinn. Das wäre reiner Selbstmord, und damit wäre niemandem gedient.
Sara traf die einzig richtige Wahl.
Sie wählte ihr Leben.
Und das brachte sie beinahe um.
13. April
U NTER W IEN , KURZ NACH M ITTERNACHT
Eine Wolke aus Funken und Rauch stieg hinter Theo auf.
Schwer schlug er zu Boden, prellte sich die Schulter. Mit den angesengten Händen und Armen schützte er sein Gesicht vor der aufstiebenden Glut und der unsäglichen Hitze, die ihn wie ein Wind aus der Hölle anwehte.
Überraschend schnell kehrten relative Stille und Ruhe ein. Die Trümmer der Treppenkonstruktion blieben liegen, wo sie aufgekommen waren, nichts rutschte, nichts verursachte einen Laut.
Theos Blick tastete über den brennenden Schuttberg, der sich dort türmte, wo er eben noch gehockt hatte – und unter dem Beethoven nun lag. Erst glaubte Theo, der Mann sei ganz darunter begraben. Bis er die Hand sah, die aus
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