Das Prometheus Mosaik - Thriller
hatte draußen sozusagen Schmiere gestanden, als er in dieses Haus hineingegangen war.
Hatte sie versucht, ihm zu folgen, als das Feuer ausgebrochen war? Zuzutrauen war es ihr.
Und dann …?
Ihm wurde speiübel. Die Gedanken an Sara taten ihm weh im Kopf, wie Nadeln, die sich von innen durch seine Schädeldecke bohren wollten.
Er schloss kurz die Augen. Versuchte, alles auszublenden. Versuchte, einfach nur zu laufen, irgendwohin. Nur weiter und weg.
Wenn es ihm gelänge, sich am Geheul der Sirenen zu orientieren, wenn er dorthin laufen könnte, wo es lauter zu werden schien …
Es ging nicht, rund um ihn war es zu laut, der Einsturz des Hauses über ihm schien ewig zu dauern, in Zeitlupe stattzufinden.
Er wusste kaum mehr, wo er war. Aber es musste doch irgendwohin gehen, noch einen Weg nach draußen geben!
Das kann doch noch nicht alles gewesen sein …
Warum nicht …?
Er mochte oft – fünfundsiebzig Mal! – Herr über Leben und Tod gewesen sein. Das garantierte ihm allerdings nicht das Recht, über sein eigenes Schicksal zu entscheiden, es lag nicht einmal in seinen Händen. Darin hatte immer nur das Leben anderer gelegen. Wenn er jetzt sterben sollte, dann würde er eben sterben. Daran konnte er nichts ändern.
Theo wünschte sich, dass diese Einsicht es etwas leichter machen, dass Ruhe über ihn kommen würde.
Der Wunsch wurde ihm nicht erfüllt.
Es blieb ihm nicht mehr als die Hoffnung – auf ein schnelles Ende oder eine Rettung in letzter Sekunde.
Diese Hoffnung wurde ihm erfüllt.
***
U NTER W IEN , ZUR GLEICHEN Z EIT
Das Licht am Ende des Tunnels kam. Grollend schien es aus dem Bauch der Finsternis aufzusteigen. Die Welt um Fio herum begann zu beben, ganz sachte am Anfang, dann so heftig, dass die Vibrationen sich durch ihre Hände, mit denen sie sich an den rauen Wänden entlangtastete, und durch ihre Füße auf ihren ganzen Körper übertrugen und sie wie vor Kälte zittern ließen.
Ein Bahnhof …?
Inzwischen mochte sie sich kilometerweit von dem Einstieg in der Uni entfernt haben. Dieses Netz aus Kavernen, Gängen und Durchschlupfen musste sich wohl nicht unter ganz Wien, aber doch unter einem großen Teil der Stadt spannen. Gut möglich also, dass sie mittlerweile in die Nähe eines Bahnhofs oder einer U-Bahn-Station geraten war, wo ein- und ausfahrende Züge das Gemäuer bis hin zur Erschütterung belasteten.
Ebenso gut konnte sie jedoch im Kreis gelaufen sein und sich nach wie vor unter der alten Universität befinden …
Wie auch immer, ein Licht war Hoffnung, und dieses Licht war große Hoffnung. Und sie wuchs mit jedem Sekundenbruchteil, in dem es an Größe und Kraft zunahm und näher rückte.
Es blieb auch nicht das einzige Licht um Fio herum.
Hinter ihr leuchtete ein zweites auf, kreisrund, und es kam näher wie das weiß glühende Auge eines Zyklopen.
Und Mratschek schrie wie ein solcher.
Das Schicksal schien Fio in dieser einen Sekunde entsetzlich grausam. In der Sekunde, da sie ihre Rettung in greifbarer Nähe geglaubt hatte, schlug das Verderben von hinten zu.
Mratschek war schneller. Schon konnte Fio das Stampfen seiner Schritte über das Rumpeln des Gemäuers hören.
Aufgeben kam trotzdem nicht in Frage. Sie rannte, im Dunkeln, musste jederzeit damit rechnen, zu stolpern oder Stufen hinabzustürzen, vielleicht auch in eine Kluft, die den Boden vor ihr unsichtbar spaltete.
Sie hatte Glück. Bis in den allerletzten Moment hinein.
Fio erreichte das Licht, es war jetzt ganz dicht vor ihr, es war dunkel, wirkte fast wie vergilbt, trotzdem, es war Licht. Und in dieses Licht konnte sie nun mit der Hand hineingreifen.
Mehr nicht.
Fios Weg endete vor einer Mauer, in der ein Loch klaffte, gerade groß genug, um den Arm hindurchzustecken.
Von hinten kam Mratschek, sein Atem schien ihm vorauszueilen, erreichte sie vor ihm; vielleicht war es aber auch nur ein neuer Eishauch, den die Tiefe der Eingeweide Wiens heraufschnaufte.
Mratscheks Skalpell kratzte noch einmal über Stein, bewusst oder unabsichtlich, in jedem Fall in der Bewegung, mit der er ausholte, um die Faust auf Fio niedersausen zu lassen und ihr die Klinge dort in den Körper zu treiben, wo er sie eben traf im tanzenden Licht und in dem schwachen Schein, der hinter ihr durch das Mauerloch sickerte. Es war egal, er würde es nicht bei diesem einen Stich belassen, er würde weiter auf sie einstechen, bis es aus war, bis sie niemandem mehr verraten konnte, was sie gesehen hatte.
»Peter, nicht!«, schrie
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