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Das Prometheus Mosaik - Thriller

Das Prometheus Mosaik - Thriller

Titel: Das Prometheus Mosaik - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Stahl
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dazwischenschob?
    Theo atmete konzentriert, angestrengt ruhig. Das furchtbare Gefühl, an schierer Dunkelheit zu ersticken, verging. Fast.
    »Ich habe etwas gesehen, das nicht für meine Augen bestimmt war«, sagte das Mädchen vor ihm. Sie wurde etwas langsamer, dann liefen sie eine Treppe hinab. Nicht die erste auf ihrem Weg durch diesen Irrgarten aus Stein gewordener, ewiger Nacht. Inzwischen mussten sie so weit unter der Erde sein, dass der bloße Gedanke an die reine Tiefe und das zig Tonnen schwere Gewicht, das über ihnen lastete und beinahe spürbar auf sie herabdrückte, leicht einen klaustrophobischen Anfall heraufbeschwören könnte.
    Theo konzentrierte sich eilends wieder auf den Weg, darauf, einfach einen Fuß vor den anderen zu setzen und nicht hinzufallen.
    Und nirgends runter – noch tiefer, wer weiß wohin …
    Etwas an den Worten des Mädchens verursachte ihm ein Kribbeln.
    »Was haben Sie gesehen?«, wollte er wissen.
    Sie lachte bitter. Das Echo schien davonzufliegen, es war unwägbar hier unten, wo die ineinander verschachtelten Räume mal endlos groß und dann wieder winzig klein wirkten. Nicht alles davon diente einem Zweck, viele der Winkel und Bögen hatte man wohl den Zwängen der Statik folgend so anlegen müssen. Was freilich schon wieder eine Frage aufwarf: Wer hatte dieses Labyrinth gebaut, und warum?
    »Wenn ich das bloß wüsste. Aber …«
    »Aber was?«
    Er meinte, ihr Kopfschütteln selbst in der Finsternis sehen zu können. »Nein, ich muss mich geirrt haben.«
    »Geirrt?«
    Wieder dieser lachende Laut, der kein Lachen war.
    »Ich dachte, ich hätte Sie gesehen«, sagte sie. »Aber das kann ja nicht sein …« Unsichtbares Schulterzucken und doch wahrzunehmen, als versetze es die Dunkelheit in Bewegung.
    Theo beschlich eine Ahnung. Und dieses Gefühl, endlich vielleicht einmal mehr zu wissen als jemand anders, der ihm im Zuge dieses Irrsinns begegnete, erfüllte ihn mit einer Art von Triumph.
    Etwas drang an sein Ohr und veranlasste ihn, stehen zu bleiben.
    »Warten Sie.«
    Sie gehorchte.
    »Hören Sie das auch?«, fragte er.
    »Da rauscht Wasser.«
    »Stimmt. Das muss die Kanalisation sein. Und aus den Kanälen …«
    »… gibt es Ausstiege nach oben«, fiel sie ihm mit demselben Gedanken ins Wort.
    »Kommen Sie.«
    Sie spürten dem Wasserrauschen nach, das durchs Gemäuer grollte. Das war schwerer, als Theo es sich vorgestellt hatte. Die Akustik dieses Labyrinths narrte das Ohr in einer Tour. Ein ums andere Mal gab es keinen Gang, keinen Durchlass dorthin, wo sie hinzumüssen glaubten. Sie suchten Umwege durch Gänge, die in allen möglichen Winkeln voneinander abzweigten, bloß nicht im rechten; ein Umstand, der Theo so schwindlig machte, dass ihm fast schlecht wurde. Ganz abgesehen davon, dass er ohnehin nicht in bester Verfassung war nach allem, was hinter ihm lag: der Schlag auf den Kopf, das Feuer …
    Immer wieder blieben sie stehen, blickten sich um, lauschten. Das Mädchen zitterte. Ganz sicher nicht nur, weil es hier unten so verflucht kalt war. Ihr Schaudern drückte sich auch in ihrem Blick aus – so mussten die dunklen Augen eines Rehs aussehen, das von Treibern und Jägern gehetzt und in die Enge getrieben wurde.
    »Kommen Sie.« Theo fasste sie kurz am Arm, und die Berührung schien eine fast erlösende Wirkung auf sie zu haben.
    Wieder mussten sie unter einer niedrigen Decke den Kopf einziehen, dann fast auf allen vieren kriechen, sich so tief bücken, dass Theo schon umkehren wollte, weil er das Gefühl von Enge kaum mehr ertragen konnte, als das Mädchen vor ihm – Fio, wie er inzwischen wusste – sich endlich wieder aufrichtete.
    Immerhin, keine der Treppen, auf die sie stießen, führte weiter hinab, alle gingen nach oben. Langsam, aber stetig entrannen sie der Tiefe.
    Schließlich fanden sie sich unvermittelt in dem wieder, was die Kanalisation unter Wien sein musste, oder wenigstens ein alter und großer Teil davon. Eine Landschaft aus eckigen Seen, die sich ineinander ergossen, unterirdische Bäche und Flüsse mit schmalen Ufern aus Stein, Gänge, die feucht und glitschig waren wie Wald- und Feldwege nach einem Regen, tatsächlich jedoch von Dingen, die Theo sich lieber nicht vorstellen wollte. Der Gestank war jedenfalls ekelhaft.
    Aber es gab Licht, hier und da brannte wenigstens eine Lampe, und der Schein, den sie verbreitete, reichte weit genug, um an den Lichtkegel der nächsten zu grenzen.
    Fio löschte ihre Taschenlampe und zeigte auf eine

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