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Das Prometheus Projekt

Das Prometheus Projekt

Titel: Das Prometheus Projekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker C Dützer
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Adrians Arme erlahmten. Das rauschende Wasser brach sich an den Felsen, donnerte die Stromschnellen hinab und übertöntejedes andere Geräusch. Die Welt schrumpfte zusammen, bis sie nur noch aus einem verquollenem Stück Holz und Eves Augen bestand.
    Adrian verhakte seinen Fuß in einer Lücke zwischen den Steinen am Grund des Flusses. Es war sein einziger Widerhalt gegen die Strömung, die wie ein Terrier an ihm zog und zerrte. Eves Finger waren nur noch wenige Zentimeter von seiner Hand entfernt, als er spürte, wie der Stein unter ihm ins Rutschen geriet.
    „Gib mir deine Hand!“, schrie er. Im Donnern des Wassers klang es wie ein Flüstern. Eve schüttelte voller Angst den Kopf.
    „Deine Hand!“, schrie er erneut. Seine Kehle war wund und rau wie Sandpapier. Er löste seine rechte Hand von der Bohle und streckte den Arm aus. „Gib mir deine Hand! Schnell!“
    Die Bohle begann seinen Fingern zu entgleiten. Endlich wagte Eve es, ihm ihre Hand entgegenzustrecken. Adrian beugte sich weit vor und grub seinen Fuß in den Kies des Flussbettes. Ihre Finger waren nur Millimeter voneinander entfernt, aber noch immer bekam er ihre Hand nicht zu fassen.
    Flussaufwärts ertönte ein dumpfes Krachen. Adrian schaute erschrocken auf und suchte das gegenüberliegende Ufer ab. Wilsons Männer konnte er nirgendwo entdecken. Dann sah er die Ursache des Geräusches: Was er zunächst für einen Schuss gehalten hatte, war ein riesiger Baumstamm, den die Strömung genau auf sie zu trieb. Er prallte krachend gegen einen Felsen dicht unter der Wasseroberfläche und schoss in die Höhe wie der Bug eines Drachenbootes im hohen Seegang.
    Adrian streckte sich, bis es in seiner Schulter gefährlichknackte. Endlich bekam er Eves Finger zu fassen. Er ließ das Brett los und zog sie zu sich heran, bis er sie in die Arme schließen konnte. Der Baumstamm schoss wie ein Leviathan vorbei, traf die abtreibende Bohle in der Mitte und brach sie entzwei wie ein Streichholz, bevor er donnernd die Stromschnellen hinabrauschte.
    Eve zitterte vor Kälte, ihre Lippen schimmerten blau.
    „Wir müssen aus dem Wasser!“, brüllte Adrian über den tobenden Gischt. Er nahm ihre Hand und suchte am Grund nach sicherem Halt. Dann tasteten sie sich an den Felsbrocken entlang zum Ufer.
    Als sie aus dem Fluss heraus stiegen, fiel sie der kalte Wind wie ein Raubtier an. Er wehte frisch aus Nordwest und klatschte die nassen Sachen an ihre unterkühlten Leiber.
    Adrian zog Eve vom Ufer weg und kletterte atemlos den Hang hinauf. Nach wenigen Minuten erreichten sie einen schmalen Wildpfad, der unterhalb des Bergkammes verlief. Adrian schätzte die Entfernung zum See auf etwa einen Kilometer. Seine zerschnittene Schulter pochte wie ein zweiter Herzschlag, und die Wunde an seiner Hüfte hatte wieder zu bluten begonnen. Noch mehr Sorgen machte er sich um Eve. Sie besaß kaum noch die Kraft, ihm zu folgen. Mehr als einmal stolperte sie und wäre den Hang hinabgestürzt, wenn Adrian sie nicht aufgefangen hätte.
    „Wir sind nicht mehr weit vom See entfernt“, sagte er. „Nur noch ein paar Minuten.“ Sie nickte stumm, zu schwach für eine Antwort.
    Er verschwieg ihr, dass er noch keine Ahnung hatte, wie sie auf die andere Seite gelangen sollten. Sie besaßen kein Fahrzeug, und zu Fuß um den See herum würden sie zwei weitereStunden brauchen, um das Blockhaus zu erreichen.
    Der Nadelwald begann sich zu lichten. Adrian trat westlich des Campingplatzes aus dem Wald. Zu dieser Jahreszeit war die Liegewiese menschenleer, das kleine Restaurant geschlossen, die Terrasse bereits aufgeräumt und winterfest gemacht. Am anderen Ende der Wiese brannte hier und da Licht in einem Wohnwagen der Dauercamper, die auch im Herbst noch ein paar Tage am See verbrachten.
    Adrian beobachtete das Ufer entlang des Sees. Er konnte nirgendwo eine Spur von Wilsons Männern entdecken. Eve lehnte sich erschöpft gegen einen Baum und rutschte an dem Stamm nach unten, bis sie zitternd auf der Erde saß.
    „Steh auf, Eve!“ Er nahm ihre Hand und zog sie sanft, aber bestimmt in die Höhe. Sie durfte jetzt nicht liegen bleiben. Adrian dachte zurück an eine Zeit, die aus einem anderen Leben stammte. Die Erfahrungen aus seiner Militärzeit sagten ihm eindringlich, dass er Eve nicht mehr dazu bewegen konnte, weiterzulaufen, wenn er ihr jetzt eine Pause gewährte. Sie sah aus, als könne sie jeden Augenblick endgültig zusammenbrechen; ihr Gesicht war grau, die Augen blutunterlaufen.
    „Kann … nicht

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