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Das Puppenzimmer - Roman

Das Puppenzimmer - Roman

Titel: Das Puppenzimmer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Ilisch
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Regency, höchstwahrscheinlich, identifizierte. Links und rechts gab es Anbauten, von denen ich nicht sagen konnte, ob sie so alt waren wie der Rest. Es war eine Sache, klassizistische Giebel zu erkennen, aber der Almanach ersetzte keine höhere Schulbildung. Ich konnte nicht sehen, wie viele Kamine Hollyhock hatte – wenn wir früher spazieren gehen durften, hatten wir Mädchen immer das Kaminspiel gespielt: Gewonnen hatte diejenige, die das Gebäude mit den meisten Kaminen fand. Aber ich stand zu nah am Haus, um irgendetwas vom Dach sehen zu können, geschweige denn von den Kaminen, und so blieb mir nur die Hoffnung, dass es irgendeine Form von Heizung gab, am besten auch in meinem Zimmer. Man durfte ja noch träumen, irgendwie.
    In jedem Fall konnte ich sagen, dass das Haus alt war, alt genug, um den Zahn der Zeit mehr als einmal zu spüren bekommen zu haben. Vielleicht war es etwas schäbig, wenn man das über so ein stolzes Herrenhaus sagen durfte, aber es war wenigstens nicht düster. Das Mauerwerk war von einem hellen Grau, das gut zu den Stockrosen passte. Man konnte es nicht wirklich freundlich nennen – das war für Grau auch schwer möglich –, aber es hatte so etwas Leichtes. Wenn man an St. Margaret’s gewöhnt war, an Backstein, der mit den Jahren von all dem Ruß in der Luft fast schwarz geworden war, fühlte es sich an wie schneeweißer Marmor. Es war schön hier, alles passte zusammen, die Blumen vor dem Haus waren etwas verwildert, das Haus ein wenig heruntergekommen. Tief in mir breitete sich Wärme aus – ich fühlte mich wohl, an einem Punkt tief in mir, der nicht ans Wohlfühlen gewöhnt war.
    Einen kurzen Moment lang empfand ich Bedauern darüber, dass uns die Kutsche so nah vor dem Eingang ausgespuckt hatte, so dass ich nicht hatte sehen können, wie Hollyhock aus der Ferne wirkte; ich hätte gern gesehen, wie es zwischen den Bäumen im Park auftauchte, aber niemand durfte erwarten, dass Milady die ganze Auffahrt hinauflief. Nur die Vortreppe, die konnte ihr niemand ersparen. Und ich sollte von nun an hier wohnen, das gab mir genug Gelegenheit, um irgendwann einmal den Park und den Garten hinter dem Haus zu erkunden. Das hieß, wenn mich Mr. Molyneux und seine Schwester nicht versklaven und im Keller festketten würden, was natürlich immer noch nicht ausgeschlossen war. Aber wo er düster war und sie dämmerrosig, verriet mir das Haus sofort, dass es ihr gehorchte und nicht ihm. Es gab Häuser, die keine Männer mochten, und ich hatte Hollyhock im Verdacht, von dieser Sorte zu sein. Was für ein Glück – ein Mann war ich nicht!
    »Komm mit«, sagte Milady noch einmal, und ich begriff, dass ich wie angewurzelt vor der Kutsche stand und an dem grauen Gebäude hochstarrte, als hätte ich noch nie ein Haus gesehen. Sie stieg die Treppe hinauf, ihre üppigen Röcke mit einer Hand gerafft, und ich folgte ihr etwas zögerlich. Ob ich auch in Zukunft diesen Eingang nehmen durfte oder mich irgendwo seitlich zur Dienstbotentür hineinschleichen musste? Es würde sich zeigen, aber in diesem Moment erinnerte es mich nur wieder daran, dass ich keine Ahnung hatte, was Hollyhock für mich bereithielt. Meine Zukunft war mir nie unklarer gewesen als in diesem Augenblick auf der Treppe – zwischen Haus und Kutsche, Hoffen und Bangen: Jetzt konnte alles passieren.
    Als ich zwischen den Säulen hindurchtrat, wusste ich, es gab kein Zurück mehr. Zugegeben, das hätte es auch vorher nicht, aber die Türflügel hatten etwas Bedrohliches an sich, als ich mich ihnen näherte: Als wollten sie gleich hinter mir zuschlagen und mich nicht mehr hinauslassen. Natürlich, diese Sorge war absurd, und auch meine Vorstellung von dem einen lahmen und blinden Diener zerschlug sich, als ich das Personal in der Halle versammelt sah, um die Herrschaften zu empfangen. Ein Butler und zwei Diener, eine resolute Frau, sicher die Haushälterin, die etwas an Miss Mountford erinnerte, und drei Hausmädchen. Diese drei, fand ich, hatten auszureichen. Ich hielt es für unwahrscheinlich, dass ich auch so ein Häubchen würde tragen müssen. Überhaupt, man brauchte nicht drei Waisenhäuser oder mehr abzuklappern, wenn Dienstmädchen auf jedem Baum wuchsen, selbst hier draußen auf dem Land.
    Ich stand etwas verloren im Schatten der Lady, während der Butler ihr den Hut abnahm und ihr aus einem Jäckchen half, das ich in meiner Ignoranz – zu entschuldigen nur durch das schlechte Licht und die Tatsache, dass ich in meinem Leben zu

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