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Das Puppenzimmer - Roman

Das Puppenzimmer - Roman

Titel: Das Puppenzimmer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Ilisch
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nachgedacht. Du hast das gerade miterleben müssen, und was immer ich gegen die beiden Molyneux’ habe, dem Mädchen hier hätte ich auch keinen solchen Tod gewünscht. Sie war ja selbst noch ein halbes Kind. Ich hätte gar nicht damit anfangen dürfen. Verzeihst du mir?«
    Ich nickte, auch wenn das nicht stimmte. Für mich hatte Alan gerade sein wahres Gesicht gezeigt, das eines Mannes, dem jedes Mittel recht war, um seine Ziele zu erreichen. In seinem Hass auf die Feen war er nicht einen Deut besser als die Feen selbst – ich jedenfalls wollte auf keiner der beiden Seiten stehen, wenn es nur darum ging, einander zu hassen, zu verachten und Schmerzen zuzufügen. Ich hatte gerade den Tod gesehen, und an diesem Tag wollte ich ans Sterben nicht einmal mehr denken müssen, geschweige denn ans Morden.
    Es war Alans Glück, dass ich kein weiteres Wort darüber verlieren wollte. Aber vergessen würde ich es nicht, und eine Sache wusste ich jetzt: dass ich die verfluchte Puppe nicht nur vor Rufus und Violet verbergen musste, sondern auch vor Alan. Noch war ich die Einzige in Hollyhock, die helle von dunklen Seelen unterscheiden konnte und wusste, welche Puppen welche waren. Und unter 200 anderen würden die beiden bösen gut versteckt sein – wenn ich es einmal wagen konnte, sie wieder aus dem Sofa zu holen …
    Ich hasste es, dass ich gezwungen war, mir solche Gedanken zu machen, und in diesem Moment hasste ich auch Alan. Es sollte um Blanche gehen, und nur um Blanche, die vor dem Sofa am Boden lag, halb auf der Seite und halb auf dem Bauch, wie eine Puppe, die vom Schrank gefallen war. Sie sollte nicht dort liegen bleiben. Es war an der Zeit, dass ich Rufus Bescheid gab. Und bei dem Gedanken war mir jetzt schon angst und bange.
    »Warte«, sagte Alan, als ich zur Tür gehen wollte. »Wenn du sie hier so liegen lässt, schaffst du dir nur Probleme. Pass auf. Ich sage dir, was du zu tun hast.«
    »Was soll ich machen?«, fragte ich. Wenn er wollte, dass ich Blanche zurück auf das Sofa setzte – es grauste mir davor, sie noch einmal anfassen zu müssen. Ihre Hand zu halten war schon schlimm genug gewesen, aber irgendwo in ihr saß vielleicht immer noch die schwarze Seele und wartete darauf, dass die nächste Fee kam … Aber ich konnte sie nicht mehr sehen. Ich sah die Seelen nur in ihren Kokons und in dem einen Moment, wenn sie frei waren. In menschlichen Körpern waren sie auch für mich verborgen.
    Doch ehe es ein weiteres Unglück gab, weil jemand Blanches Leiche berührte, versuchte ich, die Seele zu erfühlen. Sie konnte sich vielleicht vor meinen Augen verbergen, nicht jedoch vor meinen Fingern – das Gefühl des Schmerzes, der vom Herzen aus durch den ganzen Körper zog, wenn ich sie oder ihre Hüllen berührte, würde sie verraten. Mit zusammengebissenen Zähnen legte ich eine Hand auf Blanches Brust. Aber ich spürte nichts. Sie war tot, tot und leer. Wäre die schwarze Seele noch in ihr gewesen, ich war mir sicher, ich hätte das gemerkt. Ein klein wenig war ich erleichtert.
    »Lass sie so liegen«, sagte Alan, der nicht wusste, was ich da tat. »Es soll nicht so aussehen, als ob jemand sich an ihr zu schaffen gemacht hat. Wo sind die anderen Puppen, die du versteckt hast?«
    Ich zögerte einen Moment lang. Wenn ich sie jetzt unter dem Sofakissen hervorholte und anderswo versteckte, konnte Alan sehen, wie sie aussahen, aber das war mir in diesem Moment egal. Ich musste Rufus und Violet schützen, nicht irgendwann vor Alan, sondern jetzt vor den Seelen, das war wichtiger. Ich holte die Puppen hervor, und um wirklich ganz sicherzugehen, setzte ich sie auf die Vitrine zurück, wo ich wusste, dass die Feen sie nicht anrühren würden. Dafür konnten die anderen Puppen, die ich zur Ablenkung auf die Vitrine gesetzt hatte, auf ihre Plätze zurück. Nach dem, was geschehen war, dachte ich anders darüber, die verbitterten Seelen zu töten. Vielleicht war es das Beste, was man mit ihnen tun konnte, bevor sie noch jemanden umbrachten.
    »Gut«, sagte Alan. »Ich halte mich da raus, du weißt am besten, wie du sie setzen und stellen musst, damit es echt aussieht. Lass die andere Puppe auf dem Sofa, die, mit der sie zuerst gespielt hat. Kann man sehen, dass eine von deinen besonderen Puppen fehlt? Wir lassen es so aussehen, als hätte sie dir den Schlüssel gestohlen, wäre hier ins Zimmer gekommen und hätte sich dann ausgerechnet über diejenigen Puppen hergemacht, die sie am wenigsten haben durfte. Neugier ist der

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