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Das Puppenzimmer - Roman

Das Puppenzimmer - Roman

Titel: Das Puppenzimmer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Ilisch
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Puppe weinen würde, aber jetzt stiegen Trauer und Zorn in mir hoch, und nur Lucys Anwesenheit verhinderte, dass ich in Tränen ausbrach.
    »Das ist schlimm, nicht?«, fragte die Scheuermagd. »Sie war bestimmt einmal wunderschön. Wer macht so was?« Zärtlich zupfte sie der Puppe eine Haarsträhne frei, die sich im Riss verfangen hatte, und das machte es nur noch schlimmer. Ich konnte Lucy nicht sagen, dass ich diese Puppe nach ihr benannt hatte. Und auch nicht, dass es Violet gewesen sein musste, die sie zerstört hatte. Alles nur wegen eines Namens! So nickte ich und tat, als wisse ich von nichts.
    »Die … die kann schon lange da gelegen haben«, sagte ich und konnte mir dabei nicht vorstellen, dass Lucy sich tief durch einen alten Müllhaufen gewühlt haben sollte. Falls sie mir nicht glaubte, war sie zu höflich, sich das anmerken zu lassen. »Vielleicht hat sie der alten Miss Lavender gehört, als die noch ein Mädchen war.« Ich hatte Lucy lieb, aber ein wenig einfach oder zumindest ungebildet war sie schon; sie würde sich mit Puppen nicht mehr auskennen als mit allem anderen, und noch nicht einmal ich wusste, wie alt die Puppen in Wirklichkeit waren. »Wollen wir sie nicht doch mit ins Haus nehmen?«
    Lucy schüttelte den Kopf. »Ich würde ja, aber ich darf nicht. Wenn Mrs. Arden erfährt, dass ich irgendwelchen Müll ins Haus schleppe, dann setzt es was – oder sie werden sagen, ich hätte die Puppe gestohlen. Ich teil mir doch das Zimmer mit Evelyn, und wenn die das sieht, sie tät mich glatt verpetzen, und dann bekomme ich Ärger.«
    »Ich meine, wenn ich sie mit ins Haus nehme, nicht du.« Janet war kaputt, aber ich wollte nicht, dass eine von meinen Puppen hier draußen lag und vergammelte. Jetzt, wo der Körper entzwei war, sah man richtig, was ich schon vermutet hatte: nämlich dass der Körper nicht aus Porzellan war, sondern aus einer Art schweren Pappmachés, dicker und massiger, als Porzellan gewesen wäre, aber dafür robuster. Janet hatte das nicht gerettet. Sie sah aus, als hätte der Blitz in sie eingeschlagen. Ich erinnerte mich noch, wie freundlich sie sich angefühlt hatte, wie warm und lebendig, wie sie umarmt und gedrückt werden wollte – von allen meinen Puppen war sie die Letzte, der ich dieses Schicksal gewünscht hätte …
    Und dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Kokons. Ich konnte nicht mehr so tun, als wären die Puppen einfach nur Puppen, mit denen ein Kind spielen sollte. Ich hatte die Kokons gesehen, und ich hatte das gesehen, was in ihnen steckte. Jetzt sah ich nur noch die zerstörte Hülle von dem, was einmal meine Janet gewesen war, aber ich wusste es besser, als ernsthaft zu glauben, dass Violet dahintersteckte. Das war kein Werk von Menschenhand. Wer eine Puppe zerstören wollte, würde vielleicht ihren Kopf zerschmettern oder ihr die Arme und Beine herausreißen, aber das hier, das war von innen gekommen. Und der Grund, warum sich von allen Puppen ausgerechnet diese so warm und lebendig angefühlt hatte, war ganz einfach: Sie stand ganz kurz davor zu schlüpfen. Und in der Zwischenzeit war genau das geschehen.
    Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich über das Wissen, was die Puppen in Wirklichkeit waren, einmal freuen würde, doch nun war ich erleichtert. Ich musste nicht mehr um meine Janet weinen, sie war an einem besseren Ort, dort, wo sie hingewollt hatte … Ich wusste nicht, wie es aussah, wenn eine Puppe schlüpfte, oder was dabei herauskam, aber wenn es so ähnlich ablief wie bei einem Schmetterling, dann war doch alles gut …
    »Weißt du was?«, sagte ich zu Lucy. »Lass sie uns begraben. Dann musst du keine Angst haben, dass sie jemand findet, und sie liegt nicht mehr so mitleiderregend und tot herum. Wie findest du das?«
    Lucy starrte mich an wie jemanden, der nicht ganz bei Trost war. »Ich habe keine Schaufel«, sagte sie. »Und das … Ich hätte Angst, wenn ich sie begrabe, dass sie da wieder rausgekrochen kommt, kannst du dir das vorstellen?«
    Ich schluckte bei dem Gedanken und dachte, dass ich meine Träume nicht wirklich mit Lucys tauschen wollte. Das Mädchen hatte wohl als Kind von der Großmutter oder den Schwestern zu viele Schauergeschichten gehört. »Entscheide du«, sagte ich. »Du hast sie gefunden, und was mich betrifft, gehört sie dir. Ich kann versuchen, sie für dich zu reparieren, wenn du willst.« Genau. Reparieren. Hatte ich begraben gesagt? Ich war wohl nicht ganz bei Verstand gewesen.
    »Ich tu sie erst mal wieder

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